crossingEurope Kritik: „Eine flexible Frau“

„Guten Tag, mein Name ist Greta M. Ich trinke gern, bin arbeitslose Architektin und suche bei Ihnen einen Job.“

Berlin ist die Stadt der arbeitslosen Architekten und Architektinnen. Diese Behauptung stammt von der Regisseurin des Films „Eine flexible Frau“ bzw. „The Drifter“, Tatjana Turanskyj. Sie meint, dass die Begriffe „flexibel“ und „Frau“ oft deckungsgleich verwendet werden. Eine Frau passt sich eben den gegebenen Umständen an. Wenn ein Kind kommt, wird sie eben Mutter und wenn Sie ihren Job als Architektin verliert, arbeitet sie eben im Call-Center. Oder als Kosmetikerin, wie eine polnische Ökonomiestudentin erzählt.

Greta (Mira Partecke) hat ihren Job im Architekturbüro verloren. Sie wandelt ziellos umher, versucht halbherzig einen Job zu finden und liegt doch lieber am Boden. Sie meldet sich zwar beim Job-Coaching und nach dem Verlust ihrer Stelle im Call-Center auch beim Arbeitsamt, findet aber den Weg zurück in den Job nicht mehr. Es heißt „Immer nur an den Fersen der anderen bleiben.“

Aus ihrem Freundeskreis, der hauptsächlich aus Architektur-AbsolventInnen besteht zieht sich Greta immer weiter zurück. Sie läuft vor ihrem Problem, welches sich im Laufe des Filmes auch noch als Geldproblem entpuppt, davon und will zu Beginn auf gar keinen Fall Hilfe durch ihre Freunde annehmen. Jedoch sinkt sie im Laufe der Zeit als Arbeitslose doch immer tiefer. Zunächst bettelt sie doch noch bei ihren erfolgreichen Freunden um einen Job und findet nebenbei auch den Alkohol immer attraktiver. An ihrem Geburtstag schließlich wankt sie aufreizend gekleidet durch die Straßen, knöpft sich einen ehemals guten Freund, dem sie ihre Geldsorgen zuschreibt, vor und verstört dessen Geschäftspartner. Für ihren Sohn ist sie eine Looserin, er braucht sie nicht.

Trotz der Lebenstragödie kann sie sich doch sicher irgendwie raus reißen, denkt man sich als Zuseherin. Doch im Grunde bleibt das Verständnis und die Übereinkunft mit der Protagonistin, dass man nun mal nichts ändern kann, wenn keine Energie dazu hat. Jeder kennt solche Down-Phasen. Dadurch geht es auch nicht anders, dass jedeR der/die sich den Film anschaut mit der Angst davor konfrontiert wird, nicht mehr aus der Antriebslosigkeit zurück zu finden.

Regisseurin und Soziologin Tatjana Turanskyj meint ihr Film sei kein „Film-Film im klassischen Sinne“. Es liege an der Dramaturgie. Ab und zu wird der Fokus von Greta abgelenkt beziehungsweise die Handlung durch ideelle Nebenszenen aufgelockert. Zum Beispiel hört man ab und zu einem jungen Feminismusphilosophen zu oder sieht Greta mit anderen beim  „tanzenden Fallen“ oder beim Singen auf der Straße. Mira Parteckes schauspielrische Leistung sticht durch die Abwechslung und Wandlungsfähigkeit hervor.

Fazit
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Zwei Stunden  Demotivation und deprimierende Stimmung führen hier nicht zu Langeweile, sondern zur Selbstreflexion. Meist fühlt man sich als ZuseherIn direkt angesprochen. Gretas Charakter wirkt durch seine Authentizität und Realitätsnähe.