© Ludwig Seidl

Glue Crew: „Man spürt unsere Sehnsucht“

„Mundartpunk Forever“ heißt die neue Platte der Glue Crew, eine Formation aus Salzburg, die ihre neue Platte heuer mitten im Lockdown bei unseren Freunden von SBÄM Records veröffentlicht hat. Bei uns im Interview sprechen sie über Herausforderungen, Standby-Modus und „neues“ Live-Spielen. 

subtext.at: Hi, liebe Glue Crew! Bei euch kann man Mogelpackungen ja eher ausschließen – nach dem Motto „drin ist was drauf steht“, heißt euer neues Album „Mundartpunk Forever“ und ist Ende Februar bei SBÄM Records erschienen. Wie war bislang die Resonanz auf die Platte und wie fällt euer eigenes Resümee aus?
Wolfi:
Mit der Resonanz sind wir bislang sehr zufrieden. Viele haben uns gesagt, dass sie eine klare Steigerung im Vergleich zum Vorgänger-Album hören. Diese Wahrnehmung teilen wir auch. Wir wussten dieses Mal etwas rascher, wohin die Reise geht, und haben mit viel Freude neue Sachen ausprobiert, was man beispielsweise beim „Sommerhit“ (Bläsersatz) und bei „Marilena“ (Keyboard) hören kann.
Tom: „Mundartpunk Forever“ ist definitiv punkiger als „Straight Outta Pongau“, es gibt aber auch wieder Ausflüge in den Ska- und Reggae-Bereich, einen Song mit Rap-Feature und eine Akustiknummer. Diese Vielfalt wissen wir auch selber sehr zu schätzen.

subtext.at: Mich hat beim Hören des Albums der Nostalgiezug komplett überfahren. Endlich wieder irgendwo auf einer Festivalwiese im Kreis herumlaufen, mit Bier überschüttet werden und eine gute Zeit haben. Dieses Gefühl schwingt am Album irgendwie von vorne bis hinten mit. Ist das meine persönliche Einbildung, oder geht es euch da ähnlich?
Wolfi:
Ich denke, du hast das Album verstanden, und würde sagen, dass es unser Live-Feeling gut einfängt, alle von dir genannten Elemente vereint und von positiven Vibes getragen wird.
Tom: Wir haben das Album letzten Sommer zwischen den Lockdowns aufgenommen und in einigen Songs spürt man unsere Sehnsucht nach Konzerten und Festivals. Da war das gemeinsame Spielen auf einmal wieder was Besonderes. Es ist natürlich immer cool, wenn man mit Freunden Musik macht, aber nach einigen Monaten Abstinenz war es ein wahnsinnig gutes Gefühl, endlich wieder im Proberaum zu stehen und dann ins Studio zu fahren. Und wenn man diese Freude auf dem Album hört, freut uns das natürlich sehr!

subtext.at: Welcher Song war für euch persönlich die größte Herausforderung auf dem Album, egal ob beim Schreiben oder in der Produktion? Gibt es eine Nummer, an der euer Herz ganz besonders hängt?
Wolfi:
Ehrlich gesagt hat mich „Marilena“ recht mitgenommen. Der Song ist teilweise autobiografisch und ich konnte es anfangs kaum singen, ohne irgendwie emotional zu werden. Außerdem gibt es mehrere Versionen, Songzeilen, alternative Verse… Die letzte Textanpassung erfolgte bei der Aufnahme selbst. Dann hatten wir das Gefühl, dass dem Song irgendwie noch was fehlt und haben uns mit unserem alten Freund „Schuri“ von der Mischerei in Graz in Verbindung gesetzt, der noch das Keyboard und weitere Gitarrenspuren eingespielt hat. Von der Idee bis zur fertigen Produktion war das schon ein weiter Weg. Aber rückblickend kann man schon sagen, dass da sehr viel Herzblut drinnen steckt.
Tom: Andere Songs hingegen waren sehr schnell geschrieben. Wenn man eine Idee im Kopf hat, die sich in kurzer Zeit zu einem fertigen Song kristallisiert, ist das auch sehr schön – und vor allem weniger anstrengend. Mir liegt zum Beispiel „Manda“ sehr am Herzen, vor allem was den Text betrifft, aber auch musikalisch haben wir hier einen neuen Schritt gewagt und zum ersten Mal mit Synthsounds experimentiert, was wir in Zukunft wahrscheinlich noch weiter ausbauen werden. „Geniale Dilettanten“ finde ich auch sehr prägend, weil der Song zeigt, wo wir herkommen, wer unsere Helden sind, die trinkfesten Dichter und Sänger, die nicht singen können. Zeilen wie „Wir san koane Musiker, sondern Musikanten“ verdeutlichen, dass es uns nicht um Perfektion oder Virtuosität geht, sondern um Leidenschaft und den Spaß an der Musik.

subtext.at: Humor und Wortwitze spielen bei euch eine große Rolle – sei es in den Texten selbst, oder bei Titeln wie „I Just Called To Say I Love Glue“ – aber wie wir das von vielen Bands kennen, gibt es da oft kreative Ideen, die es nicht auf die Platte geschafft haben. Was sind eure kreativsten/witzigsten Song(arbeits-)titel, die bislang noch keine Verwendung gefunden haben?
Tom:
Wir haben vor den Aufnahmesessions zu „Mundartpunk Forever“ viel mehr Songs geschrieben als dann tatsächlich auf der Platte Platz gefunden haben, und da gab‘s immer wieder mal lustige Arbeitstitel von „Pongau Calling“ bis hin zu „This Is Pongau, Not L.A.“, aber wir wollen das Pongau-Ding auch nicht überstrapazieren, haha. Die besten Wortspiele behalten wir noch für uns, denn einige dieser Outtakes werden sicher noch das Licht der Öffentlichkeit erblicken.

subtext.at: Live spielen war ja in den letzten 12 Monaten nicht wirklich viel möglich. Bei euch kommt aber noch der Faktor dazu, dass euer Schlagzeuger dem Pongau den Rücken gekehrt hat und nach Frankfurt gezogen ist. Wird das jetzt gewissermaßen eine Fernbeziehung, oder gibt’s schon einen Plan B, wer bei euch hinterm Schlagzeug sitzt, sobald das „GO!“ kommt und die Clubs wieder aufsperren?
Wolfi:
Klar! Mit unserem neuen Schlagzeuger Benni proben wir schon akribisch. Die zahlreichen Streaming-Konzerte halfen uns dabei immens, auf ein Ziel hinzuproben. Außerdem konnten wir uns mit Andi Verstärkung an der Gitarre und eventuell in Zukunft auch am Synthesizer holen. Folglich sind wir gewappnet, wenn das „GO“ kommt.

subtext.at: Gesudert wird ja vielerorts gerade eh genug. Bleiben wir also positiv: Was war das Beste, was euch im abgelaufenen Jahr widerfahren ist? Konntet ihr irgendetwas Gutes mitnehmen?
Tom:
Ich denke, wir haben das Jahr trotz vieler Konzertabsagen gut gemeistert. Wir haben die Zeit genutzt und ein Album aufgenommen, im Sommer dann doch einige kleinere Shows gespielt und nach dem Abgang unseres Drummers Berni mit Benni schnell einen würdigen Nachfolger gefunden. Wir sind also bereit und motiviert, wieder durchzustarten!
Wolfi: Nach der Zwangsverschiebung des Album-Recordings hatten wir Zeit, an diversen Songs zu feilen. Das hat vielen Liedern sehr gutgetan und gab einigen davon noch den nötigen Schliff. Wenn ich mir manche Tracks am Album heute anhöre, denke ich mir immer wieder, wie wertvoll die gewonnene Zeit genutzt werden konnte.

subtext.at: Abschließend – wenn man ein Album veröffentlicht ist man ja für gewöhnlich voll im Tun, spielt in der Folge einen Haufen Shows, und, und, und… wie geht ihr mit diesem Standby-Modus um, in dem sich momentan alle befinden? Welche Zukunftspläne liegen bei euch in der Schublade?
Wolfi:
Wie schon erwähnt konnten wir wenigstens einige Streaming-Shows spielen. Ist natürlich nicht dasselbe, aber immerhin Bewegung! Durch die personellen Umstellungen war es nicht wirklich ein Standby-Modus, weil wir mit den neuen Mitgliedern die Songs erarbeitet haben und uns besser kennenlernen durften. Zukünftig wollen wir natürlich wieder die Bühnen rocken, mit Leuten eine gute Zeit haben und neue Songs präsentieren.
Tom: Außerdem haben wir neue Songs geschrieben, die nur darauf warten, ausgearbeitet und gespielt zu werden. Live-Termine für die nächsten Monate stehen schon und nach all den Streaming-Shows freuen wir uns schon sehr auf ein echtes Publikum, dann können wir endlich wieder in Gesichter blicken anstatt in Kameras. Das werden wir dann gebührend feiern. Auch mit einem neuen Liveset. Da wir jetzt zu viert sind, haben wir unsere musikalischen Möglichkeiten erweitert und sind zum Teil noch in der Findungsphase, wie genau wir unseren Sound weiterentwickeln werden. Man darf also gespannt sein – wir sind es auch!

Glue Crew – „Mundartpunk Forever“
Format: Digital, Vinyl, CD
VÖ: 26.02.2021, SBÄM Records
Mehr Infos hier

Fotos: Ludwig Seidl, Glue Crew

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.