Ahoi! Pop 2016: Leinen los in einer Stadt ohne Meer!

Mittlerweile ist es zu einem Fixstern der Linzer Kulturszene geworden, das Ahoi! Pop-Festival im Linzer Posthof. Das heuer dreitägige Happening bietet ein buntes Potpourri aus der Welt des, naja, sagen wir angesichts des gestrigen Abends halt mal Pop. OK Kid, Karate Andi, eRRdeKa und Alex The Flipper waren am Donnerstag, dem ersten Ahoi!-Tag, zu Gast. Ein musikalisch mutiges Programm.

Alex the Flipper machte mit einem halbstündigen Set den Anfang des diesjährigen Ahoi! Pop-Festivals im Posthof. Der gebürtige Oberösterreicher hat sich mittlerweile als Producer einen Namen gemacht, und präsentierte ein kleines DJ Set im ob der frühen Uhrzeit noch nicht wirklich gut gefüllten Saal. Kann man unter dem Prädikat „eh nett“ verbuchen – ein guter, aber nicht überragender Einstieg. Dass der Abend eher im Zeichen von Hip-Hop stand, wurde danach offensichtlich. Ist Hip-Hop also endgültig zu „Pop“ geworden? Der Augsburger MC eRRdeKA entführte jedenfalls in diese Musikwelt. „Keine Liebe“ heißt dessen Plattenfirma, und als „Rapunderdog“ hatte er dennoch keinen schweren Stand in Linz. Weite Beats, pointierte Texte – da ist ordentlich Druck dahinter. Vielleicht ist das ja auch schon „Pop“. Lässt man sich auf den Künstler ein und erweitert man den vom popkulturellen Horizont gewohnten Standard, wird man hier gut unterhalten. Nicht zufällig ist der Herr Endraß beim von Prinz Pi gegründeten Label unter Vertrag – aus dem Rapunderdog ist ein etablierter Player geworden, den man live doch ganz gerne hören möchte.

Danach zu einem Phänomen. Karate Andi. Klingt strange? Ist es auch. Passenderweise bei „Bomber der Herzen“ als Label, gab sich Karate Andi erstmals in Linz ein Stelldichein. Dass der Herr Karate mittlerweile zieht, wird dann deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass er mittlerweile Locations wie die Wiener Grelle Forelle ratzfatz ausverkauft. Was ist es nun, dieses Phänomen Karate Andi? Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Das Zipfer Bier dürfte aber genausogut schmecken wie das „Pilsator“, nachdem das Debutalbum „Pilsator Platin“ benannt war. Tracks wie „Mofa“ und „Das Kleid deiner Mutter“ muss man dann halt schon mögen. Ist man oberflächlich, überaus kritisch oder auch nur Gelegenheitszuhörer, würde man manche Passagen als „sexistisch“, „arg“ oder „unangemessen“ bezeichnen. Nunja, Battlerap ist halt so. Natürlich ist das pointiert, natürlich muss man hier auf Punchlines setzen, und natürlich setzt man dann schnell das Prädikat „scheiße“. Sieht man das Ganze allerdings mit etwas Augenzwinkern, könnte man das Pointierte doch als gut gemachte Ironie sehen. Ich tue zweiteres, das Publikum im Linzer Posthof schien zu ziemlich großen Teilen geteilter Meinung zu sein.

Nun aber zum Headliner des Abends. OK Kid. „Zwei“ heißt deren aktuelle – und, ja, richtig! – zweite Platte. Die Herren Schubert, Rech und Kühle, das „Kernteam“ rund um OK Kid, weiß, wie man einen anständigen Abriss veranstaltet. Ein Konzert, wo man zwar „Grundlos glücklich“ sein kann, dieses Glück aber einen Grund hat: eine richtig gute Performance. Egal ob gleich beim zweiten Track mit „Kaffee Warm“ einer der großen Klassiker das Publikum an sich zieht, ob „Gute Menschen“ zelebriert ist (dessen Message anno 2016 wichtiger denn je ist!), oder ob mit „Bombay Calling“ der wohl stärkste Track auf „Zwei“ und eine der wohl besten Live-Versionen der letzen Zeit gespielt wird. Das Publikum dankt es ihnen mit Textsicherheit und Tanzwütigkeit, und würde wohl auf Knien auch für OK Kid tanzen. Knappe eineinhalb Stunden Ekstase, die den Eintrittspreis mehr als nur rechtfertigen. Zum Schluss noch die Ironie am Rande: „Stadt ohne Meer“ könnte man auch auf den Ahoi!-Heimathafen Linz ummünzen. Auf vieles andere auch. Eines war an Tag Eins sicher: grau war das Ahoi! Pop-Festival an diesem Abend nicht. Ein Eröffnungstag, der sicher nicht für jeden geeignet war. Ein Eröffnungstag, der aber sicher nicht enttäuscht hat.

Foto: Andreas Wörister

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.