dicht & ergreifend: feinster bayrischer Hip-Hop beim Anorak Clubfestival

Dicke Jacken waren am 10.11. in St. Peter am Wimberg trotz des Anorak Festivals mehr als fehl am Platz. Dicht & ergreifend heizten nämlich mit ihrem neuen Album „Ghetto mi nix o“ ordentlich ein und eroberten den ausverkauften Mezzanine Club.

Eine dampfende Tanzfläche, ob vom Schweiß der motivierten Partygäste oder deren Zigaretten verursacht, ist ja im Gasthaus Höller keine Rarität. Den von Zeit zu Zeit fast blickdichten Nebel bezeichneten allerdings sogar George Urkwell und Lef Dutti, die dicht & ergreifend ihre Stimmen verleihen, als „erschwerte Bedingungen“. Zu stören schien das die teilweise weit angereisten Fans der bayrischen „Dichties“ nicht, denn die Location war von Beginn an randvoll mit dicht gedrängten Rap-Liebhabern.

Die Zeit bis zum ersehnten Auftritt von dicht & ergreifend überbrückten ein ebenfalls bayrisches Duo, genauso konträr wie harmonisch, bestehend aus Kiste und DJ Sticky – und das ziemlich erfolgreich! Zugegeben, das überwiegend männliche Publikum war ein sehr dankbares, aber die ziemlich direkten Texte gemischt mit derbem Humor schienen durchaus gut anzukommen. Diejenigen wenigen weiblichen Fans, denen die Texte doch hin und wieder zu vulgär oder die Beats zu eintönig waren, wurden definitiv durch die nicht vorhandene Schlange vor dem Damen-WC entschädigt – wahrscheinlich eine Premiere für den Mezzanine Club!

Als die fünf Musiker von dicht & ergreifend mit einem der neusten Tracks („O.N.T.H.“) die Bühne betraten, erreichte die Stimmung einen neuen Höhepunkt. Von der ersten Nummer an zeigten vor allem die zwei Jungs an den Lead-Vocals vollsten Körpereinsatz und sprangen und tanzten mit den begeisterten Fans über die Bühne. Die perfekte Ergänzung zu Urkwell und Lef Dutti lieferten DJ Spliff am Mischpult, Sir Mix a Lothar mit coolen, klaren Trompetenklängen und Goldie Horn mit einer beeindruckenden Performance an der Tuba, wodurch Mundart-Hip-Hop mit bayrischen Volksmusikklängen vereint wurde.

Dargeboten wurden neben nagelneuen Songs des aktuellen Albums („Ghetto mi nix o“) auch die immer noch aktuellen Top-Tracks aus Anfangszeiten. Wie man sein Publikum motiviert, wissen die „Dichties“ offensichtlich, denn bei „Wondadoog“ oder „Bierfahrerbeifahrer“ schaffte es keiner, ruhig stehen zu bleiben oder das Mitsingen zu verweigern. Nicht nur mit ihren Gute-Laune-Songs, sondern auch die politischen Statements, die mit oder ohne Musik vermittelt wurden, konnten die Musiker die Menge für sich gewinnen.

Und: Treue Fans werden bei dicht & ergreifend gebührend prämiert. Wer so außerordentlich textsicher ist, dass er jeden Track mit Inbrunst mitsingt, wird zur Belohnung auf die Bühne geholt und darf mit den Bayern performen; wer sich schon das X-te Konzert in Folge anhört und demnach praktisch fester Bestandteil der Tour ist, bekommt ein persönlich gewidmetes Geburtstagsständchen.

Das Publikum konnte gar nicht genug von den bayrischen Energiebündeln bekommen und holten die Musiker nach der letzten offiziellen Nummer mit lauten „Zugabe“-Rufen auf die Bühne zurück. Die letzte Draufgabe „Zipfeschwinga“ – übrigens ihr erstes Video – rundete den Auftritt von dicht & ergreifend erfolgreich ab und schickte die Fans mit guter Laune und einem Ohrwurm nach Hause.

Foto: Lisa Leeb, Gunda Winkler

Tagsüber Lehrerin und Sportskanone, nachts subtext-Journalistin, Backstage-Crew, gelegentlich auch Vorband. Cello, vocals, piano.