social media = power to the people?

 

Twitter, Facebook, Blogosphäre – dies sind die Stichworte, mit denen heutzutage Politik gemacht wird. Die Ereignisse vom ersten Mai bewiesen wieder einmal eindrucksvoll den Einfluss von Social Media in Österreich. Oder doch nicht?

In den USA sind Medien wie die Huffington Post, welche vom Observer zum einflussreichsten Blog der Welt gewählt wurde, Twitter, Facebook oder gar einzelne Blogs dazu in der Lage, einen Sturm zu entfachen. Ein Musterbeispiel dafür war die Vorwahlkampagne des jetzigen Präsidenten Barack Obama. Mit Hilfe verschiedenster Web2.0 Portal und MyBarackObama.com gelang es ihm, genug Wähler zu mobilisieren, um Hillary Clinton auszustechen.

Die österreichische Web 2.0 Gemeinde reagiert ebenfalls schnell. Die Polizeigewalt vom ersten Mai in Linz wurde sofort vielfältigst aufgearbeitet, die Videos und Fotos der Demonstration verbreiteten sich noch am selben Tag wie ein Lauffeuer. Auch das daraufhin gegründete Bündnis gegen Polizeigewalt, welches für den achten Mai eine Demonstration gegen Polizeigewalt ankündigt, formierte sich zu einem großen Teil über Mails und Blogeinträge.

Doch so schön diese Euphorie auch sein mag – leider hat die hiesige Web 2.0 Gemeinde keinerlei realpolitische Relevanz. Aussagen wie „die Politiker müssen sich dem Web 2.0 öffnen“ überschätzen die österreichische Internetgemeinde in ihrer Bedeutung gnadenlos. Einerseits ist sie einfach zu klein, als dass es für Parteien Sinn machen würde, sich ernsthaft mir ihr zu beschäftigen oder sie als Zielgruppe bzw. Medium anzuerkennen. Andererseits ist sie in einem Kreis der Selbstreferenz gefangen, da sich Konsumenten und Produzenten meist aufs Haar gleichen. Und solange der Großteil der Österreicher seine Meinung aus der Krone bezieht (oder durch seine Meinung die Existenz der Krone rechtfertigt) wird sich an der Relevanz des Web 2.0 für die österreichische Politik auch nichts ändern.

Außerdem ist der kleine an Politik interessierte Anteil dieser Gruppe durch eine Auseinandersetzung mit der österreichischen Politiklandschaft, welche über das verinnerlichen von vorhandenen Meinungen hinausgeht, meist schon an eine gewisse Partei „vergeben“. Da solche, in ihrer Meinung gefestigten Wähler, sich kaum vom in Österreich vorherrschenden oberflächlichen Wahlkampf umstimmen lassen, betreiben die Parteien auch nur wenig Aufwand, diese kleine Gruppierung zu erreichen.

Ein exzellentes Beispiel für die Geschlossenheit der österreichischen Blogosphäre ist die Aufarbeitung der Polizeigewalt vom ersten Mai. Obwohl anfangs noch vorbildlich an Vielfältigkeit und Inhalt, steckte sie schon nach kurzer Zeit in einem sich ewig selbstreplizierendem Zirkelbezug fest. Und wäre nicht zufällig der ehemalige Vizerektor der Linzer Kunstuniversität verhaftet worden, wäre den Vorkommnissen außerhalb des österreichischen Internets vermutlich kaum Beachtung entgegengebracht worden.

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