„Komödie im Dunkeln“: Wenn die Wahrheit ans Licht kommt

„Komödie im Dunkeln“ ist seit dem 7.12. in den Linzer Kammerspielen zu sehen. Ein Stück, das zeigt, dass es selbst im finsteren Haus nicht leicht ist, jemanden hinter das Licht zu führen.


Brindsley Miller (Christian Manuel Oliveira), einem jungen und noch wenig erfolgreichen Bildhauer, steht ein wichtiger Abend bevor: Zum Einen hat sich der Kunstsammler Godunow (Sven-Christian Habich) angekündigt, um Brindsleys Skulpturen zu besichtigen und allenfalls zu kaufen. Zum Anderen soll der Vater (Lutz Zeidler) seiner Verlobten Carol (Jenny Weichert) von der geplanten Hochzeit überzeugt werden und sein Einverständnis geben. Um Wohlstand vorzutäuschen und damit den Schwiegervater in spe sowie Godunow beeindrucken zu können, hat sich Brindsley kurzerhand die wertvollen Möbel seines Nachbarn „ausgeliehen“. Doch bevor der Plan aufgehen kann, versetzt ein Kurzschluss das gesamte Wohnhaus in Dunkelheit. Ungeplantes nimmt seinen Lauf: Die Nachbarin Miss Furnival (Bettina Buchholz) taucht auf, weil sie sich alleine fürchtet und Carols Vater unternimmt Versuche, Brindsley zu prüfen. Als wäre es nicht schwer genug, dem allen gerecht zu werden, kommt Brindsleys Nachbar Harold (Vasilij Sotke) früher aus dem Urlaub zurück. Carol und Brindsley haben nun darauf zu achten, dass dieser weder seine Wohnung betritt, noch dass jemand Licht macht, ehe die Möbel wieder zurückgebracht sind. Doch das Chaos nimmt trotz der Rückführungsaktion Überhand: Brindsleys Exfreundin Clea (Anna Eger) gesellt sich ungebeten zu den anderen Gästen dazu, der Mitarbeiter des E-Werkes (Manuel Klein) wird mit Godunow verwechselt, während sich letzterer in den Keller verirrt…

Die Schauspielenden werden in „Komödie im Dunkeln“ speziell in ihrer Koordination und Gestik gefordert: Sie sind bis auf den Anfang und das Ende des Stückes, das sich im Gegensatz dazu für die Zusehenden im Dunkeln abspielt, dem Inhalt nach in einem dunklen Raum. Sie starren, tapsen, stolpern, gehen im Kreis, ohne es zu merken und freuen sich, wenn sie eine Sitzgelegenheit oder die Türe gefunden haben. Jenny Weicherts Leistungen grenzen dabei schon an Akrobatik. Christian Manuel Oliveira schafft es bis auf Lampenschirm und Kabel, niemanden mit einem Möbelstück zu verletzen. Da ist es vielleicht Nebensache, dass das Sofa noch besetzt war, als er es nach draußen transportieren wollte. Colonel Melkett, Brindsleys Schwiegervater in spe, und Harold haben hingegen Schwierigkeiten, im Dunkeln auf Brindsley loszugehen. Angefeuert werden die beiden von der enttäuschten und verärgerten Carol.

Das ist aber nicht die einzige Situation, in der Wut- realitätsnahe- solidarisch wirkt. Für die geplatzten Träume kann schon mal derjenige herhalten, den die Beteiligten am wenigsten kennen. Auch Vater und Tochter halten zusammen, wenn sie von Brindsleys Exfreundin beleidigt werden.

(Not-)Lügen und Täuschungen sind ein wesentlicher Bestandteil des Theaterstückes- den moralischen Aspekt verkörpert Miss Furnvial am ehesten- die großen Katastrophen spielen sich im Privaten ab. Ein finsteres Haus mit Falltür zum Keller bietet sich daher gut als intimer Schauplatz an (Bühnenbild: Florian Parbs), die Kleidung wurde an die Arbeit oder die Erwartungen an den Verlauf des Abends (gemütlich die der Nachbarin, elegant die derjenigen, die Besuch bekommen hätten sollen) der jeweiligen Person angepasst und vordergründig schwarz-weiß gehalten (Kostüme: Alexandra Pitz). Auch gewollte Versuche, die Dunkelheit zu beenden, werden nicht außen vor gelassen: Man täuscht Wind vor und ermahnt die Gäste, keine Streichhölzer zu benutzen. Das Haus sei alt, eine Gasexplosion daher nicht auszuschließen. Die Situation funktioniert gerade deshalb, weil Interessen bestehen, die anderen Personen im Dunkeln zu lassen. Der Autor Peter Shaffer (geboren 1926) merkt an: „Plötzlich fiel mir ein, der einzige Weg, damit das Stück überhaupt funktionieren könnte, wäre, wenn eine Person im Zimmer ein Interesse daran hätte, die anderen im Dunkeln bleiben zu lassen. In Wirklichkeit hätte natürlich sofort jemand eine Kerze herausgeholt und so die ganze Situation beendet. Was ich also brauchte, war ein dringender Grund für diese eine Person, die anderen tatsächlich im Dunkeln zu belassen“.

Am Ende des Stückes liegen die Nerven blank, eine Person hat sich betrunken. Die Wahrheit ist auch ohne Licht ans Licht gekommen und beeindruckt wurde wohl niemand.

„Komödie im Dunkeln“ wurde durch ein chinesisches Theaterstück inspiriert, das ebenfalls mit dem Effekt der Dunkelheit spielte und 1965 uraufgeführt. Die aktuelle Inszenierung durch Peter Wittenberg setzt auf skurrile Situationskomik, welche die Zusehenden zwar weniger zum Nachdenken, dafür umso mehr zum Lachen und zu ein paar Minuten ungewohntem Theatererlebnis im Finsteren bringt.

Die nächsten Vorstellungstermine sind der 29.12. 2013 um 17 Uhr und der 7.1.2014  um 19.30 Uhr.

 

Katharina ist Sozialwissenschaftlerin und Redakteurin. Sie beschäftigt sich vor allem mit gesellschaftlichen (z.B. frauenpolitischen) und kulturellen (z.B. Film, Theater, Literatur) Themen. Zum Ausgleich schreibt sie in ihrer Freizeit gerne literarische Texte: https://wortfetzereien.wordpress.com/