crossingEurope Kritik: „Francesca“

„In Italien häuten sie Rumänen direkt auf der Straße. Wir haben anscheinend die besten Organe zum Weiterverkaufen.“ So lautet die deutsche Übersetzung eines Zitats aus dem rumänischen Film Francesca. Er versucht unter anderem die Frage zu beantworten, wie sich jemand fühlt, der weiß, dass es den Leuten 1000 km weiter westlich um Einiges besser geht. Ein Film von Bobby Pãunescu.

Die 30-Jährige Rumänin Francesca aus Bukarest möchte nach Italien gehen, um dort einen Kindergarten zu eröffnen. Im Vordergrund steht für sie wohl der Wunsch nach dem großen Geld. Ihrer Familie und den Freunden erklärt sie, sie wolle die Einstellung der Italiener gegenüber den Rumänen ändern.

So der Plan. So steht es auch in der Kurzbeschreibung der RAY Ausgabe zum Crossing Europe 2010. Francesca geht nach Italien und eröffnet einen Kindergarten. Die Jobangelegenheit ist zu Beginn des 96 Minuten langen Films bereits festgestellt, die Reisebedingungen geklärt. Aber: Sie kommt nie in Italien an. Die Spannung und Aufmerksamkeit, die der/die BesucherIn dem Film entgegenbringt, wird bis zum Ende ausgenutzt, wo der Film plötzlich mit ihrer Rückfahrt nach Bukarest endet.

Enttäuschung bleibt nach dem Film. Darüber, dass Fran wieder nichts aus ihrem Leben gemacht hat, dass sie in Rumänien in der Wohnung ihrer Mutter bleibt, um die Folgen der Geldprobleme ihres Freundes Mita zu klären. Sie kommt da einfach nicht raus. Trotz dem gesparten Geld und trotz des bereits gebuchten Flugs. Die Italiener müssen weiterhin auf eine selbstbewusste Rumänin warten, die ihnen ihre Vorurteile austreiben wird.

Die Wirkung des Films erklärt sich durch seine Langatmigkeit. Man wartet auf das Ereignis, auf Francescas Durchbruch. Man sieht sich immer wieder als BetrachterIn einer Alltagsszene, wie der Vorbereitung des Abendessens oder der Verabschiedung beim Bus. Meist sind diese Szenen in Echtzeit gefilmt und ohne irgendeinen Schnitt. Das schauspielerische Talent dafür zeichnet vor allem Monica Bîrlădeanu (Francesca) und Dorian Boguţă (Mita) aus.

Fazit
rating_2_points
Die Bedeutung eines Ereignisses darzustellen, indem es nie eintritt, finde ich sehr interessant. Zu diesem Schluss bin ich aber erst gekommen, nachdem ich mich darüber geärgert habe, dass im gesamten Film nicht viel passiert ist. Er zeigt das Leben einer zielstrebigen, aber unzufriedenen Frau. Da Francesca zum Typ „Bin ich zu fett? Du findest dass ich fett bin!“ beziehungsweise „So einfach lässt du mich nach Italien gehen? Willst du mich los werden?“ gehört, wurde sie mir im Laufe des Filmes ein bisschen anstrengend.

Von mir bekommt der Film 2 von 5 Punkten. Einen Punkt bekommt er dafür, dass er dadurch, dass nichts passiert, zum Denken anregt, und einen für die außergewöhnlich gut gespielten Dialoge.