Eine Mischung aus 3D-Puzzle und IKEA Bausatz

 

Ein besonderes Highlight der diesjährigen Klangwolke waren die etwa 470 Polyethylen-Tiere (von 40 verschiedenen Tierarten), die am Abend der dreißigsten Klangwolke die Linzer Innenstadt unsicher machten. Bereits seit Mai bastelten fleißige Freiwillige an der Umsetzung der von Roger Titley entworfenen Wesen. Bettina Kager, nebenbei auch Autorin beim Blog des Brucknerfest 09, hat sich kurz vor der Klangwolke noch schnell in den Dschungel der Tierwerkstätte gewagt:

Wo das Polyethylen zum Leben erwachte
Bereitwillig nahm sich Airan Berg beinahe eine Stunde Zeit um uns durch die gesamte Schaffensfläche im vierten Stock des Brückenkopfgebäudes Ost zu führen. Gleich beim Aufzug der Arbeitsstätte begrüßte uns ein Hund – das mit Ausnahme einiger menschlicher Zweibeiner vermutlich einzig wirkliche lebende Säugetier in der Arbeitsstätte.

Zu Beginn des Rundgangs machten wir Bekanntschaft mit zwei Vogelstrauß-Gerippen. Mit einem knappen „Hallo“ rauschte kurz darauf Tony, ihr Schöpfer, auf seinem „Arbeitsscooter“ an uns vorbei. Genauso wie einige andere StudentIinnen der Linzer Kunstuniversität war Tony speziell für vier Tierarten verantwortlich – also für deren Feinschliff und für die Betreuung der die Polyethylen-Gerippe steuerenden Freiwilligen. Das Wissen dafür erwarb er sich während eines Workshops in Südafrika bei Meister Titley höchstpersönlich.

Neben dem Lift, rechts:
Nach diesem unerwarteten Begrüßungskomitee bogen wir gleich mal rechts zum Materiallager ab, in dem sich der Kunststoff stapelte. Die Pläne für die einzelnen Tiere hingen über dem dazugehörenden Regal – alles in allem wirkte die Sache auf uns wie eine Mischung aus 3D-Puzzle und IKEA Bausatz. In die richtige Form gebracht wurde das weiche und elastische Rohmaterial mithilfe von Wasserschneidern; nach dem Schneiden mussten die einzelnen Teile nur noch aus der Platte gelöst werden und in die richtige Position geklebt werden.

In den Räumen links vom Lift, hinter der Werkstatt für benötigte Kleinteile wie etwa Gelenkscharniere oder Wirbelsäulenrohre, arbeitete ein etwa zehnjähriger Junge an „seinem“ Mistkäfer. Gegenüber ein etwas spartanisch aber nett eingerichteter Pausenraum mit kleiner Küche, der von einigen der mitverantwortlichen KunststudentInnen belagert wurde – manche etwas mikroscheu aber aller sehr hilfsbereit. Immer wieder fiel mir die beinahe familiäre Stimmung auf, die sich durch das gesamte Stockwerk zog. Zwischen den hierarchischen Ebenen herrschte augenscheinlich Harmonie.

Noch einmal rechts um die Ecke:
Besonders stolz präsentierte uns Airan Berg noch den T-Rex und die vier Meter hohen Giraffen. Als Belohnung durften die freiwilligen Bastler ihr Tier nach dem kulturellen Spektakel mit nach Hause nehmen. Wie sich die Erbauer – denn bei so großen Tieren waren es mehrere – den Dino nach der Klangwolke aufteilen wollten, war zwar nicht geklärt, aber darum ging es ja vorerst noch nicht. „Hauptsache die Viecher stehen mal!“ dachte ich. Oder besser: hängen –  an den dutzenden Hacken, die als Sicherungen in die Decke gezogen wurden.

Kurz  vor der Klangwolke ging ich auf eigene Faust noch einmal in das Geburtsgebäude der Tiere. Die Tatsache, dass mich Roger Titley wieder erkannte, stimmte mich schon freudig. Das Materiallager war mittlerweile leergefegt, stattdessen tümmelten sich Enten darin, die bereits auf ihren großen Auftritt warteten. Die anderen weißen Wesen standen brav in den einzelnen hinteren Räumen und reihten sich mittlerweile bis zum dritten Stock. Alles machte einen relativ gelassenen und ziemlich fertig gestellten Eindruck. Die Familie hatte sich unterdessen um eine handvoll ChoreografInnen erweitert – ebenfalls junge StudentInnen, die Roger Titley und Airan Berg unterstützen und mit den Menschen im Tierkostüm Bewegungsproben durchführten. Wieder waren alle freundlich und fröhlich –  nicht schlecht so kurz vor dem großen Auftritt…

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