SIN CITY: Wer beherrscht die Welt?

Verbrechen und Straftaten bringen eine Gesellschaft unmissverständlich aus dem Gleichgewicht. Das Unrecht wird zu einem untrennbaren Bestandteil eines jeden sozialen Zusammenhangs. Eine ganz grundlegende Erzählung über Gewalt und ihre Genese ist auch „Sin City“. Ein Lehrstück darüber, wie Hartherzigkeit entsteht und in welche Richtung sie hinführen kann.

Man kann wirklich nicht sagen, dass Frank Miller vor mehr als zwanzig Jahren für die Comicreihe „Sin City“ Kompromisse eingegangen wäre. Authentisch steht der Kultautor hinter den Figuren, die er porträtiert. „Sin City“ ist eine bedrohliche, in einer thematisch passenden Kühle erzählte Seelenschau inklusive einem Helden, der zwar lädiert bis oben hin ist, aber seinen Sinn für Gerechtigkeit in einer ungerechten Welt nicht verloren hat. Das ist immerhin schon eine echte Leistung, wenn man in einem dreckigen Sündenpfuhl sein Dasein fristet.

Die Stadt beherbergt fiese Schlägertypen, Junkies, religiöse Fanatiker, skrupellose Gesetzeshüter, fürsorgliche Prostituierte und die Quotenblondine Goldie, in die sich Titelfigur Marv nach einer gemeinsamen Nacht unsterblich verliebt. Am nächsten Morgen ist sie tot und Marv kann sich an keine Einzelheiten erinnern. Er weiß nur, dass er dafür nicht verantwortlich ist, sich die Drahtzieher aber auf jeden Fall vorknöpfen will. Dass man ihm den Mord in die Schuhe schieben will, ist eigentlich keine Überraschung. Die Situation scheint aussichtslos und verloren. Und doch wächst in Marv eine Hoffnung heran, zumindest diese Sache in seinem Leben zu einem vernünftigen Ende zu bringen. Innere Einsamkeit kann einen dazu bringen, schlimme Dinge anzustellen. Während unser Held also sein seinen Weg, bekommt er das Leid von allen Seiten zurückgeschleudert.

„Sin City“ ist Kult. Darüber braucht man nicht weiter diskutieren. Spätestens seit der Verfilmung von Robert Rodriguez mit Mickey Rourke in der Hauptrolle wissen es auch die Menschen, die sich davor nicht sonderlich für Graphic Novels interessiert haben. Frank Miller vermengt alle Schicksale – und mehr als eines wird nicht unbeschadet bleiben – auf komplexe, aber immer nachvollziehbare Weise miteinander. Die „Helden“ sind in dieser Stadt fast durchweg Personen, die von ihrem jeweiligen Milieu fies behandelt und in irgendeiner Form verraten werden. Die „Bösen“ sind in diesem dreckigen Spiel auf Leben und Tod keineswegs immer die schlechten, und die, die sich mit einer weißen Weste schmücken, sind die schlimmsten von allen.

„Stadt ohne Gnade“, so der Titel des ersten von insgesamt sieben dicken Bänden, ist ein bitteres, immer fesselndes und nichts schönfärbendes Comic über Verschwörungen und Macht. In seiner flotten, fragmentarischen Erzählweise brillant inszeniert, durchgehend ohne Farben, dafür brennen sich die markanten Zeichnungen in die Netzhaut ein. Expressionistisches Schwarzweiß, wie man es vom Film Noir kennt, stand hier Pate. Schwarz und Weiß wie Wahrheit und Lüge, wie Gut und Böse. Diese Unterteilungen liefern in „Sin City“ auch keine eindeutigen Klarheiten. Anmerkung: Die letzte Edition von „Sin City“ auf Deutsch gibt sich ganz minimalistisch ohne Logo auf dem Cover, ohne einen Schriftzug und ohne Nummerierung.

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