IAMX: leider richtig geil!

Chris Corner, ehemaliges Aushängeschild von Sneaker Pimps, hat als IAMX innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als eingeschlagen. Mit seinem mittlerweile sechsten Soloalbum, Metanoia, machte der mittlerweile in Berlin lebende Engländer samt Band auch Halt im Linzer Posthof. Und hinterließ nicht nur bei uns staunende Gesichter zurück. Scheiße, war das gut!

Der gebürtige Londoner hatte hier in Österreich schon immer relativ leichtes Spiel – mehr als sonstwo wurde IAMX hierzulande quasi immer als der beste Geheimtipp, der kein Geheimtipp mehr ist, empfohlen, wenn es um elektronische Musik gibt. Einige Jahre später veröffentlichte der ehemalige Student der Astrophysik – vielleicht sind so die (übrigens sensationell guten!) Visuals zu erklären, die im Rahmen seiner Show projiziert wurden – mit Metanoia im vergangenen Oktober seine sechste Studioplatte. Was auf Platte schon als gewaltiger Mindfuck daherkommt, vervollständigt live zu einem der intensivsten Konzerte, die Linz in den letzten Jahren sehen durfte. Ein Konzert als Beweis, dass Chris Corner nicht nur richtig gut Songs für Kino und TV, sondern vor allem für die Bühne schreiben kann.

Schon als IAMX – ohne Support, versteht sich, wozu denn auch, angesichts dessen, was folgen sollte – mit „I Come With Knives“ die Bühne erstürmen, entleert sich eine musikalische Urgewalt, die ich so noch nie gesehen habe. Die 500 Leute im Konzertsaal dürften sich dieser Meinung anschließen – konnte man doch bereits zu diesem sehr frühen Stadium des Konzertes entdecken, dass hier jeder auf seine Kosten kommt. Weiter ging es mit einer kleinen Zeitreise zurück ins Jahr 2006 mit „The Alternative“, ehe mit „Happiness“ die Singleauskopplung des aktuellsten Albums Metanoia zurück in die Gegenwart führte. Apropos Gegenwart: auch 2016 wurde deutlich, dass Österreich für IAMX ein mehr als gutes Pflaster sein dürfte. Dankbares Publikum, das diesen Donnerstagabend zu einem ganz besonderen werden ließ. Ein Publikum, das bei neuen Tracks wie „Oh Cruel Darkness Embrache Me“ und „Insomnia“ genauso schlaflos tanzt wie bei älteren wie „Spit it Out“. Ein Publikum, das geradezu nach einer Zugabe lechzte, die mit „Kiss + Swallow“ und „I Am Terrified“ auch halbwegs prompt folgte. Und auch wenn man durchaus noch gerne mehr gehört hätte, waren die eineinhalb Stunden im Rahmen dieses IAMX-Konzertes bestens investiert. Imposante, detailverliebte Visuals, harter Electro-Rock mit sphärischen Parts (selten war ein Klischee-Wort wie „sphärisch“ so gut gemeint wie hier!), ein genialer Songwriter, der samt Band Spaß auf der Bühne hatte – ein Gesamtkunstwerk eines Konzertes. Vor allem, weil hier nicht Chris Corner als Person, sondern IAMX als Gesamtwerk im Mittelpunkt stand. Ein ganz heißer Anwärter für die Top-Gigs des Jahres!

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.