THE BOXER REBELLION: „Nichts fällt uns leicht in den Schoß“

Innenschau betrieben, neuen Ansatz gefunden: Die britische Band The Boxer Rebellion mit ihrem amerikanischen Sänger Nathan Nicholson verzieren ihren Indierock auf ihrem jüngsten Werk „Promises“ vermehrt mit luftigen Synthiebeats. Das Resultat kann sich sehen bzw. hören lassen, obwohl es anders klingt als frühere Werke. Doch „leicht und luftig“ bedeutet nicht gleich „schlecht und entsetzlich“. Ganz im Gegenteil.

subtext.at traf die Gruppe zu einem Interview über Versprechungen, Karma und den Touralltag.
Sänger Nathan und Schlagzeuger Piers Hewitt beantworteten aktiv die Fragen, Gitarrist Todd Howe fügte nur hier und da Wortfetzen hinzu. Bassist Adam Harrison zeigte sich vertieft in seinen Laptop.

subtext.at: Nathan, was hat euch als Band in den letzten Wochen und Monaten denn so beschäftigt?
Nathan Nicholson: Natürlich die Tour. Wir bereisen gerade wieder die Welt, was toll ist. Und wir schreiben an neuen Songs.

subtext.at: Ihr habt schon Material für ein weiteres neues Album?
Nathan Nicholson: Nicht ganz, aber wir haben schon einige Ideen. Die Tour zu unserem aktuellen Album „Promises“ wird uns jetzt dieses und nächstes Jahr noch beschäftigen. Da wir aber inzwischen unser eigenes Studio haben, fällt vieles für uns leichter.
Piers Hewitt: Wir haben versucht, Song zu schreiben, während wir auf Tour sind, hier und da sozusagen. Das liegt uns nicht ganz, aber Ideen sammelt man immer wieder. Wenn wir dann von einer Tour zurück sind, sortieren wir aus und schauen, was zu gebrauchen ist. Manchmal weiß man aber instinktiv, wo eine neue Platte sprichwörtlich anfängt, wo sie beginnt.

subtext.at: Wie ist eure derzeitige Verfassung als Band? Welches Wort beschreibt euren momentanen Gemütszustand am besten?
Nathan Nicholson: Ich bin eigentlich sehr relaxt (lächelt). Stolz bin ich auch. Wir haben festgestellt, dass wir heuer den Venues auftreten, in denen wir zuvor als Support engagiert waren. Es tut sich was. Es fühlt sich an wie ein Fortschritt. Viellicht nicht in Österreich, aber in anderen Ländern merken wir das schon deutlich (lacht).
Piers Hewitt: Nichts fällt uns leicht in den Schoß. Trotzdem spüren wir als Band einen Ruck, da hat Nathan recht damit. Mit „Promises“ spüren wir am meisten, dass es Vorwärts geht. Ein Wort, was meinen derzeitigen Gefühlszustand beschreibt? (überlegt) Gott…
Nathan Nicholson: Gott?
Piers Hewitt: Nein, nicht Gott (lacht)! Ich bin einfach glücklich, in dieser Band zu sein. Ja, das trifft es gut.
Nathan Nicholson: Glücklicher vielleicht?
Piers Hewitt: Ja, glücklicher (lacht).

subtext.at: Das Album trägt den Titel „Promises“. Was waren denn eure letzten Versprechen, die ihr jemandem gemacht habt? Haltet ihr für gewöhnlich Versprechen auch ein?
Piers Hewitt: Eine ernsthafte Frage. (überlegt) Ich habe letztens meiner Frau versprochen, dass ich an einem Sonntag um 8 Uhr früh aufstehen und ihr bei den alltäglichen Dingen helfen werde. Ich habe es leider nicht eingehalten und mein Versprechen gebrochen.
Nathan Nicholson: Etwas Ähnliches habe auch ich meiner Frau versprochen. Mein Versprechen habe ich allerdings gehalten (beide lachen).
Piers Hewitt: Es tut mir leid!

subtext.at: Wie reagiert ihr, wenn es umgekehrt ist und jemand sein Versprechen euch gegenüber nicht hält?
Nathan Nicholson: Es kommt darauf an. Wenn dir jemand sagt „Ich werde dir treu sein“ und es dann nicht einhält, dann ist das schon eine große Sache (lacht). Ich glaube, dass ich nicht viele Versprechen gebrochen habe in meinem Leben.
Piers Hewitt: Es sind meistens die kleinen Dinge, die man nicht einhält. Die Nichtigkeiten.
Nathan Nicholson: Du versprichst, dass du im Badezimmer sauber machen wirst und dann tust es doch nicht (lacht).

subtext.at: Wenn man Dinge nicht einhält, könnten andere den Schluss daraus ziehen, das kein Verlass auf einen ist. Innerhalb der Band herrscht aber blindes Vertrauen, oder?
Nathan Nicholson: Ja, total. Komplette Zustimmung, was diese Frage angeht. Wir sind wie eine Familie, wir halten zusammen. Sicherlich gibt es auch Tage, an denen man den anderen nicht sehen mag. Das kommt auch schon mal vor (lacht).

subtext.at: „Promises“ hat ein gesundes Maß an Optimismus parat und die frische, luftige Aura des Albums verstärkt für mich noch diesen Eindruck. War das euer Ziel?
Nathan Nicholson: Wir wollten einfach neue Wege gehen. Als wir auf unsere Plattencover geblickt haben, war stets dieselbe Farbpalette zu sehen. Schwarz und Weiß. Schwarz und Beige. Beige und Grün. Wir haben die Songs in London aufgenommen, jedoch in Los Angeles fertiggestellt. Dort ist es immer sonnig. Bestimmt hatte das auch einen Einfluss darauf, wie das Artwork letztendlich aussehen wird.
Piers Hewitt: Man weiß ja, wie es in London so ist, aber wenn du total deprimiert in L.A. aussteigst, verändert sich dein Gemütszustand sofort. Es war perfekt.

subtext.at: Würdet ihr gerne dorthin zurück für zukünftige Aufnahmen?
Nathan Nicholson: Oh ja, mir würde das gefallen. Man muss nicht alles wiederholen, weil du willst ja auch nicht ein Album doppelt aufnehmen. Ich denke aber, wir würden es gut hinkriegen.
Piers Hewitt: Wenn mir jemand ein Angebot machen würde, ein Album in L.A., verteilt auf fünf Wochen, aufnehmen zu dürfen – ich würde es annehmen (alle lachen).

subtext.at: Die Platte fühlt sich sehr natürlich an. Alles fließt. Eine Gruppenentscheidung, die rockigen Gitarren gehen die fließenden Synthieflächen einzutauschen?
Nathan Nicholson: Wir haben eigentlich wie immer gearbeitet, der Song „Take Me Back“ war aber irgendwie ausschlaggebend. Ich habe die Chords gespielt und Adam hat dann einen Beat daruntergelegt. Das war neu uns für uns wir haben uns dann an diesem Song orientiert. Die nächsten acht Songs, denke ich, haben wir mittels Synths und Keyboards geschrieben, Beats und Loops inklusive. Es hat sich richtig angefühlt. So, als ob wir Hits geschrieben hätten. Nicht, dass wir welche schreiben würden…

subtext.at: Da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn ich eurer Publikum nach euren Hits fragen würde, kämen bestimmt an die zehn Songs, die ganz unterschiedlich sind. Nur keine falsche Bescheidenheit.
Nathan Nicholson: Klar, wir haben schon einige Fan-Favoriten in unserem Repertoire (lächelt)

subtext.at: Wie reagieren denn die Leute live auf euer neues Material? Gibt es welche, die es komplett ablehnen?
Todd Howe: Es gab einen, an den kann ich mir sehr gut erinnern (alle lachen).
Nathan Nicholson: Wir können nicht immer die gleiche Platte aufnehmen. Ich denke aber, dass wir auf jeder Platte von allem etwas haben. „Promises“ hat auch gewisse Rock-Momente, denke ich.
Piers Hewitt: Wenn du still bleibst und dich nicht bewegst, kommen die Leute zu den Konzerten und wollen nur eine Platte hören, die du vor zehn Jahren aufgenommen hast. Das kann es nicht sein. So etwas macht mich traurig. (überlegt) Ich liebe Radiohead, aber ich muss jetzt nicht eines ihrer früheren Album komplett live hören. Ich denke, eine Band muss sich entwickeln, live wie auf Platte, und nicht vergangenen Zeiten hinterherrennen. Ich denke, dass sich unser Songwriting mit der Zeit wesentlich verbessert hat.

subtext.at: Der Song „Fragile“ enthält die Textzeile „Life is fragile, but i still believe“. Vergessen wir allzu schnell, wie kostbar das Leben ist? Nehmen wir wichtige Dinge allzu schnell als selbstverständlich hin?
Nathan Nicholson:
Absolut, ich wollte da aber kein großes Statement platzieren. Ich weiß nicht, woher die Textzeile kam (lacht). Aber ja, du weißt nie, was dich nach der nächsten Ecke im Leben erwartet.
Piers Hewitt: In dieser Textzeile kann sich bestimmt jeder hineinfinden, den jeder kommt mal in eine Situation, wo er oder sie über das Leben an sich nachdenkt.

subtext.at: Gefällt euch die Idee des Karma, dass man das bekommt was man verdient?
Nathan Nicholson: Ich weiß nicht. (überlegt). Ich glaube nicht zwangsläufig daran, denn es gibt furchtbare Leute, die enormes Glück haben. Es gibt natürlich auch tolle Menschen, die sich wiederum im Leben durchkämpfen müssen.

subtext.at: Verändert sich eine Platte, nachdem man mit ihr auf Tour geht?
Nathan Nicholson: Ja, klar. Wir führen hier und da kleine Änderungen durch. Als wir unser erstes Album aufgenommen haben, sind wir einfach ins Studio rein und haben den Aufnahmeknopf gedrückt. Wir haben uns keine Gedanken gemacht, wie wir die Stücke live umsetzen werden. Das ist nun anders.
Piers Hewitt: Wir haben versucht, die beste Platte zu machen, die wir können. Bis vor kurzem habe ich die Songs nicht mal zu Ende spielen können, weil wir immer mit Loops gearbeitet haben. Es war eine fragmentarische Arbeitsweise, wenn du so willst.

subtext.at: Wenn mich jemand fragt, welche Band ich empfehlen kann, sind es meistens The Boxer Rebellion, die mir spontan einfallen. Welchen Act könnt ihr denn zur Zeit weiterempfehlen?
Nathan Nicholson: Ich habe eine Band entdeckt, die Victories At Sea heißt. Sie klingen ziemlich nach den 80ern, nach Duran Duran beispielsweise. Die kann ich empfehlen.
Piers Hewitt: Momentan höre ich nicht viel Musik. Wenn wir beim Schreiben sind, dann schon. Dann sauge ich mich sozusagen voll. Derzeit finde ich einfach nicht die Zeit, mich mit neuen Acts zu beschäftigen. Deswegen werde ich hier keinen Mist nennen (lacht).
Nathan: Volcano Choir möchte ich hier noch erwähnen. Das wär’s (lacht).

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