Foto: Christoph Thorwartl

Noppen Air 2017: Kälte ist subjektiv

Kalt, kälter, Noppen Air! Letzen Wochenende fand das 22. Noppen Air im mühlviertlerischen Neußerling statt. Um die Kälte und den Schnee zu vertreiben gab es ein schönes musikalisches Aufgebot in Form von Granada, Circa Waves, Meute, Voodoo Jürgens, Nihils und vielen mehr. Rund 2000 Menschen trotzten der Kälte und feierten den diesjährigen Festivalstart.

Seit 22 Jahren gibt es nun das Noppen Air, seit mehr als zwei Jahrzehnten eröffnet dieses kleine Festival die Festivalsaison in Österreich – egal bei welchem Wetter. Ich selbst feierte letztes Wochenende mein zehnjähriges Noppenjubiläum. Ein Zeichen, dass ich schon verdammt alt werde. „Früher war alles besser“- klar ist, dass meine Lieblings-Festivalwochenenden eher weiter zurück liegen. Teils liegt es an dem Wettern oder aber auch am Line-up, dem Faktor, dass es da noch eine Camping-Stage gab, oder dass ich einfach jünger und unerfahrener war. Unvergesslich war das letzte Wochenende trotzdem.

Die schlechten Wetterbedingungen veranlassten viele Menschen dazu, ihre Tickets wieder zu verkaufen – bzw. beschlossen sie, lieber zu Hause zu bleiben. Deswegen war es trotz einem ausverkauften Noppen Air sehr angenehm. Keine langen Warteschlangen und kein zu großes Gedränge vor der Bühne. Trotz Kälte waren die Menschen in einer außergewöhnlichen Feierlaune.

Schon bei der ersten Band „Back to Felicity“ waren knapp 200 Personen vor der Bühne. Was für ein Noppen Air doch sehr ungewöhnlich ist – kommen die Meisten ja doch nicht unbedingt wegen der Musik auf dieses Festival. Nicht zum ersten Mal darf Sänger Florian Prammer das Noppen eröffnen, mit seiner ersten Band „Shapeless Letters“ stand er schon vor einigen Jahren als Erster auf der Bühne. Musikalisch hat sich hier doch einiges geändert. Weniger rockig, dafür mit mit mehr elektronischen Elementen und anderen Elementen präsentiert Flo seine „neue“ Band. Back to Felicity ist mittlerweile schon ein Begriff in der oberösterreichischen Musiklandschaft und hat den Status „Geheimtipp“ schon lange nicht mehr inne.

Weiter ging es mit The Crispies. Mit wallender Mähne und engen Röhrenjeans zeigt Sänger Tino Roman, dass Grunge noch lange nicht tot ist. Eine willkommene Abwechslung zu den Wiener Liedern, die in den letzten Jahren wieder in Mode waren. Musikalisch eines der Highlights am Noppen 2017.

Die nächste Band kannten Teile von uns dann bereits vom Vortag. Die Autonomics aus Portland/Oregon lieferten gewohnt ab. Garage Rock meets Punk – die nun schon etwas angeheiterten Menschen feierten vor der Bühne, als gebe es kein Morgen mehr. Moshpit-Regeln dürften allerdings im Mühlviertel noch nicht so weit verbreitet sein, ging es hier doch vor allem darum, seinen Nachbarn eher hart wegzustoßen als richtig abzumoshen. Als dann „All the Small Things“ als erste Quasi-Zugabe gespielt wurde, wurde einem wirklich Angst und Bange um die Gesundheit der Anwesenden. Aber, liebe Autonomics: once more a great performance!

Granada war an dem Abend zwar nicht der Headliner, aber bestimmt mit ein Grund, warum das Festival heuer ausverkauft war. Dies merkte man auch an der großen Menschenmenge, die sich plötzlich vor der Bühne versammelte. Granada ist eine Band, die es von einem kleinen Konzert in der Stadtwerkstatt auf die größeren Bühnen in Österreich geschafft hat. Zu behaupten,die Band wäre “ Eh Okay“, ist ein nettes vielverwendetes Wortspiel, aber beschreibt nicht die musikalische Leistung der Grazer Band. Songs wie „Palmen am Balkon“ oder „Wien wort auf di“ wurden in diversen Radios auf und ab gespielt und kamen somit auch am Noppen sehr gut an. So manche Menschen bewiesen auch Textsicherheit bis zum letzten Lied. Wobei für mich ein Moshpit bei so einer Band dann doch eher fragwürdig ist.

Der eigentliche Headliner wurde danach von einer Band besetzt, die man so wahrscheinlich nicht auf einem Mühlviertler Festival erwarten würde. Die Circa Waves aus Liverpool nahmen diesen ein. In ihrer Heimat längst in den musikalischen Himmel gesoßen, gelten sie hierzulande noch eher als Geheimtipp. Eines sei verraten: nicht mehr lange! Selten hat man solch einen energiegeladenenen Indie-Britpop gesehen. „Different Creatures“ heißt das aktuelle Album – und auch den Leuten vor Ort hats Spaß gemacht. Der Band anscheinend auch – Stagedives waren genauso inklusive wie der immer noch vorhandene Platzmangel vor der Bühne, der jedem Klaustrophobiker echte Probleme bereiten würde.

Bis zum Ende des ersten Tages musste ich warten, um meine Neugierde der Band „Akjela“ betreffend zu stillen. Letztes Jahr beim Sunnseitn in Freistadt musste die Band ja krankheitsbedingt absagen. Das Warten hat sich gelohnt. Zwar präsentierte sich die Band etwas anders als erwartet – aber sie passten perfekt für den Abschluss am ersten Festivaltag. Die Musik und das Licht passte zu den Temperaturen am Abend: kühle Soundkaskaden und  eisigblaues Licht umhüllten den Noppenhof.

Wer am Ende der Konzerte immer noch nicht genug hatte, oder einfach nicht zurück in das „arschkalte“ Zelt oder den ausgekühlten Campingbus wollte hatte in den verschiedenen (beheizten) Bars noch die Möglichkeit, sich warm zu halten oder weiter zu feiern. An die Menschen, die wirklich vor Ort in Zelten campten: ihr habt meinen größten Respekt! Ich persönlich verzichtete heuer lieber auf den Alkohol als auf mein warmes Bett, und fuhr in der Nacht noch nach Linz.

Taufrisch am nächsten Morgen war das Wetter immer noch nicht besser, zu dem niedrigen Temperaturen kam noch ein leichter Nieselregen/Schnee hinzu. Aber kein Grund für unser subtext on Tour-Team, das geplante Flunkyball Turnier abzusagen. Mit leichter Verspätung startete das diesjährige Turnier. Die Titelverteidiger „Team STURZ“ kämpfte, hart aber leider vergeblich um ihren Titel. Gegen das Team „schöneswetter.at“ hatte einfach niemand eine Chance, durch Treffsicherheit selbst in der letzten Runde erlangten sie zu Recht den ersten Platz. Wir gratulieren aber auch „Team STURZ“ zum zweiten Platz und Team „6hattie“ zum dritten Platz. Hier möchte ich auch noch dem Sieger des SchereSteinPapierTurniers gratulieren!

Die Verlängerung des Flunkyball-Turniers hat sich leider mit der Stagetime der Linzer Band „Portrayed“ überschnitten – so kann ich zu dieser Band leider nichts sagen. Bin mir aber sicher, dass das „Nachhören“ bei einem anderen Konzert nachgeholt wird.

Zweite musikalische Überraschung am Noppen Air war KAIKO. Die doch sehr junge Band konnte mit ihrer charmanten Art auch beim Publikum am Noppen punkten. Obwohl sie als KAIKO erst seit 2014 in der Musiklandschaft fußgefasst haben, haben sie sich schon lange von dem „Newcomer“-Status verabschiedet. Die Sängerin Kathrin Kolleritsch zog mit ihrer außergewöhnlichen Stimme das gesamte Publikum in den Bann. Jeder Song ist etwas Besonderes und wird auch mit unterschiedlichen Instrumenten begleitet – und gerade die Vielfalt in der Konstellation der Töne macht das Set so außergewöhnlich.

Das Set der Hip-Hopper von Liquid und Maniac konnte ich leider nicht zur Gänze genießen – aus zeitlichen Gründen. Das, was ich hörte, erinnerte mich stark an die Bayern von „Dicht und Ergreifend“, die letztes Jahr im Stadl performten. Mit ihrem aktuellen Projekt „Slang Funk Slam Dunk“ haben sie sich in den deutschen HipHop-Kreisen schon einen Namen gemacht, und auch hier sind sie keine unbekannten mehr. Dass HipHop so nah an der Stahlstadt immer noch funktioniert, ist nicht verwunderlich.

Unüblich bald spielte der viel gerühmte Voodoo Jürgens an dem Tag. Stagetime: 19:30. Aber wie auch schon bei Granda am Vortag war der Hof zu dem Zeitpunkt gerammelt voll. Der Künstler, der es mit einem Direkteinstieg auf Platz eins der Albumscharts schafft, hat sich auch ein großes Publikum verdient. Auch wenn Songs neben „Heite grob ma Tote aus“ sich nicht ganz so großer Begeisterung erfreuten, kann man den Auftritt für Fans dieser Band als Erfolg verbuchen.

Nihils  – mein ungeschlagenes Highlight an dem diesjährigen Noppen Air. Die drei Jungs, die mittlerweile von Innsbruck nach Berlin gezogen sind, haben dort einige neue Impulse gesammelt, die sich sehr positiv auf ihre musikalische Leistung auswirken. Seit der Indiewelle vor 3-4 Jahren hat die Band stark an ihrem Sound gearbeitet – und laut Interview, das wir mit ihnen führten, auch gefunden. Mit ihrem neuen Album „Perspectives“ im Gepäck gab es schon das eine oder andere Schmankerl, auf das man sich freuen kann. Release ist in den nächsten Tagen.

Fasziniert haben mich die Jungs von Meute – nicht nur die musikalische Leistung, sondern auch dadurch, wie so viele Menschen samt Instrumente auf die Bühne passten. Horcht man der Band nur zu, ohne das große Aufgebot an Musik ins Auge zu fassen, so glaubt man man, dass irgendein DJ-Set vor einem steht. Präzise werden die Töne an einander gereiht und ein einzigartiger Technosound kreiert – samt umgeschnalltem Glockenspiel.

Den Abschluss des Festivals machten Lenze und de Buam. Eine bayrische Band, die bayrischer nicht sein kann. Gekonnt spielen sie mit bekannten Melodien und einfachen Texten, und schaffen somit auch zu späterer Stunde das Publikum komplett zu begeistern. Hut ab, das schafft nicht jeder.

Noppen 2017. Wir sagen Danke für die gute Musik, die physische Wärme, die ihr in den Bars verbreitet habt und den ausgezeichneten Service hinter den Bars. Auch wenn es nicht zu den besten Noppen Air in meiner Liste gehört, bleibt es mir bestimmt in Erinnerung.

Fotos: Christoph Thorwartl & Andreas Wörister (Slihs Photography / Homepage )

 

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