Eine etwas andere Familiengeschichte
Dass Frederic Beigbeder einen Roman schreiben würde, der gänzlich ohne Drogen auskommt, war nun wirklich nicht anzunehmen. So erschließt sich ihm selbst seine eigene Geschichte erst, nachdem er wegen Koks im Gefängnis landet.
Die 48-stündige Untersuchungshaft verdankt er seiner eigenen Prominenz und einem harten Staatsanwalt mit Hang zu medienwirksamen Exempeln. Doch die zwanghafte Enge, gepaart mit Schlafentzug und Hunger, bringen den Autor erst dazu, sich Schritt für Schritt seiner eigenen Geschichte zu nähern. Meint er am Beginn noch, keine Erinnerungen an seine Kindheit gehabt zu haben, so treten Stunde um Stunde neue Bilder und Szenen aus seinem Unterbewusstsein hervor. Vom noch immer währenden Neid auf den älteren Bruder und der Trennung der Eltern bis hin zu den Erzählungen aus den Jugendjahren seiner Großeltern. Je verzweifelter seine Situation im Kerker unter dem Justizpalast wird, desto mehr reflektiert Beigbeder seine eigene Vergangenheit und setzt sich mit seiner komplexen Familiengeschichte auseinander.
Schon in Beigbeders früheren Büchern war die Grenze zwischen dem Autor und seiner literarischen Figur fließend, doch diesmal stellt sich der ehemalige Werbetexter zum ersten Mal selber ins Rampenlicht. Er erzählt überraschend unprätentiös von seiner Herkunft und seinen Gedanken zu gesellschaftlichen Umbrüchen der letzten 50 Jahre.
Für Fans von „39,90“, „Der romantische Egoist“ oder den „Memoiren eines Sohnes aus schlechtem Hause“ wohl eher ungewohnte Kost des als Skandalautor verrufenen Franzosen, aber durchaus lesenswert.
Ein französischer Roman
von Frédéric Beigbeder
erschienen im Piper Verlag
245 Seiten, Gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-492-05414-0