Clara Luzia: We are fish

Wer in Österreich Indie-Pop und „Weiblich“ sagt, kommt wohl auf erstes auf Clara Luzia. Die Wiener Singer/Songwriterin veröffentlicht ihr fünftes Album mit dem Titel „We Are Fish“. Eines vorweg: Für die Fische ist die Platte definitiv nicht!

Clara Luzia gehört ja mittlerweile schon fast zum Inventar der österreichischen Indiepop-Landschaft. Mit ihrem fünften Album „We Are Fish“ ist sie laut eigener Aussage angelangt, wo sie so lange hin wollte: „bei lauten Gitarren, Verzerrern und wuchtigen Drums“. Klingt ja so gar nicht nach dem, was man bislang von ihr gehört hatte.

Los gehts mit „With Headlights on“ und einem Klaviersolo, das einen sofort in eine beruhigtere Stimmung versetzt. Der Track dauert ganze 6:57 Minuten. Und diese 6:57 Minuten sind gut investiert. Clara Luzia tut hier, was sie am besten kann – verzaubern. Laut Pressetext thematisiert der Song „Die Geschichte üer das Treffen der Wolfsmenschen im Wald, die gemeinsam ihren Verwandlungstanz begehen“. Wenn das die Musik dazu ist, möchte ich an dieser Stelle sofort zum Werwolf werden. Epochale Arrangements, Gitarrensoli, bei denen man kopfnickend danebensitzt – das Album fängt gut an! Nach den Werwölfen gehts danach weiter mit dem Titeltrack „We Are Fish“. Da kommen dann die eingangs erwähnten Verzerrer ins Spiel. Dazu gibts auch Bass. Und tiefgründigen Text. Sind wir doch die „Fische“, die in ihrem eigenen Müll ersticken. Und der Refrain hats – man möge mir hier Oberflächlichkeit verzeihen – in sich. Da freut man sich direkt aufs Live-Konzert.

Dritter Track ist „A Presentiment“ – der dauert am zweitlängsten. Fünfeinhalb Minuten diesmal. Der Titel ist düster, wenn er sich mit dem „Vanish“, dem eigenen Verschwinden, beschäftigt, und dennoch eingänglich. „This is the bird that flies you to the moon“ – so könnte man den Song auch beschreiben. Ideal, wenn man einfach nur mehr „weg“ möchte.

„No one’s watching“ markiert die Halbzeit. „But whatever I feel, it means nothing, when there is nobody watching“ – die berechtigte Frage, welchen Sinn das Schaffen und das Leben hat, wenn jemand anderes gar nichts davon mitbekommt, wird hier in den Raum geworfen. „Leave the light on“ ist eine Nummer, die einen anderen Weg einschlägt. Einen jedoch nicht ganz so überzeugenden wie die Tracks zuvor. Um eine Standardfloskel zu bemühen: der Song ist „Poppiger“ – die Streicher sind jedoch gut eingesetzt, und stimmlich kann Clara ohnehin überzeugen. „Light is faster than sound“ ist nicht nur eine physikalische Tatsache, sondern auch eine Nummer, die sich sofort im Gehörgang festsetzt. Clara Luzia besinnt sich hier wieder stärker auf ihre Wurzeln, schlägt hier ruhigere Töne an und wird diesen Song wohl auch auf jedem Live-Konzert zum Besten geben. Und mit „You can’t have it all“ spricht sie einmal mehr aus, was so oft auf dieser Welt passiert, auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen.

„Monster in You“ und „The Fall“ setzen gekonnt dort fort, was man getrost als das Erwachsenwerden von Clara Luzia bezeichnen kann. Die ruhigen Songs, die sie auszeichnen, wechseln hier mit musikalischen Ausbrüchen, die wohl nicht nur so mancher Zuhörer für längst überfällig gehalten hat. Und der Abschlusstrack „The Menace Is My Head“ beschließt das – subjektiv gesehen überragende – Album mit der Frage, ob denn all die Probleme nur in unseren Köpfen sind. Das Album ist definitiv im Kopf geblieben – Problem ist es aber sicher keines.

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Fotos: Christoph Thorwartl

„We Are Fish“ erscheint am 1.3. bei Hoanzl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.