„Gehen sie mit mir aus, damit ich nicht alleine sterbe?“

 

08:17h, Jugendherberge Wels: lautes Gewimmel im Gang kündet von einem neuen Morgen – bzw. davon, dass in wenigen Minuten das Frühstück endet. Im Speisesaal beherrschen verschlafene Gesichter die Szene, der Kaffee ist eindeutig zu schwach. Nichtsdestotrotz – um 09:00h beginnen die ersten Screenings. Die Youki 11 Wettbewerbs-Filmblöcke eins und zwei im Rückblick.

Das früh aufstehende Volk der ModeratorInnen hat es sich schon eine halbe Stunde vor Beginn im Foyer des alten Schl8hofs Wels gemütlich gemacht und bespricht nochmals kurz den Ablauf der ersten beiden Stunden. „Zumindest die Filme, bei den die Autoren und Autorinnen anwesenden sind, haben wir schon alle gesehen“.

Der erste Block des Festivals beginnt mit einem ebenso euphorischen wie leicht verzweifelten Weckruf: „An alle, die draußen sind, bitte reinkommen! Den Menschen hier herinnen wird schon langweilig!“. Zumindest scheint dieser Wirkung zu zeigen, der Saal füllt sich tatsächlich. Gegen 09:30h belagern an die hundert filmbegeisterte Jugendlichen den großen Saal – für den ersten Tag eine durchaus respektable Leistung.

Das durchschnittliche Alter der Filmemacher und Filmemacherinnen der ersten Stunden bewegt sich innerhalb der Grenzen von zehn bis sechzehn Jahre, dementsprechend auch Qualität und Variantenreichtum der gezeigten Werke. An dieser Stelle ein kurzer Überblick – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und streng subjektiv ausgewählt, inklusive Geheimtip.

Ser du mig? Siehst du mich?

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Rollenwechsel: ein Elch am Jägerstand mitten in der Stadt mit einem Feldstecher in der Hand, böse und sarkastisch kommentiert er das bunte Treiben der Humanoiden im urbanen Raum. Plötzlich die Entdeckung – eine Elchkuh! Ohne eine weitere Sekunde zu zögern springt der Elch von seinem Hochstand und spurtet in Richtung Weiblichkeit. Wäre da nicht plötzlich der Lastwagen im Weg. Fazit: unterhaltsamer Kurzfilm auf Basis einer witzigen Idee mit einem guten Sprecher und einem dezenten Geruch nach „Publikumspreis“.

Bolzplatz
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Selbstportrait eines Jungen aus St. Pauli, der trotz Rollstuhl begeisterter Fußballfan & Spieler ist – selbst Oliver Kahn leistet sich im Film einen Gastauftritt. Faszinierend dabei der Umgang des Jungen mit seiner eigenen Krankheit: was sich anfangs wie klassisches Fankurven-Gegrölle anhört, entpuppt sich im Nachhinein als ein Lied über „Spina bifida“, das Leiden des Jungen. Gute Rezeption durch das Publikum.

J’AI FAIM

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Papercut Animation über einen hungrigen Bub, der seine Mutter mit seinem ständigen Hunger traktiert. Nachdem ihn diese aus dem Haus geschmissen hat, ernährt er sich von dem, was das ewige Eis hergibt: Robben, Eisbären und Wale. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird er von der Flut nach Japan getrieben, besiegt einen Sumoringer und schwimmt mit den von ihm verspeisten Tieren wieder zurück an den heimatlichen Herd. Verrückt und interessant umgesetzt.

Die Herren Jakobs und Schröder

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Herr Jakobs wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen. Herr Schröder wurde gerade aus dem Krankenhaus entlassen. Herr Schröder schlägt Herrn Jakobs. Herr Schröber landet im Gefängnis, Herr Jakobs landet im Krankenhaus. Fazit: kurz & gut – mit einer der besten Erzählstimmen, welche dieses Festival jemals gesehen hat.

Klischees
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„Gehen sie mit mir aus, damit ich nicht alleine sterbe?“. „Nein, ein Date zwischen uns beiden würde alle Klischees erfüllen und die Zuseher im Anschluss nur langweilen!“.

Schon die Logo Animation der hinter dem Film steckenden Gruppe „NahDran“ Productions lässt erahnen, mit welcher Perle man bei „Klischees“ Augen und Ohren füttern darf. Vom gelungenen Soundesign bis zur hervorragenden Bildkomposition, von der hintergründigen Handlung bis zu den knackigen Dialogen – „Klischees“ besticht auf allen Ebenen.

Fazit: eine Intelligente Abhandlung über Klischees und Stereotypen anhand über ihre eigene Rollen im Film reflektierende Charaktere – und einer der wenigen Filme, der seinen Soundtrack (Juno) auch wirklich verdient hat. Der Geheimtip des ersten Screeningtags.

Asmus

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Die „In-Crowd“ plant eine Alkohol- Drogenparty, die beiden Outcasts der Gruppe finden Gefallen aneinander. „Asmus“ ist zu einem gewissen Grad die Antithese zu „Klischees“: gute Atmosphäre, gelungene Bildkomposition, tolle Gespräche – und eine Handlung, die ohne Stereotype kaum überleben würde. Doch auch wenn mit Klischees von Beziehungen gearbeitet wird: der Film erzeugt vor allem durch seine Darsteller eine stimmige Atmosphäre und funktioniert.

Links & Webtips:

Foto: System Jaquelinde