KAIKO: komplette Stille im Konzertsaal

Ja, es ist schon etwas länger her – und jetzt wo es wieder kalt wird kommen auch die Erinnerungen an das Noppen Air wieder zurück. Und an unser Interview mit der wundervollen Grazer Band KAIKO. Bei gefühlten Minus 5 Grad standen uns die Musiker*innen Rede und Antwort und erzählten uns unter anderem Details über ihre großen Wünsche, ihre Musik und ihre Vorbildrolle. 

subtext.at: Das Noppen Air ist für euch?
Georg: Ein extrem cooles Event. Also, als wir hergefahren sind, war das eine ziemliche Überraschung, dass das so aussieht. Wir haben zwar davon gehört und ein Teil von uns wollte es schon immer mal besuchen, aber ein genaues Bild von der Location und Co hatten wir noch nicht. Wir haben es halt nie hierher geschafft, deswegen ist es umso cooler, dass wir da spielen.

subtext.at: In einem alten Pressetext steht, dass ihr  der Gegenpol zum Wiener Bienenstock seid. Warum ist es für euch so wichtig gegen den Strom zu schwimmen?
Kathrin: Mir ist es egal – ich will überhaupt gegen keinen Strom schwimmen. Ich will nur die Mukke machen, die uns gefällt. Dann sollen die Leute schauen, ob es ihnen gefällt – und wenn es gut ankommt gefällt es uns, und wenn nicht, ist es uns auch egal. Es gibt keinen Strom.
Georg: Zu der Zeit, als wir das Album rausgebracht haben, war etwa auch Voodoo Jürgens am Durchstarten. Und generell sehr viel Dialektmusik. Das ist jetzt auch nicht negativ gemeint, aber wir haben da halt nie dran gedacht, mit aufzuspringen. Für uns war immer klar, dass wir bei der englischen Musik bleiben. Und dass wir die Art von Musik machen, die wir gerne machen möchten.

subtext.at: Kann man dann sagen, dass Authentizität euch wichtiger ist als Erfolg?
Georg: Auf jeden Fall.
Ines: Ehrlichkeit, und ehrlich sein.
Kathrin: Alle anderen wollen nicht ehrlich sein, nur die Ines! (lacht)
Georg: Ich glaube das ist auch die einzige Möglichkei,t um das lange machen zu können. Und dass man es auch mit sich selbst vereinbaren kann. Irgendwann kommt man ja zu dem Punkt, dass, wenn man sich verstellt, sich verkauft. Und so kann man auf langer Sicht denke ich nicht glücklich sein.
Restliche Band stimmt zu.
Philipp: Und das, was bei uns rauskommt ist das, was der gemeinsame musikalische Background und Konsens ist. Das haben wir von Anfang gemacht, da waren wir immer auf einem gemeinsamen Nenner. Wir haben gemeinsame Vorbilder, Sound-Vorstellungen und so weiter – die uns prägten und uns aber auch Motivation zur Weiterentwicklung gaben. Wir waren noch nie eine Konzeptband, die nach einem vorgefertigten Plan agierte. Entstanden sind unsere Songs ja eigentlich beim Jammen im Proberaum, den eigentlichen Sound haben wir erst beim Touren gefunden.
Georg: Genau. Das heißt aber auch nicht, dass wir jetzt stehen bleiben – wir entwickeln uns ständig weiter.

subtext.at: Weil ihr es gerade angesprochen habt: das Finden des Sounds. War das für euch ein eher längerer Prozess oder war es sehr einfach?
Kathrin: Das ist immer ein Prozess. Und der Prozess geht immer weiter, wenn man gemeinsam Musik machen will. Ich kenne niemanden, der immer auf einem Standort bleibt und sagt „Diese Musik will ich für immer machen und mich interessiert nichts anderes!“. Man hat immer Einflüsse und alles, was auf einen zukommt, fließt dann in die Musik ein. Sound verändert sich ständig. Deswegen wird sich auch unser Sound immer wieder verändern, weil wir alles mit einfließen lassen.
Georg: Aber so gesehen ist es schon sehr schnell gegangen. Also nach den ersten zwei Proben war eigentlich schon fix, in welche Richtung es gehen wird. Dadurch, dass jeder von uns seinen Input gegeben hat, haben wir schnell einen Bandsound gefunden.

subtext.at: Weil ihr jetzt öfters das Proben angesprochen habt, klingt es für mich so, als hättet ihr euch zufällig getroffen…
Georg: Thomas und Phil kennen sich schon sein Ewigkeiten und spielen schon seit Schulzeiten gemeinsam in Bands. Kathrin und Ines kennen sich auch schon seit Ewigkeiten –  dadurch, dass sie Zwillingsschwestern sind. Kathrin und Ines waren mit Thomas und Phil gut bekannt. Ich kenne den Thomas auch schon von anderen Bands und er hat mir dann die Mädls mal vorgestellt. Es ist schon irgendwie durch Freundschaft oder durch nahe Umgebung entstanden. Es gab kein Casting oder so. Durch verschiedenste Freundeskreise und Bands ist das eben passiert.
Kathrin: Georg, du weißt ja nicht, wen wir alles vor dir gecastet haben! (lacht)
Philipp: Genau, wir haben uns eben schon länger gekannt, bevor wir die Band gegründet haben. Und dann hat ziemlich schnell alles ziemlich gut gepasst.

subtext.at: Wie waren die Rückmeldungen zu eurem ersten Album „Brick by Brick“?
Georg: Wir haben ein super Feedback bekommen. Das Ganze wurde ja zum großen Teil durch Crowdfunding finanziert, das alleine ist eigentlich schon ein positives Feedback. Die Verkaufszahlen sind zwar nicht so, dass wir in den Charts oder so einsteigen könnten – aber für das, dass es unser erstes Album ist und uns erst seit zwei Jahren gibt, sind wir sehr zufrieden. Aber wir legen auf jeden Fall nach.

subtext.at: Könnt ihr euch mit der Rolle des Vorbildes auf der Bühne identifizieren? Wenn ja, wie geht es euch mit der Rolle?
Philipp: Mir ist zum Beispiel wichtig, dass ich mich nicht an Symbolen wie Alkohol oder Zigaretten bedienen muss – wie bei anderen Bands, die ich nicht nennen möchte. Ich möchte das nicht so ausleben und in dieser Hinsicht ein schlechtes Vorbild sein. Mit der Tschick auf der Bühne stehen ist nicht das, was ich machen will oder wir machen wollen.
Georg: Wir versuchen, es einfach neutral zu halten. Aber wir haben schon auch politische Botschaften in unseren Songs verpackt, wie etwa „Angst bringt nichts“.
Kathrin: Ich habe die Frage denk ich anders verstanden. Für mich geht es da nicht um die Songs selbst, sondern eher darum, wie wir auch der Bühne stehen, was wir dort sagen und wie wir uns verhalten. Ich denke sehr viel darüber nach, was ich auf der Bühne so von mir gebe. Ich möchte das schon, dass zu mir jemand aufblicken kann, so wie ich es bei anderen Musiker*innen mache. Mich interessiert, was die Musiker*innen auf der Bühne sagen, was in den Texten abgeht und wie sie sich verhalten. Ich würde mir schon wünschen, dass ich als Sängerin so wahrgenommen werde, wie ich andere Musiker*innen auf der Bühne wahrnehme. Deswegen mach ich mir auch viele Gedanken, wie ich mich präsentiere und was ich sage. Mit den Zigaretten – ich glaube, wir haben nicht alle das Bedürfnis, ständig zu rauchen, das wäre auch viel zu stressig, wenn wir rauchen würden. Aber wenn ich jetzt unbedingt das Bedürfnis hätte zu rauchen, würde ich es wahrscheinlich machen – ich will ja trotz alldem noch ich selber sein. Auch hier ist für mich Ehrlichkeit am Authentischsten. Deswegen will auch ich ehrlich sein. Und nicht nur den Mund aufmachen – sondern eben vorher nachdenken.

subtext.at: Ihr präsentiert euch also doch sehr bewusst so und macht dies mit einem Hintergedanken?
Kathrin: Ja, sind aber gleichzeitig nicht zu verkopft. Ich schreib mir jetzt kein Skript für jede Show, aber ich denke mir: „oft tief einatmen“ und denke dabei kurz nach, bevor ich was sage. Auch wenn es nicht immer hundertprozentig funktioniert – aber ich versuche es zumindest.

subtext.at: Was wäre für KAIKO ein komplett utopisches Ziel?
Georg: Weltfrieden.
Kathrin: Also privat hätte ich gerne ganz viel Geld und eine Yacht.
Thomas: Unsere Musik in die Welt hinaustragen, und neue Songs zu schreiben, unseren Sound weiter zu entwickeln und weiterhin an dem Projekt Spaß haben. Und mit der Band und der Musik Menschen zu begeistern.
Georg: Ja, aber so utopisch ist es nicht. Für mich wär ein utopisches Ziel, eine Menge an Menschen wie etwa 30.000 Personen komplett still zu bekommen und dann einen Song akustisch unverstärkt zu spielen, während die Menge leise lauscht. Das wäre für mich ein sehr schönes utopisches Ziel.
Philipp: Wenn wir eines Tages ein eigenes kleines Studio haben, wo wir uns jederzeit zurückziehen können und gemeinsam produzieren können. Und bei den Aufnahmen keinen Stress zu haben und sich da wirklich Zeit nehmen können. Wo der Fokus wirklich nur bei der Musik liegt. Und dies auch finanzieren zu können.
Georg: Dass wir alle immer Zeit haben, und dass es keine Terminkoordinierungen mehr geben muss.
Kathrin: Ich möchte noch hinzufügen, dass ich mir wünsche, im nächsten Jahr sehr gut E-Gitarre spielen zu können. Damit aus uns endlich eine echte Rock’n’Roll Band wird. Wie sich das heutzutage gehört.

Mehr Informationen zur Band findet ihr auf ihrer Facebookseite.

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