RIV 2015: ROCK’N’ROOOOLL – aber bitte die Lautstärke beachten!

Das Rock in Vienna ist vorbei, lang lebe das Rock in Vienna! Eine kleine Zusammenfassung von Überraschungen, Erwartungen und Super-GAUs der ersten Ausgabe von Wiens neuem Fest(ival)…

Die Bands

Zu aller erst mal die Bandkritik – kurz und knackig, denn sonst könnte man über die dreißig Bands eine wissenschaftliche Dissertation schreiben. Ja, es waren alle Bands da und haben mehr oder weniger pünktlich ihre Songs gespielt.

Nein, METALLICA haben entgegen dem Wunschdenken von Österreichs kratzigstem Klopapier, der ÖSTERREICH-Zeitung,  NICHT „Nothing Else Matters“ gespielt, die Welt steht trotzdem noch (zumindest in Wien). Auch wenn’s ein paar Teenies nicht wahr haben wollen. Ja, KISS waren da und haben wieder mal bewiesen, warum sie als eine der geiltastischsten Bands sowieso und generell gelten, selbst mit (geplanter?) halbstündiger Verspätung. Ja, OPETH sind nach wie vor strunzfade Weltallpoeten und bewegen sich in 45 Minuten ca. drei Zentimeter von links nach rechts und wieder retour – was aber bei gefühlten 50 °C im Schatten eh nicht schlecht ist, denn bei so einer Hitze mag eh niemand pogen, moshen, hüpfen oder sonst eine, über die lebenserhaltenden Maßnahmen hinausgehende, Bewegung durchführen.

BROILERS @ Rock in Vienna 2015, Donauinsel

Ja, BROILERS wirkten mit ihrer pre-„Noir“-lastigen Show etwas deplatziert und waren für die einen zu soft, für die anderen zu Punk und für wieder andere genau die Oi!-Version der BROILERS, die man seit einigen Jahren vermissen musste. Die Handvoll Fans konnten aber dennoch begeistert werden. Selbiges galt auch für TURBONEGRO, die mit herrlicher Homoerotik und gscheiden Ansagen (zB zu „City of Satan“: „We’re in the most evil city that spawned the most evil human on earth ….. Sigmund Freud! Because he invented Sex!“ oder zu „I Got Erection“: „Even Ladies can have boners now! We’re in the 90’s, people!“) kräftig Dampf machten. Der anwesenden Turbojugend, die unter anderem aus Göss oder dem entfernten Hütteldorf angereist war, hat’s gefallen und es wurde trotz Jeansjackerl und brütender Hitze von Zeit zu Zeit gepogt.

HEAVEN SHALL BURN @ Rock in Vienna 2015, Donauinsel

Den Super-GAU und Horrorvision einer jeden Band mussten die Thüringer Metalcore-Ikonen HEAVEN SHALL BURN erleben: einen kompletten Stromausfall, ironischerweise während „Voice of the Voiceless“, der gute 15 Minuten Spielzeit verheizte. Dennoch meisterten Fans und Band diese Prüfung mit Bestnoten. Von Fanseite wurde lautstark und leicht ironisch einfach ein Unplugged-Gig gefordert, Marcus Bischoff – Sänger von HSB – nutzte die Zwangspause für Massenabklatscherei und High Fives im Bühnengraben. Souverän gelöst, denn Jammern oder „Oida, i wü mei Göd zruck Oida! #oasch, #voidieabzocke“ schreien bringt’s ja auch nicht. Auf Facebook quittierte die Band den Vorfall mit „Tjaaaaa, da war wohl unsere show etwas zu heiss für die Kraftwerke Wiens…“ – Na wirklich, shame on you, Wien Energie!

Das Fest

So, jetzt geht’s aber mal um das Rock in Vienna selbst, denn wegen der Musik fährt keine Sau auf ein Festival. Das beweisen zumindest die üblichen besoffenen Sauproleten beim Nova oder Frequency, die zwar Ballermann-Action wollen, aber kein Budget für den Flug zum Originalschauplatz haben.

Das RIV hatte im Vorfeld schlechte Karten: finstere Prognosen vom deutschen Mutterkonzern DEAG, extravagante Preise für Tickets und generelles Akkreditierungswirrwarr. Umso positiver war dann im Endeffekt die Überraschung. Die Presseakkreditierungen waren trotzdem etwas lückenhaft weitergegeben worden und so standen Fotografen ohne Foto-Pass und Redakteure ohne Presse-Pass da, am Ende hat dann doch alles ge-pass-t und etwaige Fehler im System wurden vom PR-Team absolut fantastisch gelöst – Danke liebe Leute, so macht die Arbeit Spaß!

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Ja, die Ticketpreise waren hoch angesetzt, doch Headliner wie KISS oder METALLICA treten eben nicht für eine Steign Bier und Frankfurter auf. Und wenn nur die Hälfte der kursierenden Gage-Gerüchte stimmt, kann selbst ein Milchmädchen den nötigen Ticketpreis fürs Nullsummenspiel ausrechnen. Am Festivalgelände selbst hielten sich dafür die Preise – festivaltechnisch – in Grenzen. Vier Euro für eine kleine Pizza würde in der wirklichen Welt zwar niemand blechen, auf dem Planet Musikfestl freut man sich hingegen, nicht noch härter über den Tisch gezogen zu werden. Auch Merch gab es zu erträglichen Preisen, den üblichen Festivalschmarrn wie Bungeejumping und ähnliche sinnfreie Geldverbrennungsmethoden ebenfalls. Da kommt Freude auf, beziehungsweise heult man etwas weniger beim nächsten Kontoauszug.

Auch über ein Alleinstellungsmerkmal verfügt das RIV. Während beim Nova wahlweise Staub- oder Gatschhüpferei – in besonderen Fällen auch beides gleichzeitig – als „Atmosphäre“ verkauft wird und das Frequency mit einer zugemüllten Flusslandschaft punktet, so kann sich das RIV über den heimischen Durchschnittsgrantler, vulgo „Wiener“, freuen. Im repräsentativen Kaffeesatz der Gesellschaft, der in diversen Onlineforen herumgeistert, wurde bereits kräftig für die Einhaltung der behördlich in Stein gemeißelten Lärmschutzvorschriften plädiert. Kann ja nicht sein, dass hier ein Festl auf der Insel stattfindet und man das noch sage und schreibe zwanzig Meter weiter hört! Während METALLICA daher noch bei konzertüblicher Lautstärke Klassiker wie „Fuel“ oder „The Unforgiven II“ präsentieren konnten, so mussten an Tag 2 und 3 die Pegel gefühlsmäßig etwas runtergeschraubt werden. Schade, aber Stimmung kam trotzdem an allen Tagen auf.

Die Organisation

Und wie ist eigentlich das Drumherum gelaufen?

Dass es bei einem neuen Festival einige Kinderkrankheiten und anfängliche Orientierungslosigkeit gibt, lässt sich nicht vermeiden. Am Eröffnungstag waren sowohl Securities/Ordner, als auch der Rest der Mitarbeiter etwas planlos, wer jetzt mit welchem Bandl überhaupt wo hindarf. Eine verstärkte Einweisung vorab hätte sicher nicht geschadet.

Als dann im Verlauf des Fests alles eingespielt war, gab es jedoch kaum mehr Probleme und Fragen wurden seitens der motivierten „Stewards“ schnell, höflich und Großteils auch richtig beantwortet – nur nach dem Sinn von gewissen Aktionen, wie der Umleitung des Wavebreakerausgangs während den letzten 20 Minuten jedes Headliners, sollte man nicht fragen – das wissen die RIV-Minions ebenso wenig wie der durchschnittliche Festivaltrinker.

Was ebenfalls äußerst positiv auffiel, war die Sauberkeit des Areals. Wasserklos und Putzkolonnen sei Dank. Gerade letztere waren scheinbar unermüdlich im Einsatz um den Dreck von 60.000+ Fans wegzuräumen. Riesen Lob an diese Helden im Hintergrund!

Die Zukunft…

…und Zukunftstipps powered by subtext.at:

Obwohl im Vorfeld ein #RIV2016 bereits abgeschrieben wurde, so muss man nun ehrlich auf eine Fortsetzung von Wiens neuestem Musikfest hoffen. Jedoch mit einigen Änderungen:

Der Preis muss fallen. 200 € für einen 3-Tages-Pass sind zu empfindlich über dem heimischen Preisniveau. Wenn dadurch das Festival kleiner wird, schadet es dem RIV wahrscheinlich auch nicht. „Klein, aber fein“ ist nicht ohne Grund ein Jahrmillionen altes Sprichwort.

Die Doppelbühne muss weg. Das Konzept der parallelen, beinahe ununterbrochen bespielten Bühnen wirkt zwar auf den ersten Blick und am ersten Tag verdammt geil, doch spätestens am zweiten Tag merkt man, dass Umbaupausen auch eine prima Chance zum Runterkommen und Durchatmen sind.

Die Anrainer müssen weg! Ganz Wien muss weg! Das Festival muss aber bleiben! Die Kleingärtnerattitüde des – Kilometer weit weg wohnenden – heimischen Suderantenstadls ist nicht gut für Festivals und die relativ strikte Schlusszeit von 23:00 Uhr lässt das restliche Festivalfeeling zerbröseln. Weg mit den Anrainern, her mit dem trommelfellzerfetzenden Soundgewittern! Man kann übrigens erahnen, warum das Nova in die menschenleere Prärie gezogen ist….

Wir freuen uns jetzt jedenfalls auf das bereits geplante RIV2016 und drücken dem Veranstalterteam alle Daumen und großen Zehen, dass die Lektionen der Erstauflage sinnvoll verwertet werden können!

LIMP BIZKIT @ Rock in Vienna 2015, Donauinsel

 

Markus liefert als Teil der Wiener Fraktion von Subtext Konzertfotos aller möglichen Genres. Egal ob Hip Hop oder Black Metal - Hauptsache die Musik geht unter die Haut und drückt in den Ohren.