Die ÖH Wahl 09 – ein Versuchskaninchen

 

Noch bis zum 22. Mai können die Studierenden Österreichs per E-Voting an den aktuellen ÖH Wahlen teilnehmen. Dem umstrittenen Projekt geht eine lange Kontroverse voraus. Ein Gespräch mit David Kriebernegg von den GRAS Graz und Lukas Lerchner von Veritas.

E-Voting – Pro oder Kontra?
David Kriebernegg: Die GRAS sind – so wie ich – radikal dagegen, weil das freie und geheime Wahlrecht nicht gewährleistet ist, weil ein unsicheres und intransparentes System verwendet wird und weil es keinen Mehrwert für die Studierenden bietet.

Lukas Lerchner: Ich bin für E-voting, da ich der Meinung bin, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen.

E-Voting bietet die Möglichkeit außerhalb der Öffnungszeiten von Wahlkabinen und ortsunabhängig eine Stimme abzugeben. Damit liegt ein Vorteil bereits auf der Hand: Studierende, die nicht an die Uni kommen können, haben eine Chance auf Mitbestimmung. Aber warum auf das Internet setzen und nicht auf die altbewährte Briefwahl, die bis heute nicht auf Universitätsebene möglich ist? Woher die Gewissheit nehmen, dass mit den Computern nicht „geschummelt“ wird?

Verbesserungswürdige Systeme
Wahlen, die bisher mit der Unterstützung von E-Voting von statten gingen, funktionierten nicht immer reibungsfrei. So musste in Finnland 2008 Regionalwahlen wiederholt werden, weil einige Stimmen nicht gezählt wurden. Dennoch setzen schon viele Staaten wie etwa die Schweiz zumindest teilweise auf ein Internetwahlsystem.

David Kriebernegg: Ich bin der Meinung, dass das System einfach noch nicht ausgereift ist. Dafür braucht es einfach viele Sicherheitsmechanismen, damit man sicher gehen kann, dass die Stimmen wirklich da ankommen, wo sie auch ankommen sollen.

Lukas
Lerchner: Die EU sagt, dass das System in Ordnung ist – und verbessert gehören alle demokratischen Systeme. Was gemacht worden ist, nachdem der Einspruch beim deutschen Bundesgerichtshof gekommen ist, dass es verfassungswidrig wäre, ist, dass man mittlerweile nachschauen kann, ob man die Stimme abgegeben hat.

Die ÖH-Wahl als sinnvolles Versuchslabor
Der österreichische Wissenschaftsminister Johannes Hahn will sich profilieren. Dazu setzt er auf eine Modernisierung im Wahlwesen und nützt dafür ÖH-Wahl als Probebühne. Während sein geforderter Ausstieg aus dem CERN nun doch verhindert wurde, scheint er mit diesem Projekt mehr Erfolg zu haben.

David Kriebernegg: So wie ich die Politik von Johannes Hahn in den letzten 2 Jahren beobachtet habe, habe ich durchaus das Gefühl, dass die Uni immer wieder für Prestigeprojekte herangezogen wird. E-Voting ist ein Beispiel nach dem Motto „die Studierenden können sich eh nicht wehren“. In diesem Zusammenhang ist die ÖH-Wahl auf jeden Fall ein Versuchskaninchen für ein unausgereiftes System.

Lukas Lerchner: Jeder Minister hat einen Profilierungswillen – sonst wäre er ein schlechter Minister. Weiters gibt es einen gültigen Beschluss aus dem Jahr 2000, dass sich die ÖH für das Einsetzen von E-Voting ausspricht. Seitdem hat es keinen Gegenbeschluss gegeben. Und was noch wichtiger ist, ist dass der so genannte „digital divide“ – dass es eben manche Menschen gibt, die mit Computer umgehen können und andere wiederum nicht – der bei den Studierenden einfach wegfällt, da auch die Uni-Anmeldungen über ein Internetsystem laufen. Damit sind die ÖH-Wahlen das ideale Versuchslabor.

David Kriebernegg hat bereits im Vorfeld angekündigt, die Wahl anzufechten, sollten sich viele Stimmen aus dem WorldWideWeb melden. Durch die fehlende Transparenz rechnet er mit guten Erfolgsaussichten. Lukas Lerchner stellt mit der Grazer Fraktion Veritas die einzige Organisation, die sich dem E-Voting gegenüber positiv äußert. Inwiefern E-Voting die Wahl und die Wahlbeteiligung beeinflusst wird sich am am 29. Mai nach Auszählung der Stimmen zeigen.

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