Ja, Panik – LIBERTATIA

Nachdem sie von einem Quintett zu einem Trio wurden, sprachen unzählige Medien vom zweiten Debüt-Album. Ist also wirklich alles neu auf LIBERTATIA? Das nicht, aber doch vieles anders.

In meiner Rezension des vorangegangenen (und noch als Quintett eingespielten) Albums DMD KIU LIDT erklärte ich ja, dass ich lange Zeit den Hype um diese Band nicht wirklich verstehen konnte. Bis zu eben diesem, dem 2011er-Album, das auch über das Schreiben der Rezension hinaus längere Zeit Teil meiner Playlist war. Deshalb waren nun meine Ansprüche an den Neuling natürlich nicht unbedingt gering.

Um jeglichen Spannungsaufbau zu verhindern, beginne ich gleich mit einem kleinen Einblick ins Fazit: LIBERTATIA ist nicht so gut wie DMD KIU LIDT. Aber wieder zurück zum Anfang. Das Cover zeigt eine futuristisch wirkende Stadt, schön bunt und irgendetwas zwischen Natur und Industrie. Das ist auch die Idee hinter dem Albumtitel: Libertatia war (oder war nicht), eine anarchistische Gemeinschaft, eine Kolonie im 17. Jahrhundert, in welcher Besitz nicht existierte und alles der Gemeinschaft gehörte. Auf der Website von Ja, Panik beschreiben sie ihre Gedanken zu dem Begriff in einem Manifest, darunter wie folgt:

LIBERTATIA ist das Bewusstsein davon, dass eine andere Welt eben nicht möglich ist. Das Wiederzusichkommen nach der großen Independenthalluzination.

Und kommen auch zum Schluss, dass man „sich LIBERTATIA nicht ausdenken“ kann. Darüber zu singen, das haben sich die drei Männer jedoch erlaubt. Und erklären im der gleichnamigen ersten Singleauskopplung: „Wo wir sind ist immer Libertatia.“

Was sich nicht verändert hat: die ständige Mischung aus deutschem und englischen Gesang, die man lieben kann, aber nicht muss. Man muss bei Missfallen aber doch zugeben, dass sich dieser Sprachenmix selten geschmeidiger angehört hat. Worauf man aber verzichten muss: die musikalische Rohheit mancher Songs, die DMD KIU LIDT so herausragend gemacht haben, wie „Nevermind“ oder auch ein bisserl „Trouble“. Dafür bietet die schöne Utopie Libertatia offenbar Platz für synthetische Sounds – oder wie HeavyPop nennen: „soulig glitzernde 80s-Synthies“. Und während das Vorgängeralbum noch eher ernst daherkam, klingt Ja, Panik bei LIBERTATIA viel lockerer, beinahe schon zu leger. Und falls jemand bereits die Kritik in der taz gelesen hat: Mit Schlager haben die Songs auf dem Album eindeutig nichts zu tun.

Zu den Lieblingssongs zähle ich nach mehrmaligen Durchhören eindeutig das Badewannenlied „Libertatia“ sowie die zweite Singleauskopplung „Au Revoir“ – vielleicht weil es mich zum Teil ganz besonders an DMD KIU LIT erinnert.

Die beiden ‚Balladen‘ namens „Eigentlich wissen es alle“ und „Alles leer“ genießen ihr Bad in der Mehrdeutigkeit: Worum es wirklich geht? Darüber kann und wird sich jeder selbst Gedanken machen. Und die anderen sechs Songs des nur 10 Tracks starken/schwachen Albums? Schlängeln sich gekonnt vorbei, fordern zum Tanz mit den Staatsfinanzen auf („Dance the ECB“), interpretieren „ACAB“ neu (singen statt von Polizeibastarden von wunderschönen Katzen), „Chain Gang“ erinnert mit Melodie, Hintergrundgesang und Stimme doch etwas überraschend sehr an den Falco der 80er. „Post Shakey Time Sadness“ ist eine so positive Betrunkenheitshymne, dass man sich die drei Ja,-Paniker gerne zu jedem Umtrunk einladen möchte. Weiteren Falco’schen Sound erkennt man (vor allem zu Beginn) bei „Radio Libertatia“. Und mit „Antanananarivo“ haben sie schließlich einen ruhigeren Song als Outro gewählt, das eigentlich auch auf DMD KIU LIDT und den anderen Vorgängeralben Platz gefunden hätte.

Es ist wieder einmal ein rundes Album geworden – mit Anfang, Ende, Spannungsbogen. Das muss man Ja, Panik definitiv zugute halten. Doch die überraschende Lockerheit, die vielleicht doch schwierigen Texte, welche in kaum mehr schwierige Musik verpackt werden, reißt mich nicht mehr wirklich mit. „Libertatia“ und „Au Revoir“ haben zwar leichten Ohrwurmcharakter, alle anderen Songs jedoch tümpeln irgendwie dahin, kommen nicht ganz in meinen Gehörgangen an, zischen nur kurz durch den Kopf durch. Mal kurz mitwippen, aber nicht abshaken. Irgendwie langweilig. Aber solange sich Frontsänger Andreas freut, dass ein Album nach „DMD KIU LIDT“ erscheinen konnte, trotz des Abgangs zweier Bandmitglieder, ist ja alles ok. „Ich finde auch, dass die Platte etwas sehr Selbstbewusstes hat. Selbstbewusstsein in einer trotzigen Art: Nein, hier sind wir trotzdem. Wir sind noch immer Ja, Panik.“ Dazu kann ich sagen: Ja eh. Das ist immer noch Ja, Panik, aber wäre es nicht das zweite, sondern das erste Debütalbum, müsste ich mir nie Gedanken machen, warum mich der Hype rund um Ja, Panik nie erreicht hat. (Weil, dass sie wegen diesem Album auf Magazincovers zu sehen waren und es sogar einen Starschnitt von ihnen gibt, ja … das ist eindeutig nur durch den Hype zu erklären – denn, es ist zwar das Umgänglichste, weil Popigste, aber gerade deshalb auch das Langweiligste aller ihrer Alben.)

LibertatiaBand

Live am 21.04. im Alten Schlachthof in Wels, am 22.04. im Bang Bang Club in Graz, am 23.04 in der ARGEkultur in Salzburg und am 24.4. im Weekender in Innsbruck.

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29 Jahre alt - Literarischer Blogger (Neon|Wilderness), Autor ("Volle Distanz. Näher zu dir"), Medienblogger (dominikleitner.com), Printschreiber (MFG Magazin), freier Journalist (u.a. BZ), CD-Kritiker (subtext.at) und Detektiv (365guteDinge)