Andreas Kümmert: eine gelungene Überraschung!

„Der tragische Sieger beim deutschen Eurovision Vorentscheid 2015 und Gewinner von „The Voice of Germany“ 2013 folgt einzig und allein seinem Bauchgefühl.“ So der Pressetext für die offizielle Show von Andreas Kümmert, mit der er aktuell auf Tour durch Mitteleuropa ist. Der voluminöse Barde (Disclaimer: ich darf das, ich stehe dem Künstler da in nichts nach!) legte pünktlich zum Wochenbeginn auch einen Tourstopp im Linzer Posthof ein. Ein Konzert, wo zumindest Fans auf ihre Kosten kamen.

Andreas Kümmert? Das ist doch der komische dicke Typ aus der TV-Show, der dann nicht zum Songcontest gefahren ist? Ja, ist er. Und um ein für allemal eine Lanze zu brechen: es ist völlig wurscht, ob der gute Herr in einer TV-Show aufgetreten ist und dort seine Musik präsentierte, oder eben nicht. Wobei: ohne diese mehr oder weniger freiwillige Promo wären an einem Montagabend wohl keine 600 Leute in den Linzer Posthof gepilgert, um seinen Tönen zu lauschen. Doch damit würde man Andreas Kümmert unrecht tun.

Denn was der (ungefähr) 30-Jährige auf der Bühne performt, lässt sich durchaus hören. Wenn man jetzt keine überschwänglich komplizierten Arrangements bevorzugt. Eine Mischung aus Blues, R’n’B, Soul und Pop liefert der gute Herr aus Unterfranken ab. Eine Mischung, die so gar nicht in die konventionellen Mainstreamvorstellungen zu passen scheint. Klar probiert es Andreas Kümmert trotzdem. Eine Stimmbandentzündung – wegen der die ganze Tour anscheinend in Gefahr war – stoppt ihn auch nicht. Klar sitzen wahrscheinlich vor allem deswegen nicht alle Töne, aber das macht nichts. Ein Publikum, welches man im Linzer Posthof so wohl relativ selten in letzter Zeit gesehen hat, dankt ihm trotzdem jeden Takt.

Was Artists wie Andreas Kümmert auszeichnet? Die machen schon länger Musik, noch bevor sie „fame“ wurden. Auch in diesem Konzert merkte man die Natürlichkeit des Musikmachens – auch wenn, klarerweise, das Setup um eine (großartige) Profi-Backingband ergänzt wurde. „Recovery Case“ heißt das aktuelle Album, weswegen es ihn auch nach Österreich verschlagen hat. Songs wie „Beside You“ und „Reflection“ regen nicht nur zum Schmusen an, sondern klingen live überraschend viel besser als erwartet. Andreas Kümmert hat gelernt, wie man ein gelungenes Live-Konzert veranstaltet. Ein „Gehts euch gut?!“ auf dem Titel der How-To-Play-A-Liveshow-Bibel wird auch verbraten. „Silver and Gold“ als persönliches Highlight lässt ebenfalls die Pop-Herzen höher schlagen – wenn man sich auf den Artist einlässt. Aufwändige Arrangements findet man hier dann leider doch vergebens. Macht ja auch nix – für Fans gelungene Eineinhalbstunden lassen wenige Wünsche offen. Ein Konzert, das die Erwartungen erfüllte – wenn man denn welche hatte.

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.