Es brennt, liebe ÖH Linz!

 

„Wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut“ war eine der Demo-Parolen am bundesweiten Bildungsaktionstag und bei der Demonstration in Linz am 5. November 2009. Und das ist auch gut so: Nur wenn Studierende lautstark auf ihre Anliegen aufmerksam machen, werden sie auch gehört.

Das stärkste Symbol des Protests in Linz ist die Besetzung des Hörsaals 1 der Johannes-Kepler-Universität, des Raiffeisen-Hörsaals. Die BesetzerInnen sind bunt gemixt, erstaunlich ist aber, dass viele Studierende beteiligt sind, die sich erstmals politisch engagieren – einfach darum, weil es reicht mit dem Bildungsabbau, der Entdemokratisierung und der völligen Auslieferung von Lehre und Forschung an den Unis an die Konzerne (Scharinger!).

Doch diese Besetzung des Hörsaals ist nicht unumstritten. Die AktivistInnen im Hörsaal werden von der ÖSU-geführten ÖH nicht unterstützt. Die Studierendenfraktionen VSStÖ und GRAS haben sich zwar solidarisiert, sind aber wenig aktiv an der Besetzung beteiligt – ein Faktum, dass ich mit Überraschung bei meinen Besuchen im besetzten Hörsaal feststellen musste. Die AG hat sich überhaupt gegen den Protest ausgesprochen, die laut DÖW rechtsextreme Burschenschaft Arminia Czernowitz warf Flugblätter gegen die Proteste in die Demo und hat versucht die Besetzung im Hörsaal zu sprengen, was dank vieler AktivistInnen verhindert werden konnte.

Erstmal nach Jahren stehen Studierende endlich wieder auf, um selbst für ihre Rechte zu kämpfen – und die, die sich seit Jahren auf die Fahnen heften, das zu tun, sind ablehnend und zaghaft, ja lassen sich von der neuen Kronenzeitung, der „Studieren statt Blockieren“ Facebook-Gruppe, treiben – anstatt zu erkennen, dass jetzt in dieser österreichweiten Protestbewegung erstmal die Chance besteht, langjährige Forderungen kritischer Studierender wie die Abschaffung aller Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen bis hin zur Re-Demokratisierung der Universitäten, auch umzusetzen.

Mir macht diese Passivität der ÖH Sorgen, Sorgen über die eigentliche Protestbewegung hinaus. Im europaweiten Vergleich gibt es in Österreich mit der ÖH eine strukturell gut verankerte studentische Interessensvertretung. Wenn diese und die in ihr vertretenen Studierendenfraktionen das sozialpartnerschaftliche Ausmauscheln hinter verschlossenen Türen anstatt den basisdemokratisch organisierten Protests von Studierenden bevorzugen, wird die ÖH zum Skriptenkopier-, Service- und Verwaltungsverein werden. Das es anders geht, zeigt die ÖH-Bundesvertretung, die voll hinter den BesetzerInnen steht. Die ÖH braucht mehr Politik, denn nur mit Serviceangeboten, Karrieretagen und dem wöchentlichen Mensa-Speiseplan im ÖH-Courier wird sich die triste Situation der Unis, die soziale Ungerechtigkeit und die damit vertanen Lebenschancen junger Menschen nichts ändern.

Ein erster positiver Schritt war die Beteiligung vieler ÖH-AktivistInnen an der Demonstration am Donnerstag. Weiter so! Den BesetzungsgegnerInnen wünsche ich ein bisschen mehr Blick über den Tellerrand und in die Zukunft. Den BesetzerInnen wünsche ich viel Kraft und einen langen Atem – denn den wird es brauchen, damit sich im Bildungssystem, vom Kindergarten bis zur Unis, etwas verändert. Besonders in Linz.

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Foto: Daniel Friesenecker