„Es fehlt an Wertschätzung!“

 

Linz09 ist fast vorbei. Die Verantwortlichen verfallen ob der BesucherInnenzahlen in Jubelstimmung und es wird begonnen, über die Zeit danach nachzudenken. subtext.at hat bei den Kulturhauptstadt-KritikerInnen und Linz09-Aussitzen-InitiatorInnen der KAPU nachgefragt, was sie vom vergangenen Jahr halten und was von Linz09 bleiben wird.

subtext.at: Linz09 ist beinahe vollständig ausgesessen. Euer Resumée nach einem ganzen Jahr Kulturhauptstadt?
Maria: Also, unser „Aussitzen“ war äußerst erfolgreich. Bis auf ein, zwei Ausnahmen, wo die Leute verpennt haben, sind wir jeden Tag gemeinsam gesessen. Ansatz des Projektes war, dass man sich in diesem Raum, der als Freiraum angelegt ist, verwirklichen kann. Das können Projekte sein, die von Linz09 abgelehnt wurden und nun eben hier herinnen verwirklicht wurden, neue Ideen, die gefunden lwerden und mit Freunden und Freundinnen realisiert werden. Man konnte aber auch einfach nichts tun und Energien sammeln.
Sidney: Genau darum ging es. Man konnte neue Projekte entwickeln oder die Zeit einfach „aussitzen“.

subtext.at: Gab es auch vom offiziellen Linz09 Resonanzen auf euer Projekt?
Maria:
Nein, da war gar nichts. Ganz am Anfang des Jahres gab es mal ein Standardmail mit einer Einladung zum Kaffeeplausch, aber das wars dann auch schon.
Sibylle: Die kam aber vom Heller persönlich.subtext.at: Wie sieht es vom BesucherInnenzuspruch aus? Gab es auch Linz09-BesucherInnen beim „Aussitzen“?
Maria:

Ja, die gab es schon immer wieder mal.
Sidney:
Stimmt. Es gab schon Leute und auch Touristen, die vorbeigekommen sind und nachgefragt haben, worum es beim „Aussitzen“ geht. Manche haben aber auch nur den Plattenladen im Contrust gesucht (Bis vor einiger Zeit gab es im Contrust an der Donaulände noch einen Plattenladen, Anm.).subtext.at: Wie haben die BesucherInnen auf das Aussitzen reagiert, nachdem ihr ihnen die Gesichte des „Aussitzens“ erzählt habt?
Sidney:
Die meisten habens cool gefunden, einige wollten sich dann auch gleich anmelden.
Maria:
Ich kann mich noch an ein Pärchen aus Liverpool erinnern, die ganz begeistert von dem Projekt waren. Dort gab es auch keine so kritische Bewegung zum Kulturhauptstadtjahr, das war in Linz schon ziemlich gut.
Sibylle:
Es gab eine Stadtrundfahrt, die „RebellInnentour“, die das Aussitzen auch als fixe Station einbauen wollten. Zumindest haben sie es dann im Rahmen der Rundfahrt erwähnt.

subtext.at: Im Rahmen von Linz09 wird immer wieder das Thema „Nachhaltigkeit“ kritisiert. Was ist aus der Sicht von KritikerInnen die Nachhaltigkeit von Linz09?
Maria: Für mich sind es hauptsächlich die Gebäude, die entstanden sind. Die sind nachhaltig. Offiziell bleibt die Hörstadt, das Theaterfestival im Sommer. Die Erhaltungskosten der Gebäude verschlingen aber auch eine Summe, auch wenn beim AEC damit geworben wird, dass die LED-Fassade sehr energiesparend und damit kostengünstig wäre. Also für mich ist das ganz klar eine negative Nachhaltigkeit. Die anderen Gebäude verursachen ja auch zusätzlich einen immensen Kostenaufwand.

subtext.at: Und was bleibt für die KAPU nach Linz09?
Sibylle:
Das wollte ich eigentlich gerade zum Punkt „Nachhaltigkeit“ sagen. Unter „Nachhaltigkeit“ verstehe ich, dass es Strukturförderungen für bestehende Vereine und Kulturschaffende in viel höherem Ausmaß hätte geben müssen.
Maria:
Und natürlich auch in eine bestehende Szene, die am Zahnfleisch daher kriecht.

subtext.at: Vor zwei Wochen sagte 09-Intendant Martin Heller im Rahmen der Krone-Diskussion, dass sich die freie Szene nicht genügend „auf die Hinterbeine“ stelle. Was würdet ihr dem entgegnen?
Maria: Das hat er ja eh immer gesagt, dass ihm die freie Szene zu wenig „rotzig“ ist. Ich frage mich aber, was er damit sagen will? Wir sind unseren Weg gegangen und haben das „Aussitzen“ durchgezogen.
Sidney:
Wir haben durch Linz09 nichts am Stil der KAPU verändert und das selbe Konzept wie vorher weiterverfolgt.
Maria:
Ich glaube, dass gerade die KAPU sehr wohl „rotzig“ ist und sich auch, gerade im politischen Bereich, auch auf die Hinterbeine stellt. Da ist gerade im Rahmen des Bündnisses gegen Polizeigewalt innerhalb kürzester Zeit sehr viel passiert. Und wenn wir im Rahmen von Förderungen gestrichen werden sollten, dann gibt es mit Sicherheit einen Aufstand.

subtext.at: Von Seiten der Intendanz gibt es immer wieder den Vorwurf, dass die freie Szene die Gespräche verweigert hat. Woher stammt eigentlich diese Aussage?
Maria:
Ich weiß es nicht. Der Großteil der freien Szene hat sich im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres sehr wohl eingebracht.
Sibylle:
Also ich hab da gerade an Projekteinreichungen gedacht, die entweder abgelehnt oder wo Ideen gestohlen wurden. Da stand die KAPU auch in Vertragsverhandlungen mit Linz09. Dabei wurde auch gesagt, zu welchem Zeitpunkt eine Reaktion kommen soll. Die kam aber nie und ich hatte schon den Eindruck, dass die uns voll verarschen. Das hat sich dann ewig hingezogen.
Maria:
„Der Vertrag kommt in einer Woche“ ist dann auch schon zum Insiderschmäh geworden.
Sibylle:
Das ist dann schon in eine Zeit hineingefallen, wo man, wenn man Veranstaltungen gemacht hätte, schon längst mit der Organisation beginnen hätte müssen. Wenn du aber keine Sicherheit hast, kannst du nichts planen. Wir haben dann abgestimmt und die Mehrheit war gegen eine weitere Zusammenarbeit.
Maria: Kommunikation hat es sehr wohl gegeben. Wenn man aber keine Rückmeldung bekommt, ist eine gewisse Kommunikationsverweigerung auch verständlich.


subtext.at: Siegbert Janko (Kulturdirektor der Stadt Linz, Anm.) sagte im Rahmen einer Krone-Diskussion, er hätte im Falle von Förderkürzungen einfach „Erich Watzls Büro besetzt“. Eine Vorgangsweise, der ihr so zustimmen würdet?
Maria und Sibylle:
Sicher, warum nicht. Das würde auf jeden Fall in Frage kommen, gerade wenn Herr Janko sogar schon einen kleinen Aufruf dazu startet.

 

subtext.at: Ist diese Aussage nicht auch ein Beweis dafür, dass die freie Szene in ein bestimmtes politisches Eck gestellt wird?
Maria:
Also in die Hausbesetzerszene? Ich seh das nicht so. Vielleicht hat er auch einfach dieses Beispiel genommen, da die Unibesetzungen gerade aktuell sind. Wenn den freien Initiativen durch die Bank Fördermittel gekürzt werden, ist Protest ja selbstverständlich. Eine Bürobesetzung ist da eigentlich eine ganz lustige Idee.

 

subtext.at: Wenn die freie Szene das Budget und die Möglichkeiten von Linz09 gehabt hätte, wie wäre dann das vergangene Jahr gelaufen?
Sibylle:
Es wäre ganz toll gewesen.
Maria:
Klar, mit einem Blankoscheck in der Tasche.

 

subtext.at: Was hättet ihr dann für das Thema „Nachhaltigkeit“ getan?
Sibylle:
Ich hätte die KAPU mal anständig renoviert und nicht so schleißig wie jetzt, dass erst wieder alles kaputt ist.
Maria:
Auf alle Fälle in die Struktur investieren. Bei uns beispielsweise ist die Anlage im Saal ramponiert. Auch in die Infrastruktur sowie in Gehälter hätten wir investiert.

 

subtext.at: Bei 60 Millionen Euro Budget ist da aber noch was übrig. Da kann man noch in viel mehr investieren – was wären da die ersten Ansatzpunkte?
Maria:
Für uns ist das Wichtigste, dass wir unseren Betrieb aufrecht erhalten können. Das ist, wenn es so weiter geht, aber sicher nicht möglich. Wir hätten schon Spaß gehabt, im Rahmen von Linz09 zu veranstalten. Wir hätten uns dann Sachen erlauben können, die so nicht möglich sind, wie zum Beispiel Künstler aus Afrika nach Linz einzuladen und mit denen über einen längeren Zeitraum zu arbeiten.
Sidney:
Auch Open Airs in der Stadt wären wieder möglich gewesen.
Maria:
Das hat mit dem KAPU-Open-Air schon mal gegeben. Auf lange Sicht kann man das aber einfach nicht kostendeckend durchführen, also haben wir damit wieder aufhören müssen.

 

subtext.at: Wenn wir in genau einem Jahr wieder hier sitzen würden, worüber würdet ihr euch am meisten beschweren, abgesehen von der finanziellen Situation?
Maria:
Ich hoffe, es gibt nichts zum Beschweren. Mit Geld allein ist nicht alles abgetan, das stimmt schon. Das Manko ist eine Wertschätzung seitens der Politk, die zwar auch, aber nicht hauptsächlich mit Geld verbunden ist. Die ist einfach nicht da. Bei der Bewerbung von Linz09 ist die KAPU auch als Vorzeigeobjekt zur Werbung herangezogen worden. Da wurden wir zwar auch nicht gefragt, aber wenn man schon als Vorzeigeprojekt bezeichnet wird, ist das ja eh cool.
Sidney:
Kleinere Initiativen sollen auch wieder mehr wahrgenommen werden.
Maria:
Wertschätzung ist aber einfach nicht da. Wir haben bei Erich Watzl (Kulturstadtrat in Linz, Anm.) seit Jahren keinen Termin für Subventionsgespräche bekommen. Da wäre mehr Wertschätzung wünschenswert. Ich bin aber skeptisch und glaube nicht wirklich daran, dass das auch wirklich passieren wird.

 

subtext.at: Kommen wir zurück zum „Aussitzen“. Wie sieht der Abschluss dieses Projektes aus?
Maria:
Es wird noch eine kleine Ausstellung im Contrust geben. Vernissage ist am 26.12. um 17 Uhr, und die Finissage ist am 31.12., ebenfalls wieder um 17 Uhr. Zwischen 17 und 20 Uhr wird die Ausstellung betreut und alles, was passiert ist, den BesucherInnen vorgeführt. Und natürlich werden auch die AussitzerInnen vorgestellt.subtext.at: Wie viele Personen waren es überhaupt, die sich im Rahmen des Aussitzens betätigt haben?
Maria und Sidney:
So zwischen 150-160 Leute waren es wohl.

Subtext.at: Zum Abschluss nennt uns bitte noch ein Wort, das euch dauerhaft mit Linz09 in Erinnerung bleiben wird.
Sibylle:
Spiegelei – aber die Anekdote hab ich vergessen.
Sidney:
Picknickstufen. Ich bin froh, wenn die wegkommen.
Maria:
Mir fällt da nur ein Sprücherl ein: Heller wird’s nimmer.

Links und Webtips:

Foto: Kapu, Daniel Friesenecker

subtext.at: Linz 09 ist beinahe vollständig ausgesessen. Euer Resumee nach einem ganzen Jahr Kulturhauptstadt?Maria: Also, unser „Aussitzen“ war äußerst erfolgreich. Bis auf ein, zwei Ausnahmen, wo die Leute verpennt haben, sind wir jeden Tag gemeinsam gesessen. Ansatz des Projektes war, dass man sich in diesem Raum, der als Freiraum angelegt ist, verwirklichen kann. Das können Projekte sein, die von Linz09 abgelehnt wurden und nun eben hier herinnen verwirklicht wurden, neue Ideen, die gefunden werden und mit Freunden und Freundinnen realisiert werden. Man konnte aber auch einfach nichts tun und Energien sammeln.

Sidney: Genau darum ging es. Man konnte neue Projekte entwickeln, oder die Zeit einfach „aussitzen“.

subtext.at: Gab es auch vom offiziellen Linz 09 Resonanzen auf euer Projekt?

Maria: Nein, da war gar nichts. Ganz am Anfang des Jahres gab es mal ein Standardmail mit einer Einladung zum Kaffeeplausch, aber das wars dann auch schon.

Sibylle: Die kam aber vom Heller persönlich.

Subtext.at: Wie sieht es vom BesucherInnenzuspruch gesehen aus? Gab es auch Linz09-BesucherInnen beim „Aussitzen“?

Maria: Ja, die gab es schon immer wieder mal.

Sidney: Stimmt. Es gab schon Leute und auch Touristen, die vorbeigekommen sind und nachgefragt haben, worum es beim „Aussitzen“ geht. Manche haben aber auch nur den Plattenladen im Contrust gesucht (Anm: bis vor einiger Zeit gab es im Contrust an der Donaulände noch einen Plattenladen).

Subtext.at: Wie haben die BesucherInnen auf das Aussitzen reagiert, nachdem ihr ihnen die Gesichte des „Aussitzens“ erzählt habt?

Sidney: Die meisten habens cool gefunden, einige wollten sich dann auch gleich anmelden.

Maria: Ich kann mich noch an ein Pärchen aus Liverpool erinnern, die ganz begeistert von dem Projekt waren. Dort gab es auch keine so kritische Bewegung zum Kulturhauptstadtjahr, das war in Linz schon ziemlich gut.

Sibylle: Es gab eine Stadtrundfahrt, die „RebellInnentour“, die das Aussitzen auch als fixe Station einbauen wollten. Zumindest haben sie es dann im Rahmen der Rundfahrt erwähnt.

Subtext.at: Im Rahmen von Linz 09 wird immer wieder das Thema „Nachhaltigkeit“ kritisiert. Was ist aus der Sicht von KritikerInnen die Nachhaltigkeit von Linz 09?

Maria: Für mich sind es hauptsächlich die Gebäude, die entstanden sind. Die sind nachhaltig. Offiziell bleibt die Hörstadt, das Theaterfestival im Sommer. Die Erhaltungskosten der Gebäude verschlingen aber auch eine Summe, auch wenn beim AEC damit geworben wird, dass die LED-Fassade sehr energiesparend und damit kostengünstig wäre. Also für mich ist das ganz klar eine negative Nachhaltigkeit. Die anderen Gebäude verursachen ja auch zusätzlich einen immensen Kostenaufwand.

Subtext.at: Und was bleibt für die KAPU nach Linz09?

Sibylle: Das wollte ich eigentlich gerade zum Punkt „Nachhaltigkeit“ sagen. Unter „Nachhaltigkeit“ verstehe ich, dass es Strukturförderungen für bestehende Vereine und Kulturschaffende in viel höherem Ausmaß hätte geben müssen.

Maria: Und natürlich auch in eine bestehende Szene, die am Zahnfleisch daher kriecht.

Subtext.at: Vor zwei Wochen sagte 09-Intendant Martin Heller im Rahmen der Krone-Diskussion, dass sich die freie Szene nicht genügend „auf die Hinterbeine“ stelle. Was würdet ihr dem entgegnen?

Maria: Das hat er ja eh immer gesagt, dass ihm die freie Szene zu wenig „rotzig“ ist. Ich frage mich aber, was er damit sagen will? Wir sind unseren Weg gegangen und haben das „Aussitzen“ durchgezogen.

Sidney: Wir haben durch Linz09 nichts am Stil der KAPU verändert und das selbe Konzept wie vorher weiterverfolgt.

Maria: Ich glaube, dass gerade die KAPU sehr wohl „rotzig“ ist und sich auch, gerade im politischen Bereich, auch auf die Hinterbeine stellt. Da ist gerade im Rahmen des Bündnisses gegen Polizeigewalt innerhalb kürzester Zeit sehr viel passiert. Und wenn wir im Rahmen von Förderungen gestrichen werden sollten, dann gibt es mit Sicherheit einen Aufstand.

Subtext.at: Von Seiten der Intendanz gibt es immer wieder den Vorwurf, dass die freie Szene die Gespräche verweigert hat. Woher stammt eigentlich diese Aussage?

Maria: Ich weiß es nicht. Der Großteil der freien Szene hat sich im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres sehr wohl eingebracht.

Sibylle: Also ich hab da gerade an Projekteinreichungen gedacht, die entweder abgelehnt, nicht oder wo Ideen gestohlen wurden. Da stand die KAPU auch in Vertragsverhandlungen mit Linz 09. Dabei wurde auch gesagt, zu welchem Zeitpunkt eine Reaktion kommen soll. Die kam aber nie, und ich hatte schon den Eindruck, dass die uns voll verarschen. Das hat sich dann ewig hingezogen.

Maria: „Der Vertrag kommt in einer Woche“ ist dann auch schon zum Insiderschmäh geworden.

Sibylle: Das ist dann schon in eine Zeit hineingefallen, wo man, wenn man Veranstaltungen machen würde, schon längst mit der Organisation beginnen hätte müssen. Wenn du aber keine Sicherheit hat, kannst du nichts planen. Wir haben dann abgestimmt und die Mehrheit war dann gegen eine weitere Zusammenarbeit.

Maria: Kommunikation hat es sehr wohl gegeben. Wenn man aber keine Rückmeldung bekommt, ist eine gewisse Kommunikationsverweigerung auch verständlich.

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.