Hgich.T: der Wahnsinn hat einen Namen

„Jeder ist eine Schmetterlingin“ – der Name des mittlerweile fünften Studioalbums des Hamburger Performance-Kollektives Hgich.T. ist mehr als nur Programm. Vergangenen Freitag wurde einmal mehr deutlich, dass die Truppe vor allem für Eines steht: Abende, wie man sie garantiert kein zweites Mal erleben kann. 

Dass die Stadtwerkstatt an diesem Abend ausverkauft war, war schon von Vornherein klar. Dass die Stadtwerkstatt in einem Neonlicht-Spinnennetz versinken wird, auch. Dass das Publikum derart heterogen war, dann schon weniger. Neben Hgich.T gibt es wohl keine Band, die vom Underground-Sympathisanten bis zum Urfahranermarkt-Vorglüher alle Musikfans in die Stadtwerkstatt bringt. Und wohl keine andere Band schafft es, dass sich erwachsene Männer mit Neonfarben im Gesicht und Co bemalen lassen, als wären sie wieder jung. Dann ist es auch verschmerzbar, dass die Pre-Show gleich mal bis Mitternacht dauert – man konnte ja davor schon mal einige Bierchen kippen. Das braucht man erfahrungsgemäß für ein Konzert von Hgich.T auch.

Live? Brechen Hgich.T sowieso wieder alle Konventionen. Was man bei anderen Bands als „Unvorstellbar“ abstempeln würde, ist für Hgich.T. nur der Anfang. Was mit „Hauptschuhle“ und „tutenchamun“ schon vor Jahren unverwechselbar war, funktioniert auch 2019 noch. Vielleicht vor allem deswegen, weil man Goa und Trash (sic!) nur auf diese Art und Weise sympathisch rüberbringen kann. Vielleicht aber auch deswegen, weil man sich bei keiner anderen Band derartig aufgeben kann wie bei diesen Hamburger Kunstfreunden.  Für uns aber deswegen, weil der unterschwellige Sarkasmus in ihrem Schaffen noch immer unerreicht ist. Und wohl auch nie erreicht werden will. Da wird schon mal der Kaugummi für das Publikum recyclet, und mehr im Publikum auf Tuchfühlung gegangen, als diesem wohl lieb ist. Ein einzigartiges Erlebnis allemal – so einzigartig, dass wir gerne wieder in die „Church of Hgich.T“ pilgern würden, auch und gerade als Atheisten. „Heute geh ich tot“ soll ja angeblich die Abkürzung Hgich.T bedeuten – gerädert fühlt man sich nach dem Konzert mit Sicherheit. Gerädert, aber glücklich.

Foto: Katerina Steinbüchler

 

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.