DER KRITIKERLIEBLING DES JAHRES 2014: FKA Twigs

Dass die Farbe Blau eine entspannende und beruhigende Wirkung vermittelt, dürfte weit und breit kein Geheimnis darstellen. „LP1“, das Debütalbum von FKA Twigs, hat dieses Wissen mehr als verinnerlicht und eignet sich deswegen auch optimal, um den Stress und die Hektik des Alltags abzubauen – nicht nur wegen dem Cover. Dieses Debütalbum ist mindestens so verschroben wie die dazugehörige Interpretin.

Der Name FKA Twigs war und ist im Jahr 2014 nahezu überall zu verorten. Nachdem Taliah Barnett inzwischen mit Robert Pattinson liiert ist, stieg auch das Interesse des Boulevards an der entrückten Schönheit, die prickelnden Soul und entrückten R’n’B kreuzte wie kaum eine andere in diesem Jahr. Der Feuilleton ließ sich von der entflammten Liebe des Paares nicht in die Irre führen und der allgemeine Tenor der Fachpresse blieb weiterhin äußerst wohlgesonnen und positiv. „LP1“ wurde vielerorts unter den besten Alben des Jahres 2014 gewählt.

TWIGS

Soulmusik für sensible Grübler hat die Sängerin mit spanisch-jamaikanischen Wurzeln im Gepäck. Wärme, Schroffheit, Reduktion sind die Eckpfeiler, die sich um die Gunst des Zuhörers duellieren. Ein Ausflug von Nähe und distanzierter Abgeklärtheit („Numbers“), ein süffisanter Wohlklang in „Gave Up“ – ein minimalistisch schwebendes Klanggerüst sorgt dafür, dass sich kein einzelner Bestandteil zu sehr in den Mittelpunkt drängt. Angenehm perlen, wabern und zischen die Loops und Beats und hübsch anzuhören sind die Worte von FKA Twigs allemal, die inhaltlich auch kein Blatt vor den Mund nimmt. Und doch wirkt die Musik über weite Strecken, trotz dem Gespür für Atmosphäre, als wache stets die Struktur darüber, dass das Herz nicht die Überhand gewinnt. Vielleicht auch als Kommentar zum Zeitgeist zu verstehen, Stichwort „Liebe im digitalen Smartphone-Zeitalter“. Und dann gibt es Augenblicke wie bei der hochgelobten Single „Two Weeks“, in denen sich all die dunklen Wolken auflösen und das Album pulsieren und lodern darf.

Anfangs mag es ein wenig ratlos erscheinen, da der Glanz von einigen Songs („Pendulum“, „Video Girl“, „Kicks“) sich nicht sofort offenbaren will. Nach einiger Zeit fühlt man sich allerdings wie zu Hause, wenn man „LP1“ sein Gehör schenkt. Wohlig konstruierter Pop, mit Raffinesse vorgetragen, der nicht immer zu Herzen geht, weil eine gekonnte Inszenierung von Gefühlen mit großen Gesten zelebriert wird. Mal sind es sakral Töne wie in „Closer“, die vorgetragen werden, mal ist das Bild von einem warmen Grundton geprägt wie in „Hours“ – eine gefühlvolle Steigerung, ein paar Breaks und schon freut man sich, dass es einen Song wie diesen gibt, der sich ständig selbst anhält und unterbricht, als sich einfach gehen und treiben zu lassen.

Collage

Weitere Kritikerlieblinge des Jahres 2014:
ALT-J – This Is All Yours
THE WAR ON DRUGS – Lost In The Dream
BEN HOWARD – I Forget Where We Were
ST. VINCENT – St. Vincent

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