Trouble over Tokyo: „Ich kann nicht leugnen, dass ich Popmusik mache“

„The Hurricane“ – so das aktuelle Album von Christopher „Toph“ Taylor, besser bekannt als Trouble over Tokyo. subtext.at hat er verraten, warum Pop für so ziemlich alles steht, Italien keine Reise wert war, und warum Alben immer ein Konzept haben. 

subtext.at: Was ist die erste Frage, die du gerne beantworten möchtest?
Toph Taylor: Welches Lineup habt ihr heute Abend und warum?*lacht*

subtext.at: Warum ist dir das Fragen nach dem Lineup so wichtig?
Toph Taylor: Weil das Lineup sich immer ändert für die Band, die Liveshows und so weiter. Ich hab natürlich die Single-Show mit mir und meinem Laptop und die Duo-Show mit mir und Max an den Drums. Das sieht on stage richtig cool aus. Und natürlich die Full-Band-Show, die noch größer und weiter ist. Die sind aber auch mal chaotisch, wenn man bedenkt, dass dann fünf Leute auf der Bühne stehen *lacht*

subtext.at: Du hast gerade angesprochen, dass du verschiedene Besetzungen auf der Bühne hast. Was ist dein derzeitiger Favorit?
Toph Taylor: Wow, das ist schwer, aber im Moment ist es wahrscheinlich das Duo. Wir spielen viele Shows zusammen derzeit und reisen viel gemeinsam. Mittlerweile sind wir zwei an einem Punkt angekommen, wo es auf der Bühne nicht nur gut klingt, sondern wo auch auf einmal Dinge passieren, wo wir uns dann denken: „Wow, cool!“. Wir kennen uns so gut, dass wir on stage experimentieren können. Das ist ein gutes Gefühl.

subtext.at: Wie „experimentiert“ ihr dann auf der Bühne?
Toph Taylor: Ich hab da diesen Vocal-Loop auf meinem Laptop, mit dem ich gerne herumspiele. Da kann ich mehr kontrollieren, als etwa mit der vollen Band, wo vier Leute wissen müssen, was gerade geplant ist. Ich schau einfach Max an und dann können wir einfach aufeinander eingehen – insofern hat das Duo große Vorteile.

subtext.at: Kommen wir zu einer Frage, die man in einem Interview fast nicht vermeiden kann – die Nach dem Stil und der Kategorisierung der Musik. Wenn man „Trouble over Tokyo“ googelt, dann kann man von „Electro“ über „Electro-Pop“ bis hin zu „Pop“ und „Indie“ alles finden. Findest du es gut, nicht fix eingeordnet zu werden, oder wäre es dir anders herum lieber?
Toph Taylor: Ich würde es mögen, eine alternative Band zu sein. Das bin ich aber natürlich nicht ausschließlich. Ich beginne gerade, zu realisieren, dass es nicht so einfach ist. Natürlich ist in meiner Musik „Pop“ enthalten – das kann ich nicht leugnen. Ich würds zwar gern leugnen, ich kanns aber nicht *lacht*.

subtext.at: Ich hab schon oft versucht, eine Antwort auf die Frage zu kriegen, warum Leute Musik immer in eine bestimmte Kategorie einordnen müssen – kannst du mir da eine Antwort geben?
Toph Taylor: Weil sie wissen wollen, woran sie sind. Sie wollen wissen, was etwas ist und wohin es geht.

subtext.at: Heißt das auch, dass viele nicht offen für Neues sind?
Toph Taylor: Möglicherweise, ja. Wenn du in einen CD-Laden gehst, findest du unter „Rock/Pop“ fast alles. Was ist „Rock/Pop“ aber eigentlich? Rock ist vor Jahren schon gestorben, und Pop wird mit „Mainstream“ gleichgesetzt – und was ist dazwischen? Mittlerweile geht’s mit schon gut mit dem Gedanken, als Pop-Musiker bezeichnet werden. Ich bins ja auch. Ich schreibe ja auch solche Songs.

subtext.at: Also leidest du unter dem Stigma des Pop-Musikers, dass die Öffentlichkeit glaubt, dass Pop gleichzusetzen mit Mainstream ist?
Toph Taylor: Ja, man glaubt halt, dass Pop flach, publikumsorientiert und nicht durchdacht ist. Das witzige ist ja, dass es einen ganzen Haufen großartiger Popalben gegeben hat, gerade in den 80ern. Bands, die man heute als Pop-Bands bezeichnen würde, haben ja auch großartige Songs geschrieben. Sogar Bands wie die „Eurythmics“, die auf Mainstream-Radios gespielt werden, haben sehr gute Songs geschrieben.

 

subtext.at: Letzte Woche habe ich ein Konzert von Edwyn Collins gesehen. Der wird auch als „Pop“ gesehen.
Toph Taylor: Was er aber definitiv nicht ist.

subtext.at: Stimmt, aber angekündigt war das Konzert trotzdem als Pop-Konzert. Glaubst du, dass „Pop“ für alles herhalten muss, was man nicht definitiv woanders hin einordnen kann?
Toph Taylor: Grundsätzlich ist es so, dass es die Bands gibt, die man relativ einfach als „Britpop“, „Indie“ oder sonstwas einordnen kann, etwa, wenn man bei verschiedenen Bands die gleichen Indie-Gitarrenriffs hört. Das ist fast wie eine Checklist. Dann gibt es Bands, die etwas cooles machen, wo man aber nicht sagen kann, das ist „Pop“, weil die Songs vielleicht nicht in die Richtung gehen. Das geht dann in die „Alternative“-Kategorie. Alles, was mit „Songs“ zu tun hat, geht dann in die Richtung „Pop“ – außer es sind Singer/Songwriter. Singer/Songwriter ist aber wie Pop – nur ohne Band *lacht*.

subtext.at: Zurück zu dir und deiner Musik. Dein aktuelles Werk „The Hurricane“ wird beschrieben als „Buch in zwölf Kapiteln“. War das auch die ursprüngliche Idee dafür?
Toph Taylor: Nein, das war ein Last-Minute-Ding, so wie es bei mir immer ist. Ich hatte die Songs geschrieben, ich hatte schon viele aufgenommen und war mit einigen Songs auch schon im Studio. Wenn ich an den Songs arbeite, ist die Farbe des Albums dann meistens das erste, was mir einfällt. Sobald ich das weiß, geht’s dann an das Artwork. Sobald ich das weiß, geht’s dann erst an die Songs, weil ich dann erst ein Konzept habe. Für „The Hurricane“ hab ich aber lang kein Konzept im engeren Sinne gehabt.

subtext.at: Du hast lange kein Konzept gehabt, trotzdem wird das Album als Konzeptalbum bezeichnet. Widerspricht sich das nicht gegenseitig?
Toph Taylor: Ja, sicher. Das lustige ist ja, dass alles,was ich mache, ja eigentlich ein Konzeptalbum ist. Das heißt ja nur, dass das Album am Schluss ein einheitliches Werk ist.

subtext.at: Gibt es dann eigentlich Alben, die keine Konzeptalben sind?
Toph Taylor: Wahrscheinlich schon, wenn du dir X-Factor-Bands (Vergleichbar mit DSDS, Anm. d. Red.) ansiehst. Dann sind halt einfach 12 Lieder auf einem physischen Datenträger. Und dann raus auf den Markt. Für mich ist ein Album aber ein Konzept. Alle Bands und Musiker, die ich auch höre, sind auch so. Anders wäre es für mich absolut nicht vorstellbar.

subtext.at: Also muss ein Album auch immer eine Story erzählen?
Toph Taylor: Es muss eine Story erzählen oder zumindest eine durchgängige Stimmung erzeugen. Also auch so Sachen wie die Sex Pistols, wo man auf dem Album dann merkt, dass es in zwei Wochen entstanden ist und die Band während der Zeit sauer auf den jeweils anderen war. Das ist genug Konzept für mich. Es muss ein Stück sein. Das beste am Musikerdasein ist es ja, dass du alle zwei,drei Jahre das ganze Ding komplett eigenständig machen kannst – wie es klingt, wie es aussieht und was dahinter steckt. Wenn das jemand nicht macht, ist es für mich wertlos. Das kann dann nicht Kunst sein.

subtext.at: Die Frage nach dem besten Gig ist ja sehr beliebt – was war aber dein beschissenster Auftritt bislang?
Toph Taylor: Wahrscheinlich in Italien. Oh ja, definitiv in Italien, und zwar in einem Ort namens Sorento. Das ist ganz im Süden, nach Neapel. Die Nacht davor spielten wir ein echt gutes Konzert in Bologna – die Leute sind mitgegangen und alles war super. Geschlafen haben wir dann bei einem Freund des dortigen Veranstalters – der war DJ und genau das, was man sich unter einem kompletten Vollidioten vorstellt. Der war in floureszierenden T-Shirts gekleidet und hat so ziemlich jedes Klischee bedient, das man sich vorstellen kann. Wir haben bei ihm geschlafen, und vorher hat er noch aufgelegt – als letzten Song „Wannabe“ von den Spice Girls. Das war nicht mal mehr ironisch, das war einfach nur schlimm. Danach sind wir eben zu ihm nach Hause gefahren, und er hat einen Haufen Leute noch zu sich nach Hause mitgenommen. Geschlafen haben wir dann zwischen Eingangstür und Partyraum – ok, geschlafen haben wir nicht.
Bís 6 in der Früh ist es dann weitergegangen, dann war endlich Ruhe. Oder auch nicht. Bis er sich entschieden hat, Sex mit seiner Freundin zu haben. Das war so laut, dass es fast schon beleidigend war. Also Sex mit extremst lauten Schreien. Beim Gig in Sorento selber war der Veranstalter dann der einzige Gast. Die PA habe ich selber aufgebaut – das war schon bizarr, ehrlich gesagt. Er hat sich aber nicht mal die Show selber angesehen. Geschlafen haben wir dann bei ihm – das hat mehr als eine Stunde gedauert, bis wir dort waren. Wanderung durch die Pampa inklusive, und bei ihm zu Hause hat der Strom nicht funktioniert. Da hab ich mir dann gedacht, dass das sicher der schlimmste Gig ever war. Nicht nur von mir, sondern generell. Schlimmer geht’s einfach nicht mehr.

subtext.at: Was ist die letzte Frage, die du gerne beantworten möchtest?
Toph Taylor: Die letzte Frage? Ob ich glücklich bin.

subtext.at: Bist du es?
Toph Taylor: Ja.

Gewinnspiel: subtext.at verlost eine signierte Ausgabe von „The Hurricane“ – einfach hier unter dem Artikel posten, was dich an Trouble over Tokyo fasziniert. Das Gewinnspiel läuft bis 8.4., 12 Uhr. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, die Gewinner werden per e-mail benachrichtigt und auf subtext.at veröffentlicht!

Foto: earlyphotography.at, Christoph Thorwartl

 

 

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.