Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen: Allein auf der Party!

Kennt ihr Werner Enke? Nein? Macht ja nix – bis zum vergangenen Samstagabend dürfte der gute Herr, der auch mal an der Seite von Uschi Glas in diversen mal guten, mal aber halt auch nicht so guten Filmen spielen dürfte, höchstens älteren Semestern ein Begriff gewesen sein. Heutzutage ist der 1941 geborene Darsteller, der das Wort „Fummeln“ prägte, insprirationsgebend für eine der wohl spannendsten Bands, die der deutschsprachige Pop-Markt so im Angebot hat: Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen. Im Posthof konnten sich unerschrockene Konzertgeher dann auch live ein Bild davon machen – und die, die da waren, wurden nicht enttäuscht. 

Eins gleich mal vorweg: genug waren es nicht, die da waren. Zumindest wenn man sich das Konzert der Liga der gewöhnlichen Gentlemen gönnte, die (Gott sei Dank!) so gar nix mit einem schlechten Hollywood-Schinken zu tun haben, sondern sich mit neuem Album „Rüttel mal am Käfig“ auf Tour befinden. Die Liga besteht aus dem – um keinen guten, und manchmal auch Scherz verlegenen, Carsten Friedrichs (ehemals Superpunk), der mit seiner Liga (der musikalisch großartige Philipp Morten, Drummer Heiko Franz, der ehemalige Superpunk-Kollege Tim Jürgens am Bass sowie Tapete-Records-Mastermind Gunther Buskies) gerne mal vor 25.000 Leuten spielen würde. Streicht man drei Nullen mal weg, wurde dieses Ziel am Samstagabend erreicht. Nach einem Warm-Up der „Soul of Solaris“-DJs, mit Posthof-Musikchef Gernot Kremser himself an den Turntables, wurde dann auch zur Audienz gebeten. Und eine Band, die sogar mit „Die Gentlemen Spieler“ 2012 mal den Preis für den besten Fußball-Song der Deutschen Akademie für Fußballkultur (ja, sowas gibts wirklich!), kann eigentlich nicht enttäuschen.

„Kennt ihr Werner Enke?“ wurde dann auch fast zum Beginn gespielt. Was folgt: erstaunlich gut gelaunte Musiker (auch wenn Gunther Buskies an den Keys nicht so oft was sagen darf, worüber er sich auch lautstark aufregte), Hommagen an Fußball, härteste Mädchen, versaute Heiratsanträge („Ich bin gut genug für dich“ ist dann halt doch nicht das, was die auserwählte Holde hören möchte), und Zechprellerei.  Genauso wie es endlich mal wieder einen Albentitel gibt, der nicht in stundenlangen Brainstormings durchdiskutiert wurde, sondern im Falle von „Rüttel mal am Käfig“ einfach so dämlich war, dass er kurzerhand genommen wurde. Live präsentiert sich das erstaunlich abwechselnd, stilistisch auch mal Richtung Soul abdriftend, um dann am Schluss doch wieder beim Punk zu landen. Auch die neuen Tracks von „Rüttel Mal am Käfig“ hören sich an, als hätten sie schon ewig zu den Setlists gehört. Zum Schluss gabs dann auch „Allein auf Parties“ als Zugabe – hat man sich vielleicht quantitativ manchmal doch arg allein gefühlt, war dieses Konzert qualitativ sicher das beste 30-Leute-Konzert, das ich bislang sehen durfte!

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.