WIENER FESTWOCHEN: Phobiarama

Wie ein düsterer Calypso steigert sich Phobiarama, die Installation des niederländischen Künstlers Dries Verhoeven, ins Ungemütliche. Dieses Projekt im öffentlichen Raum, genauer gesagt vor dem Wiener Museumsquartier, kanalisiert gesellschaftliche Sorgen unserer Zeit. Der konkrete Trigger für diese Performance, für diese „Geisterbahn der Angst“: Gefahr, konkrete wie mögliche.

Phobiarama inszeniert und bedient sich dabei bei denselben Mechanismen, die auch in unserem Alltag eine wichtige Rolle durch die Medien einnehmen. So weit, so bekannt. Unbehagen und Neugier machen sich beim Betreten des schwarzen Zeltes breit. Als Besucher findet man sich in einer Art Autodrom wieder, stets zu zweit Platz nehmend. Die Fahrt beginnt und die Bedrohung, sie fängt mit Dunkelheit an. Ein Stimmwirrwarr aus Populismusansagen, international (Trump) wie national (Strache, Kurz u.a.), ertönt aus kleinen Fernsehern wie Lautsprechern und bildet einen eher milden Auftakt. Die Bildschirme flackern, der Wagen fährt schnurstracks seine immer gleichen Runden. Die Spannung verfliegt, doch eine permanenten Anspannung stellt sich ein.

Nach einer gewissen Zeit tauchen maskierte Leute in Bärenkostümen auf. Erst vereinzelt, dann immer mehr. Diese Dichotomie ist nach wenigen Minuten schon vorgegeben. Die Fahrt wird dann schneller, wieder langsamer, die Waggons bleiben schließlich stehen. Die Masken fallen und darunter offenbaren sich neue Verkleidungen, Stichwort Coulrophobie. Dann steigert Phobiarama das Tempo erneut, wird dringlicher, bedrohlicher. Die Fahrt gestaltet sich schneller, die Musik tobt, die maskierten Gestalten tanzen sich in eine Art Trance. Eine ungeheure Intensität, die auf den Besucher einprasselt wie dicke Regentropfen. Anschließend der letzte Akt, der versöhnlich stimmende Epilog, bei dem nahezu alle Hüllen und sämtliche Maskeraden fallen. Wem schenken wir unser Vertrauen? Wie leicht sind wir beeinflussbar? Lassen wir uns von Vorurteilen immer noch leicht manipulieren? Fragen, die einem unmittelbar beschäftigen und einen aus der eigenen Wohlfühl-Nische herauskatapultieren.

Verhoeven versteht es mit Phobiarama gekonnt, Verunsicherung und Panik, die mit den Konflikten interkultureller Vermischung in unseren modernen Vielvölkerstaaten einhergehen, eine performance-mässige, provokante Entsprechung zu verleihen. Eine Installation über den Menschen und dessen Verhältnis zur Welt, der er nicht mehr trauen kann. Letzten Endes ist es die Intuition, das Bauchgefühl, welches über falsche und echte Wahrnehmung zu entscheiden hat und über reale (wie metaphorischen Bedrohungen) reflektieren muss. Eine Xenophobie haben wir auch im Verhoevenschen Schleudertrauma erfolgreich abgewehrt.

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