MARINA & THE DIAMONDS: Pop à la carte

Eine sehr amerikanische Platte einer unamerikanischen Sängerin: Marina Diamandis packt ihre Gedanken über den Celebrity-Alltag und die Vereinigten Staaten in äußerst eingängige Noten. Naiver, blauäugiger, himmelhochjauchzender Pop, der nicht versteckt, was er sein will. Eine Platte, so süß und gehaltvoll wie Zuckerwatte.

Warum ein gutes Album verpassen, nur weil sich der Stil geändert hat? „I’m the girl you die for“ – die griechisch-walisische Sängerin holt zum zweiten Schlag aus, streift sich das Indie-Image vergangener Tage mir nichts, dir nichts ab, erklärt ihre aktuelle Großtat „Electra Heart“ kurzerhand zum Gesamtkunstwerk und schlüpft in eine von ihr erschaffene, fiktionale neue Rolle. Mit neuem Sound, neuem Outfit und neuem Styling lässt sich dieses Vorhaben natürlich besser umsetzen.

Es ist die allseits bekannte Story vom Tellerwäscher zum Millionär, die als Metapher für dieses Album abgeleitet werden kann. Die Welt der Reichen und Schönen, mit all ihren schillernden Facetten, aber auch mit ihren Abgründen wird abgebildet. „Electra Heart“ verhält sich im Grunde genau gegenteilig zu dem, was Diamandis zuvor mit „The Family Jewels“ veröffentlicht hat. Marina zeigt sich fokussiert auf sich selbst und ihr Äußeres ist noch exzentrischer geworden. Dass das Ergebnis zuweilen nach Katy Perry klingt, war allerdings nicht unbedingt zu erwarten. „Hypocrates“ ist so ein Stück, welches genau so gut vom letzten Perry-Album „Teenage Dream“ hätte stammen können. Das dazugehörige Video mit dem Cabriolet muss man sich dazudenken und et voilà, es passt wie angegossen.

Die poppigen Momente haben deutlich zugenommen und schleichen sich noch schneller in die Gehörgänge. Ohrwürmer gibt es sowieso ohne Ende. Die neuen Hits heißen „Lies“, „The State Of Dreaming“, „Living Dead“ und natürlich „Primadonna“ – dürfte inzwischen so ziemlich jeder mitträllern können. Die einprägsame Single ist mittlerweile weit nach oben in die Charts geklettert. Der Zuspruch in Mainstream-Ausmaßen ist jetzt da.

Oberflächliche Heiterkeit springt einem immer wieder entgegen, doch in den Texten findet sich so manche lakonische, pointierte, ironische oder doppeldeutige Aussage („I live my life inside a dream, only waking when I sleep“). Einiges ist nur von der Musik her optimistisch. Das ist auch das große Plus dieser Platte: Wer will, kann tiefer forschen und recherchieren, Verweise auf die griechische Mythologie im Pop-Kontext finden. Andere sind mit den Dingen glücklich, die sie unmittelbar vor den Latz geknallt bekommen. Gut gelöst.

Facts:
Marina & The Diamonds – Electra Heart
Gesamtspielzeit: ca. 48 Minuten
Atlantic Records (Warner Music)

Links & Webtips:
marinaandthediamonds.com
facebook.com/marinaandthediamonds
twitter.com/marinasdiamonds

Foto: Caspar Balslev, Warner Music

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