Wincent Weiss: ein Konzert gegen die Stille

Im vergangenen April krankheitsbedingt noch abgesagt, wurde das für viele lang ersehnte Konzert im Linzer Posthof am vergangenen Samstagabend nachgeholt: Wincent Weiss stand auf der Bühne. Knapp 1000 Leute waren der Einladung im bummvollen großen Saal des Linzer Posthofes gefolgt – und sahen eine opulente Produktion, die Fans mehr als nur zufrieden gestellt haben dürfte.

Einen Support an diesem Abend gab es auch – Alexander Knappe hieß der, und nicht wie noch im Programm des Linzer Posthofes angekündigt, Julia Kautz. „Ohne Chaos keine Lieder“ heißt dessen Platte, die dem klassischen Pop nach Schema F folgt. Das heißt: Gefühle, Abschied, Beziehungen und alles, was dazugehört. Musikalisch und gerade stimmlich nicht unbedingt die Neuerfindung des Pops, erntete er gemeinsam mit dem (grandios guten!) Gitarristen Tobi nach seinem halbstündigen Set höflichen, aber halt dann doch nicht überschwänglichen Applaus.

Das sollte sich danach schlagartig ändern. Also vom Applaus her gesehen. Irgendwie hat es zwar etwas Surreales an sich, wenn gut 500 weibliche Teenager in den ersten Reihen ein Konzert durch ihr Smartphone bewundern. Als – wie sich herausstellen sollte – durchaus textsichere Fans haben sie dadurch nämlich eine Show verpasst, die man, wenn man die Musik Wincent Weiss‘ mag, durchaus in die Kategorie „sehr stark“ einordnen könnte. Zumindest weiß der Herr Weiss, wie man das Publikum auf seine Seite bringt. Opulent arrangierte Lichtshow, eine durchaus angenehm präsente, aber doch stets im Hintergrund bleibende Begleitband – passenderweise alle im passenden Adidas-Outfit – sowie alles, was man für ein gelungenes Live-Set braucht. Cover-Versionen von Philipp Poisels „Wie Soll ein Mensch das ertragen“, Lieder hinten am FOH und im Publikum, ein Acoustic-Medley, das von „Bonnie & Clyde“ über „Ahnma“ bis „Mein Block“ so ziemlich alles verbrät, was die deutschsprachige Musikwelt als Goldstandard definiert, sowie immer wieder verbale Interaktion mit dem Publikum. Hut ab, da dürfte jemand gut auf die Tour vorbereitet geworden sein. Der Rest? Spielt sich durch die Discograhie des noch jungen Schaffensprozesses – von „Musik sein“ bis zu „Wenn mir die Worte fehlen“, und, zum Abschluss, ein – nicht nur musikalisches „Feuerwerk“. Zugegeben, man wird wie beim Support nicht unbedingt die Neuerfindung der Popmusik finden. Muss man vielleicht ja auch nicht. Man wird auch nicht den großen Diskurs finden, den Viele in der Popmusik ja auch oft suchen – schnell könnte man hier den Stempel „Kommerz“ hervorholen. Auch Gastro-Betreiber werden ob des oft jungen Alters der Besucherinnen nicht unbedingt glücklich werden, wenn sie die Biermenge am Ende des Abends abrechnen. Man wird radiotaugliche Songs finden, die ein großes Publikum finden – und die Leute in hiesige Konzerthallen locken, die diese wohl sonst noch nie von innen gesehen haben. Man könnte aber auch sagen, dass ein solches Konzert ja eigentlich genau das ist, was man eigentlich von einem Live-Konzert erwartet: ein kollektives Gemeinschaftsgefühl, wo alle wegen demselben gekommen waren. Nämlich der Musik Wincent Weiss‘ zu lauschen – und eine gute Zeit zu haben. Ein Großteil des Publikums hatte die auf alle Fälle, und dürfte den Advent durchaus glücklich begonnen haben. Für Fans: ein gelungener Abend!

Fotos: Christoph Thorwartl, Andreas Wörister (Homepage )

[divider]Christoph Thorwartl[/divider]

[divider]Andreas Wörister[/divider]

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.