Blonder Engel: himmlische Grüße aus dem Lockdown

Zugegeben: als Kulturinteressierter im Allgemeinen und Konzertinteressierter im Speziellen hat man es derzeit nicht einfach. Corona sei Dank sind Live-Konzerte rar geworden – ein kurzes Aufflackern gab es im Juni im Linzer Posthof, wo neben Folkshilfe auch der Blonde Engel am vergangenen Freitag sein Exildasein beendete. Ausverkauft, versteht sich. 

Blonder Engel, neues Album „Codex Angeli“, zwei Mal in einer Saison im Posthof, zwei Mal ausverkauft. Eigentlich eh alles leiwand, oder? Mitnichten. Denn wo vor vier Monaten 600 Leute im Saal und gemeinsam mit der Hedwig Haselrieder-Combo vier Musiker auf der Bühne standen, war der Blonde Engel dieses Mal solo unterwegs. Auch gut – halt nur vor 100 Leuten, musste doch der berühmte Meter Sicherheitsabstand eingehalten werden. Auch on stage, versteht sich, wenn Posthof-Musikchef Kremser den Blonden Engel auf der Bühne begrüßt.

Nach den online übertragenen „Quarantönen“ war es auch für den Blonden Engel die Rückkehr auf die Bühne – wobei er es mehrfach schwer hatte: Abstand ungewohnt, Texthänger (mal mehr, mal weniger absichtlich), zickende Banjos, und keine Pause im Programm. Denn indoor darf die Veranstaltung nur 90 Minuten andauern. Schade eigentlich, denn der Humor ist in der Krise beim Blonden Engel nicht verloren gegangen. Ob beim inoffiziellen Highlight der neuen Platte „Codex Angeli“ (mit Betonung auf dem „An“), der Ode an den Nintendo, und hier vor allem an Kirby, dem Ausflug zum Nummer-1-Hobby der Ö1-Gemeinde, dem „Urban Birding“, oder der Rückkehr des Lederjacken-Johnnys: das Publikum wird immer noch prächtig unterhalten von einem Artist, der in Altstoffsammelzentren Kultstatus zu genießen scheint, gilt er dort doch als Berühmtheit. Tosender Applaus nach dem wahrhaftigen Erscheinen des Engels in der Zugabe, in einer Lautstärke, die sich mindestens wie 200 Leute anhörte, zufriedene Gesichter, und die Gewissheit, dass man nach einem Live-Konzert eines mit Sicherheit vermisst: Live-Konzerte. Denn leider war es das auch schon wieder im Posthof – nach einem Auftritt von BlöZinger verabschiedet sich das Zeitkulturhaus auch schon wieder in die Sommerpause. Bis September, hoffentlich!

Fotos: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.