THE HORRIBLE CROWES: Mit Verstand und Gefühl

Kühn, ungefiltert und authentisch – mit den Horrible Crowes wird selbst ein verregneter und trüber Tag im Herbst zu einer hoffnungsvollen Angelegenheit. „Elsie“ ist ein nostalgisches, in Melancholie getränktes Folkrock-Album der Extraklasse mit verzwickten Liedern über erkaltete Liebesbeziehungen, die menschliche Existenz und Daseinsschmerzen an sich.

„Elsie“ ist ein Geheimtipp, der ohne jeglichen Hype erschienen ist. Zwischen weiten Feldern und Wolkenkratzern ist das Debüt angesiedelt. Die Platte vermittelt feine Nuancen und große Gefühle, die jedoch leise dargebracht werden. Das Material klingt nach analogen Aufnahmetechniken und Beat-Poetry und macht generell einen wunderbaren geerdeten Eindruck, der nicht nachlässt. Und machen wir uns nichts vor: Auf dem Gebiet der Unterhaltungsindustrie ist es alles andere als leicht, es so formvollendet hinzukriegen.

Ein bekanntes Gesicht versteckt sich schon mal dahinter. Brian Fallon, der Poet, der Bandleader im klassischen Sinne, der ansonsten das Zepter bei The Gaslight Anthem hoch hält, schlägt hier leisere Töne an. Seine Stimme geht unter die Haut und in die Nervenbahnen. In kürzester Zeit hat er es geschafft, sich als Schnittstelle zwischen Tradition und Innovation zu positionieren. Er verleiht dem Album eine besondere Art der Versponnenheit. Für Ian Perkins muss hingegen ein Traum in Erfüllung gegangen sind – wann hat schon mal ein Roadie die Möglichkeit, mit einem bekannten Musiker ein Album aufzunehmen?

The Horrible Crowes gehören zu den Bands, die sich kluge Gedanken machen und smarte Geschichten erzählen. Die zwölf kurzweiligen Songs atmen mit jeder Pore Geschichte. Es sind einsame Nächte, Kerzenschein, das Mondlicht und verwegene Figuren, die eine relaxte Unruhe ausstrahlen, die einem einfallen.

„Behold The Hurricane“ ist der beseelte Hit der Platte. Die herrliche Melodie mit ihrem Überschwang nimmt sofort gefangen. Sonst pendelt „Elsie“ zwischen süßer Zerbrechlichkeit („Blood Loss“) und starkem Übermut („Go Tell Everybody“). Die Balladen „Cherry Blossoms“ und „Black Betty And The Moon“ leuchten erhaben wie Nachtlandschaften. Aufbrausend wird es nur in „Mary Ann“, geschmeidig in „Sugar“ & dem souligen „Ladykiller“.

Es sind die verdichtenden Strukturen, die alles so gelungen erscheinen lassen. Das kluge Zusammenspiel der Instrumente, des Gesangs und all das. Gewöhnlicher Krach hat keine Chance. Mühelos reihen sich betörende Harmonien aneinander. Man würde das Attribut „bombastisch“ benutzen, wenn „Elsie“ nicht so zurückgenommen in Szene gesetzt wäre.
So sollte sich Traditionsbewusstsein anhören.

Facts:
The Horrible Crowes – Elsie
Gesamtspielzeit: ca. 46 Minuten
SideOneDummy

Links & Webtips:
horriblecrowes.com
facebook.com/thehorriblecrowes
sideonedummy.com

Foto: SideOneDummy


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