Crossing Europe 2015: „A Blast“

Zusammenbruch der griechischen Ökonomie übertragen, auf den persönlichen Zusammenbruch von Marias´Leben.

So könnte man den Grundinhalt dieses Filmes von Syllas Tzoumerkas zusammenfassen. Doch hinter diesem Satz liegt viel mehr als sich still und heimlich auf der Oberfläche verbirgt.

Maria, die Hauptfigur, ist eine intelligente, erfolgreiche Frau, die es sogar bis in die „Lawschool“ geschafft hat. Besser, als in der öden Greisslerei ihrer Eltern zu versauern. Als Jungspund lernt sie ihren zukünfigen Ehemann Yannis kennen, der zugleich auch als Matrose arbeitet. Junge Liebe rostet nicht und somit wird auch in den Sexszenen nicht damit gespart. Lustvolle Energie umgesetzt in Kamasutra-Posen, Gestöhne, multiple Orgasmen – kurzum das höchste der Gefühle. Pläne werden geschmiedet, drei Kinderlein entspringen dem sexuellen Elan, die eher hässlichere Schwester blickt neidisch zu ihr auf.

Doch das ist alles nun Vergangenheit. Pläne für die Übernahme des elterlichen Landsitzes wurden geschmiedet und brechen zehn Jahre später in sich zusammen. Die Wirtschaftkrise tut ihr Übriges und zwingt Maria, ihr erträumtes Leben in Ketten zu legen. Mit dem Schiff auf hoher See unterwegs, „verdient“ Yannis durch den Beischlaf mit schwulen Kollegen und anderen Frauen Geld, um es nach Hause nach Athen zu schicken. Der Sex ist noch immer voller Energie, aber mehr mechanisch und hart.

Skypegespräche, Telefonate oder Handybilder der Geliebten bringen da nur wenig Trost. Maria drückt ihre große Angst und Hilflosigkeit in Aggressionen aus. Sei es beim seltenen Sex mit Yannis, in ihrer oft vulgären Sprache oder der ruppigen Art mit ihren Eltern umzugehen. Soweit, dass sie ihre drei Kinder bei ihrer kinderlosen Schwester zurücklässt, ihre beeinträchtigte Mutter vom Rollstuhl stößt, um ihr den Allerwertesten zu versohlen. Unbezahlte Steuern lassen Marias Emotionen überschäumen. Anstatt immer nur Verantwortung für alle übernehmen so müssen, will sie wieder immer mehr Verantwortung für sich selbst übernehmen. Doch diese scheint ihr immer mehr zu entgleiten. Der Vater aus dem eigenen Haus verbannt, weggesperrt mit seinem Hab und Gut in die griechische Pampa, wo er als Kurzschluss-Reaktion alles niederfackelt und von den Nachbarn daraufhin zusammengeschlagen wird. Während Maria emotional Amok läuft, die Schulden mit Yannis´Geld zahlt kommt ihre Ehemann nach Athen zurück. Verwundert über den Ernst der Lage sucht er seine Kinder auf und will Maria finden. Diese ist jedoch schon über alle Berge, durchbricht im wahrsten Sinne des Wortes Bahnen und Grenzen, und liefert sich eine Autobahnjagd mit der hiesigen Polizei. Verloren in ihrer Angst und ihren Seelenschmerzen,irrt sie zuletzt in der Gegend herum, ohne jegliches Lebensziel.

Syllas Tzoumerkas schafft es, eine politisch-wirtschaftliche Krise in Sexszenen emotional widerzuspiegeln. Charaktere d,ie an sich selber verzweifeln, weil die Umstände ihr gesamtes Lebenskonzept über Generationen in die Knie zwingen. Die fikitive Geschichte springt zwischen Szenen der Vergangenheit und des Präsens hin und her, Gedankenfetzen, Gefühlsausbrüche, so wie das menschliche Hirn wirklich wahrnimmt. Manchmal verwirrend, aber im Gesamtbild fügen sich die einzelnen Puzzleteile wieder zusammen. Die fiktive Realität spuckt einem im wahrsten Sinne ins Gesicht und lässt den Zuschauer erschrocken zurück. Großes Kino, ohne Gefühlsschnickschnack.

Ich, ein Mädel aus Linzer Umgebung schreibe liebend gerne Konzert-Reviews, Filmkritiken und so manch anderes über Kultur, Leute und dem ganzen Drumherum. Wortspielereien mit Gefühlen, die echten Tatsachen und Stimmungen sind mein Metier, in dem ich mich am Wohlsten fühle. Kultur wie sie leibt & lebt im Linzer Raum und sonstwo, am Puls der Zeit, niemals vergessen, sondern dokumentiert, hier auf subtext.at Das ist meine Welt, ahoi!