Scott Matthew: „Die Lieder sind für mich etwas Besonderes“

Mit „Unlearned“ hat der ursprünglich in Australien aufgewachsene und nun in New York lebende Künstler Scott Matthew eine neue Platte am Start. Diese besteht aus Covernummern, die er auf seine eigene Weise interpretiert. Von Whitney Houston bis Joy Division ist eine breite Palette vertreten.

Im Rahmen seiner Tour begeistert Scott dabei das Publikum, das förmlich an seinen Lippen hängt. Für subtext.at hat er Zeit gefunden, ein paar Fragen über die Einfachheit an Covern, den Einfluss auf seinen persönlichen Schaffensprozess und stille Konzertsäle zu beantworten.

subtext.at: Die erste Frage, die du hinter dich bringen möchtest?
Scott Matthew: Die Leute fragen mich immer, ob ich denn eine traurige Person sei. Das bin ich absolut nicht. Ich habe die gleichen Erfahrungen, die andere auch machen und würde mich auch als empfindlich in Bezug auf Emotionen beschreiben. Ich lache aber auch oft und suche auch immer das Postive im Leben.

subtext.at: Dein Konzert in Linz hatte das wahrscheinlich stillste Publikum, das ich je auf einem Konzert gesehen habe. Magst du diese Stille genauso wie Leute, die dir zujubeln?
Scott Matthew: Natürlich. Ich brauche eine stille Zuschauermenge, um das rüberzubringen, was ich während einem Song möchte. Es kann unglaublich ablenkend sein, wenn die Leute während eines ruhigen Songs reden oder lachen. Gott sei Dank sind die meisten Leute da sehr respektvoll. Aber obwohl ich schon sehr oft auf der Bühne gestanden bin, fühle ich mich da noch immer verletztlich, wenn ich da draußen auf der Bühne stehe. In Wahrheit hoffe ich, dass das immer klappt. Es scheint aber zur Zeit so zu sein und stellt auch sicher, dass ich ehrlich bleibe.

subtext.at: Kommen wir zu deiner aktuellen Platte „Unlearned“ – welche Gedanken hattest du, als du entschieden hast, welche Cover auf dem Album landen sollten?
Scott Matthew: Es war irgendwie wie eine Chronologie meines Lebens. Die Lieder haben etwas Besonderes für mich bedeutet, aus vielen Gründen. Sei es ein Zeitabschnitt, ein Ort, oder eine Person. Grundsätzlich glaube ich aber einfach, dass es wundervolle Songs sind. Ich wollte zeigen, was ich als meine Wahrheit, oder meine Interpretation jedes einzelnen sehe.

subtext.at: Ein Song, der heraussticht – weil ihn auch jeder kennen wird, der mit Musik eigentlich nichts am Hut hat, ist das Cover von Whitney Houston „I Wanna Dance with Somebody“. Mit wie viel Respekt bist du an eine der wahrscheinlich kraftvollsten Stimmen herangegangen?
Scott Matthew: Eigentlich habe ich mich durch diesen Song nicht so eingeschüchtert gefühlt als mit anderen. Natürlich ist es eine Ikone – es funktioniert aber, weil die Leute schlicht nicht erwarten, dass ich sowas mache. Songs wie „Love will tear us apart“ haben mir da schon mehr Angst eingeflößt, weil gerade der den Eindruck vermittelt, „unangreifbar“ zu sein.  Aber ich war froh, dass wir es gemacht hatten. Ich hatte also auch einen Prozess des „Unlearning“ durchzumachen, keine Angst zu haben, auch solche Songs zu covern.

subext.at: Beim Gig in Linz hast du nur einen deiner eigenen Songs gespielt – warum? Nur weil ihr gerade auf der „Unlearned“-Tour seid, oder wolltest du den Fokus absichtlich auf die Covers legen?
Scott Matthew: Es waren sogar zwei oder drei an dem Abend. Was die Tour betrifft, haben wir mehrere meiner Songs dazugefügt – einfach weil die Leute sie hören wollten. Ursprünglich habe ich geglaubt, dass die Covers eigentlich das sein würden, was am liebsten gehört werden würde. Dass meine Songs immer noch so gut ankommen, ist natürlich ein Kompliment.

subtext.at: Inwiefern hat sich die Sicht zu deiner eigenen Musik seit der letzten Platte „Gallantry’s Favourite Son“ verändert?
Scott Matthew: Nicht viel. Ich fühle mich relativ wohl mit der Musik, die ich mache. Jetzt ein Coveralbum zu machen und mich in andere Leute reinzuversetzen war interessant – in dem Sinne, dass einige sehr einfach gestrickt sind und es „Magie“ war, die sie zu großartigen Songs gemacht haben. Irgendwie habe ich mich danach weniger eingeschüchtert gefühlt was mein eigenes Schaffen betrifft.

subtext.at: Auf der Bühne wirkst du sehr locker und umgänglich. Würdest du dich so beschreiben?
Scott Matthew: Ich würde mich mit vielen Dingen beschreiben, aber ja. Je mehr ich mich weiterentwickle, umso mehr finde ich meinen Frieden mit mir selbst und mit dem was ich tue. Ich liebe es zu lachen und den Humor zu sehen, genauso wie ich „dunklere“ Emotionen erforsche. Es braucht auch diese Balance im Leben. Licht kann ohne Dunkelheit nicht existieren – und umgekehrt.

subtext.at: Zum Abschluss: Gibt es ein Cover, das du nicht gemacht hast, es aber unbedingt nachholen möchtest?
Scott Matthew: Da gibts natürlich einige. Ich hätte wahnsinnig gern ein bisschen Jazz auf dem Album gehabt. Vielleicht etwas von Chet Baker – es hat mit einer langen Liste angefangen, und die ist dann immer kürzer geworden. Vielleicht gibts aber in Zukunft noch ein Cover-Album.

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 Fotos: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.