Headerfoto: Christoph Thorwartl / Subtext.at
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EIN NACHRUF AUFS BURNSIDE – Drunks, Lovers, Sinners & Saints

Sechs Monate ist es nun her, dass mit dem Burnside ein weiteres legendäres Lokal in der Linzer Altstadt und einer der prägendsten Orte meiner Jugend für immer seine Pforten schloss. Aus diesem Anlass möchte ich euch auf einen kleinen Nostalgietrip mitnehmen! Schnappt euch ein kühles Dosenbier und legt die Taschentücher bereit!

BURNSIDE FOREVER – Ein Nachruf.

Es muss irgendwann in den ersten Monaten des Jahres 2008 gewesen sein. Ich war gerade knackige 15 Jahre alt geworden, habe den Eltern die Wuchtl auf’s Aug‘ gedrückt, dass ich bei meinem besten Freund zwei Straßen weiter übernachte und habe stattdessen meine ersten Gehversuche in der Linzer Altstadt gemacht (sorry, Mama!). Wenn ich mich so recht entsinne, haftete diesem altehrwürdigen Stadtviertel, in dem die Linzer Jugend seit Generationen ihre ersten Totalabstürze erleidet, damals noch ein etwas gefährlicherer Ruf an als heutzutage. Unter all diesen engen, langgezogenen und liebenswert-versifften Lokalen, in denen ich in meinen Fortgeh-Anfangsjahren so viel Zeit verbrachte (Café Ostbahn, El Mariachi, Aps…um nur einige zu nennen) hatte eines immer eine ganz besondere Anziehungskraft auf mich und sollte sich für meine musikalische und soziale Prägung als besonders wichtig herausstellen: das Burnside.

Die heilige Pforte / Foto: Burnside Facebook Page

Ich war eigentlich gerade tief in meiner Indie-Phase. Meine absoluten Lieblingsbands waren zu der Zeit die Arctic Monkeys und Mando Diao, wenn ich mich recht erinnere. Das Burnside hingegen war in Linz das, was am ehesten einer ranzigen Punk-Kneipe nahe kam. Ein mit Konzertplakaten zugepflastertes Gewölbe, in dem es immer etwas nach Urin und kaltem Rauch roch, wenn man bereits früher am Abend hereinspazierte, in dem man sein Bier wahlweise zu Old School New York Hardcore, Deutschpunk, Parkway Drive oder Taylor Swift trinken konnte. Ich war sofort verliebt.

Das Burnside hatte auch einige luxuriöse Features zu bieten, die das Fortgeherlebnis erst richtig spektakulär machten. Der oft heiß umkämpfte Wuzzeltisch und natürlich der Computer im vorderen Eck der Bar, an dem man seine Musikwünsche in die Playlist einspeisen konnte. Obwohl, eigentlich stand eh immer irgendjemand den ganzen Abend dort rum und reihte alles vor worauf er/sie gerade Bock hatte (hab ich natürlich überhaupt nie gemacht). Auch besonders sympathisch: der Sanitärbereich. Ein gefliestes, mit Bandstickern verziertes Becken als Urinal, aus dem wohl irgendeine arme Sau regelmäßig irgendeinen Müll rausfischen musste, und ein Klo, dass nach wiederkehrenden Vandalismus-Akten einfach mit Holzbrettern verbarrikadiert wurde.

Natürlich waren es viel mehr als der schmuddelige Charme des Lokals oder die Musikauswahl die Menschen selbst, die das Burnside für mich anziehend machten. Hier knüpfte ich in meinen Teenagerjahren viele Freundschaften und Fortgehbekanntschaften. Bei manchen kann ich mich gar nicht erinnern, sie jemals außerhalb eines dieser in der Erinnerung verschwommenen Freitag- oder Samstagabende angetroffen zu haben. Andere begleiten mich noch heute. Das Burnside war auch immer ein vorzüglicher Ort, um sich sämtlichen Menschen, die in einer der härteren Gitarrenbands der Umgebung aktiv waren, über die Linzer Musikszene zu unterhalten (oder zu sudern) oder einfach ein paar Pfeffi und Vodka Heidelbeer an der Bartheke zu kippen, bis sowieso alles wurscht war.

crew love is true love / Foto: Slihs Photography

Unvergessen bleibt das „Burns“ auch für seine Vielzahl an legendären Konzerten. Egal ob Outsmarted, Back Then, die Turbobier Beisl Tour oder die jährliche Halloween-Party von CANS („Cansoween“), bei der es schon mal passieren konnte, dass eine Giraffe auf einer Luftmatratze durch’s Publikum surft. Die Tatsache, dass das Lokal für derartige Veranstaltungen eigentlich absolut nicht geeignet war – z.B. wegen der nicht vorhandenen Technik, der viel zu leisen PA, oder aufgrund der Tatsache, dass die „Bühne“ (A.K.A. das Eck wo der Wuzzler sonst stand) für fünf Menschen einfach immer zu klein war, und einer (meistens der Bassist) regelmäßig die Tür draufgeknallt bekam wenn jemand herein wollte – wurde durch die meistens ausgelassene und familiäre Atmosphäre immerzu vergessen gemacht. Außerdem war es nur an sehr wenigen Orten in der Stadt möglich, solche oft kurzfristigen und unkomplizierten Shows auf die Beine zu stellen.

Die Liste an Gründen, warum mir das Burnside fehlt, ist zweifellos eine lange und könnte an dieser Stelle sicher noch fortgeführt werden, aber ich will nicht nur wehmütig zurückblicken. Denn in den letzten Jahren war auch des Öfteren nur wenig los im Lokal meiner wilden Jugendjahre. Für viele, die vor mir kamen, ist diese Ära schon lange vorbei – und danach kam irgendwie keiner mehr nach. Vielleicht bin ich, der damals mit 15 Jahren in ein Beisl stolperte, um dort seine Liebe zu Punk Rock und Hardcore entdecken, ja auch ein Vertreter einer aussterbenden Generation. Alleine das Schreiben dieses Satzes sorgt schon dafür, dass ich mich mit mittlerweile 24 Jahren wie ein alter Mann fühle (haha). Also bleibt nur eins: Ich sauge ich die ganze Nostalgie wohlwollend auf, versuche so viele dieser bierseligen Nächte wie möglich in meinem Langzeitgedächtnis zu behalten und sage: „Lasst uns weiterziehen!“. Orte wie dieser können von neuem entstehen und Subkulturen finden immer irgendwo ein neues Nest, in dem sie wachsen und gedeihen können, ehe der ganze Kreislauf von vorne beginnt.

Irgendwo findet sich bestimmt ein Platz für meine Freunde und mich. Ganz sicher!

Drunks, Lovers, Sinners & Saints

zum Abschluss entlasse ich euch mit diesen Eindrücken von der Outsmarted Show im „Burns“ aus dem Jahre 2007 zum Song „Breaking Out“:

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.