© Markus Wetzlmayr / @wetphoto / www.wet-photo.at NO USE WITHOUT PRIOR WRITTEN PERMISSION // KEINE VERWENDUNG OHNE VORHERIGE SCHRIFTLICHE ERLAUBNIS.

DOYLE: Lovetales from the Crypt / Viper Room

Zwischen Nostalgie, Hoffnung und einem bitteren Nachgeschmack zeigte Ex-MISFITS Gitarrist und professioneller Saiteninstrumenteverprügler DOYLE WOLFGANG VON FRANKENSTEIN mit seiner egoschweinisch nach sich selbst benannten Band DOYLE, warum er nach wie vor ein wichtiger Eckpfeiler des Horrorpunks ist. Lautstarker Support kam im Viper Room dabei von DISCOPOWERBOXXX, LOCOMÖTIVE und den HOLLYWOOD GROUPIES.

Den Anfang machten vergangenen Donnerstag die Guerillaarmee „gegen das Regime der Diskotheken“, DISCOPOWERBOXXX aus dem fernen und unbekannten Land Vorarlberg. „Heavy Rock“ heißt der ungebändigte Krach, den die fünf Jungs da seit 2006 durch diverse Gehörgänge knüppeln, im eigenen Bandverständnis. Zielführender wäre eher die Bezeichnung „Old School Hardcore Thrash Punk“. Hier wird der Industriehäcksler angeworfen und mit TURBONEGRO, DANZIG, SLAYER sowie METALLICA und ein klein bisschen SEX PISTOLS für die nötige Note an Dramatik gefüttert. Wilde Mischung, sagt Ihr? Ja, schon. Passt aber ziemlich fetzig, wenn’s mit Hochdruck ans Trommelfell kracht. Mehr bitte!

© Markus Wetzlmayr / @wetphoto / www.wet-photo.at NO USE WITHOUT PRIOR WRITTEN PERMISSION // KEINE VERWENDUNG OHNE VORHERIGE SCHRIFTLICHE ERLAUBNIS.

DISCOPOWERBOXXX: Harter Old School Krach gegen das Discoregime!

Auch LOCOMÖTIVE, Österreichs Feinkost für abgefuckte Rocker und die die es nie sein wollten, knüppelten in gewohnter Manier ihren glam-versetzten Heavy Punk durch die versiffte Schlangengrube in Wiens Untergrund. Mit ein paar Augenringen mehr, als noch am Metalheads Against Racism Vol. 5, aber dafür erstarkt und unterstützt vom neuen Mann an der Leadgitarre, Josh Gillan. Auftrittstechnisch könnte man kaum meinen, dass mit Josh ein neues Mitglied auf den Brettern steht, denn die Chemie passt eindeutig. Die Songs knattern wie eh und je und da vergisst man auch mal die kurze Pannenserie während des Soundchecks.

© Markus Wetzlmayr / @wetphoto / www.wet-photo.at NO USE WITHOUT PRIOR WRITTEN PERMISSION // KEINE VERWENDUNG OHNE VORHERIGE SCHRIFTLICHE ERLAUBNIS.

LOCOMÖTIVE: der Keller füllt sich.

Den Auftritt der HOLLYWOOD GROUPIES würde man auch gerne vergessen, da sich die vier Italiener offensichtlich in der Setlist geirrt hatten. Statt dem zugegebenermaßen eh schon leicht weichgespülten 08/15-„Hard“ Rock, der auf Platte präsentiert wird, kam im Viper Room ein silangetränktes Outtake der Kuschelrock-B-Seiten mit einem vollendeten Bauchfleck zur Geltung. Das hätte man sich guten Gewissens sparen können.

© Markus Wetzlmayr / @wetphoto / www.wet-photo.at NO USE WITHOUT PRIOR WRITTEN PERMISSION // KEINE VERWENDUNG OHNE VORHERIGE SCHRIFTLICHE ERLAUBNIS.

HOLLYWOOD GROUPIES: optisch spaßig, musikalisch vergessbar.

Weniger sparsam war dann das frankenstein’sche Monster DOYLE – besonders wenn es sich an Gitarre und Meute verging. Hier mal frenetisch in die Klampfe gedroschen, dort mal einem handyfilmenden Jüngling die orthopädischen Plateauschuhe Größe 62 mit Nachdruck aufs Brustbein gesetzt. Dann wieder grantig in sein stilles Ecklein gestapft. Schwer hat man es schon, wenn der Ruhm vergeht und alle eigentlich nur noch die alten Hadern der Vorgängerband wollen. Herr DOYLE WOFLGANG VON FRANKENSTEIN, abseits der Bühne als Paul Caiafa unterwegs, hat es sichtlich satt im Schatten seines einstigen Erfolgs zu stehen und es verwunderte kaum, dass nach der regulären Setlist Schluss war. Denn Zugaben sind Extras und Extras kosten natürlich extra.

© Markus Wetzlmayr / @wetphoto / www.wet-photo.at NO USE WITHOUT PRIOR WRITTEN PERMISSION // KEINE VERWENDUNG OHNE VORHERIGE SCHRIFTLICHE ERLAUBNIS.

DOYLE: wäre ohne Alex „The Wolfman“ Story nur marginal begeisternd.

War der Gig von DOYLE also ein Reinfall? Überraschenderweise ganz und gar nicht! Denn während der do-you-even-lift-bro-Grantler angepisst herumstapfte, übernahm Alex „The Wolfman“ Story in gekonnter Art und Weise das Showruder. Der Fronter von CANCERSLUG und Teilzeitwerwolf verfügt nicht nur über den nötigen Blick eines Irren, er wirkt auch als Sympathiezentrum in DOYLE’s late night temper tantrum. Unvergesslich bleiben die herzigen Ansagen des Wolfsmenschen vor beinahe jedem Song: „The next one is a lovesong. You can dance to it if you like!“. Getanzt wurde dann natürlich – wie konnte es anders sein – hauptsächlich zu den alten MISFITS-Schlagern. Zu „Die, Die My Darling“, „Skulls“ und zum unumgänglichen aber immer wieder schönen „Last Caress“. Dafür waren die Leute eigentlich da und daran ändern auch die mit omnipräsentem DOYLE-Merch ausstaffierten Mitmusiker nichts mehr. DOYLE selbst war dabei nur eine nette Zugabe zu dem ansprechend verpackten, in höheren Tonlagen etwas schief gesungenen, MISFITS-Aufguss. Was eigentlich schade ist, denn Songs wie „Dreaming Dead Girls“ oder „Cemetery Sexx“ sind äußerst eingängige Lovesongs, zu denen man wirklich tanzen könnte. Da muss man dem Wolfman zweifelsfrei recht geben. Und der Opener und Titeltrack des noch-aktuellen Albums, „Abominator“, knüppelt richtig fies im Gesicht.

Am Ende des Abends und der nicht vorhandenen Zugabe liegt besonders ein Gedanke nahe: Dass Herr Caiafa sein Frankenstein-Alter Ego am Liebsten hinter einer Windmühle vergraben und ohne die Last der Vergangenheit fröhlich Gitarren zerstückeln würde. Wirtschaftlich wird dieser Schritt wohl nie möglich sein, denn auf Caiafa-Gigs würden nur eine handvoll der am Donnerstag Anwesenden pilgern. Und auch wenn an diesem Abend ein ziemlich bitterer Nachgeschmack bliebt, sind wir mal ehrlich: es ist dennoch einfach ein Erlebnis, wenn einer der ganz ganz Großen des Horrorpunks seine Wut an den sinistren Annihilator-Customklampfen auslässt und die – mittlerweile aus Bequemlichkeit nur noch angepickte – Devillock herumschwingt, wie der Schnitter die Sense.

Doyle Setlist Viper Room, Vienna, Austria, Abominate the World Tour 2017

Fotos: © Markus Wetzlmayr

Markus liefert als Teil der Wiener Fraktion von Subtext Konzertfotos aller möglichen Genres. Egal ob Hip Hop oder Black Metal - Hauptsache die Musik geht unter die Haut und drückt in den Ohren.