PINK FLOYD³: Mit dem Kopf durch die Wand

Einem musikalischen Kulturgut wie Pink Floyd kann man sich auf unterschiedlichen Arten nähern. Die Geschichte könnte man der Reihe nach und chronologisch aufrollen oder das Phänomen aus einem ganz persönlichen Blickwinkel betrachten, schließlich hat die Band bis dato ein Gesicht mit mannigfaltigen Facetten. Zweimal hat sich subtext.at diesem Thema bisher gewidmet. Mit „The Wall“ kommt unsere dreiteilige Pink Floyd-Reihe nun zu ihrem Schlusspunkt. Und nicht vergessen: Rezensionen geben immer subjektive Eindrücke wieder!

„The Wall“, dieses Kunstwerk, an dem die Meinungen vielleicht am ehesten auseinandergehen, fängt schon bei der Verpackung an. Insgesamt drei Discs enthält die remasterte und neu veröffentliche Experience Edition. 1979 erschien das sich bis zum heutigen Tag am häufigsten verkaufende Doppelalbum in der Geschichte der Plattenindustrie. Stilistisch vielfältig wie eh und je, ob poppig, sich düster aufschaukelnd („Empty Spaces“) oder spleenig gebend, es ist alles vertreten. Weit im Zeitraffer und wie in einem Fiebertraum ziehen die Melodien fort und an einem vorbei. Technisch sind Pink Floyd sowieso über alle Zweifel erhaben, doch die Spannung kann nicht immer ganz gehalten werden. Die Qualitätskurve steigt und fällt. Auf einen hübschen Song folgen minutenlange Passagen, in denen scheinbar wenig bis nichts passiert (oder es sich in meinen Ohren nur so anhört) und gerne Prog-Klimperein, die nach einer Zeit ermüdend wirken.

Wo auf vergangen Alben Dreh- und Angelpunkt der Sound war, sind es jetzt eher die (für Pink Floyd-Verhältnisse relativ kurzen) Songs selbst, die das Ruder rumreißen. Ein Manifest von einzelnen Liedern, die zwar gewohnt ineinander übergehen, in ihrer Gesamtheit aber doch schwer verdaulich erscheinen. Ein schwer zu goutierender Brocken würde manch einer sagen. Viel zu lang und wehleidig. Zumindest manchmal.

Inhaltlich ist es eine reich mit Metaphern gespickte Geschichte, die Gründungsmitglied Roger Waters im Grunde im Alleingang zu Papier gebracht hat. Persönliche Erlebnisse wurden auf die Weise ebenso verarbeitet. Um es herunterzukürzen: Eine fiktive Figur, die Pink genannt wird, macht sich im Verborgenen düstere Gedanken. Die größte Rock-Oper aller Zeiten kreist um familiäre Probleme und um die Adoleszenz. Hier verschmolz die Sehnsucht nach Abenteuer mit innerlicher Rebellion.

Als Symbol fungiert eine Mauer, die Grenzen aufzeigt und eine Schutzfunktion bietet. Sie versperrt aber den Blick auf das, was sich dahinter befindet, auf das Risiko. Wer möchte so leben? Eine Frage, die Pink Floyd zwar spannend hinterfragen – wäre der Großteil der Musik nicht so langatmig.

Facts:
Pink Floyd – The Wall (Experience Edition)
Digipack, Album remastert + Bonus-CD „Work In Progress“ mit Demos
Gesamtspielzeit: ca. 81 Minuten
EMI

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„The Dark Side Of The Moon“ auf subtext.at 
„Wish You Were Here“ auf subtext.at
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