THE SMITH STREET BAND: More Scared Of You Than You Are Of Me

Ein kurzer Atemzug. Mehr Zeit lassen The Smith Street Band nicht verstreichen, ehe sie einen mitten in die rasante Berg- und Talfahrt durch die Gefühlswelt von Frontmann Will Wagner hineinkatapultieren. Wild polternd, herzerwärmend ehrlich und höchst suchtgefährdend – den Australiern ist mit „More Scared Of You Than You Are Of Me“ ein außergewöhnliches Kunststück gelungen.

Es rumpelt und poltert wieder in down under, denn The Smith Street Band ist mit einem neuen Album zurück. Obwohl „More Scared Of You Than You Are Of Me“ fast ausschließlich entstand, während die Band auf ihren Touren um die Welt reiste, ist das Konzept des Albums und der gedankliche Input in den Songs wieder größer, durchdachter und ambitionierter geworden. Auch die Bandbreite an Instrumenten und Stilmitteln, die dabei zum Einsatz kommen, ist noch einmal angewachsen. Streicher, Bläser, gang shouts – alles da! Der Kern der Sache ist aber immer noch wilder, hymnischer Punk Rock, der Themen wie Depressionen und missglückte Beziehungen in triumphal klingende, lebensbejahende Songs mit den berühmten drei Akkorden verpackt. Die zwölf Songs der Platte sind durch einen erzählerischen roten Faden miteinander verbunden und begleiten unseren Protagonisten auf einer gefühlstechnischen Berg- und Talfahrt. In Höchstform klingt das schonungslos ehrlich und nach Leidenschaft pur. Das Herz von „More Scared Of You…“ schlägt für die Sache.

Für die Aufnahmen der Platte im sonnigen Kalifornien hat die Band auch hinter den Reglern ein namhaftes Sammelsurium an Mitstreitern versammelt. Als Produzent konnte die Band ihren langjährigen Freund und Kollegen Jeff Rosenstock gewinnen, Jack Shirley (Joyce Manor, Deafheaven, Hard Girls) war für die Technik, John Agnello (Sonic Youth, Dinosaur Jr., The Hold Steady) für den Mix und Greg Calbi (Bob Dylan, Ramones, Bruce Springsteen) für das Mastering zuständig. Das Ergebnis ist ein warmer, druckvoller Sound, der hochwertiger produziert als auf den bisherigen Platten klingt, aber der Band in ihrer Ungeschliffenheit immer noch sehr gut zu Gesicht steht.

Es fällt schwer und würde der Platte auch gar nicht gerecht werden, aus diesen 12 ausnahmslos guten bis grandiosen Punkrock-Barhymnen einzelne Stücke besonders hervorzuheben. Das witzig charmante „Birthdays“ und die No-Macho-Bullshit Hymne „Death To The Lads“ haben großartiges sing-along Potenzial. Ersteres hat auch eine der großartigsten Textpassagen des ganzen Albums auf Lager:

„I don’t mean to put the pressure on / but you’re gonna like my dad, I know you’ll love my mum / and I don’t mean to put the pressure on / got a few names for a daughter, can’t think of one for a son“.

„Run Into The World“ (mit Laura Stevenson Gastauftritt) und „Passiona“ packen ungeahnt große Momente in ihre letzten Drittel und „Suffer“ entpuppt sich als wütender Klos im Hals eines ansonsten sehr reflektierten Albums ohne große Ausreißer. Vor Jahren sang Will Wagner noch „tonight I’m getting young drunk“. Nun klingt das in „Young Once“ eher nostalgischer (erwachsener) Rückschau, ist dabei aber nicht minder herzergreifend. Vor dem Älterwerden sind wir nun mal alle nicht gefeit. Wenn dabei aber so schöne Platte wie bei The Smith Street Band rauskommen, kann dem Ganzen aber gelassen entgegen sehen. Denn die Formkurve dieser Band steigt weiterhin an und hat verspricht in Zukunft noch weitere solche kleinen Meisterstücke.

Tracklist

01. Forrest
02. Birthdays
03. Death To The Lads
04. Song For You
05. Passiona
06. Run Into The World
07. Shine
08. 25
09. It Kills Me To Have To Be Alive
10. Suffer
11. Young Once
12. Laughing (Or Pretending To Laugh)
VÖ: 07.04.2017 via Uncle M / Side One Dummy

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.