Love&Fist: „Wir lieben es zu übertreiben“
Love & Fist – das sind Jakob Kubizek und Stefan Deisenberger. Sie halten wenig von puristischem Songwritertum, und haben heuer am Seewiesenfest gleich zwei Mal das Publikum unterhalten. subtext.at hat sie natürlich vor das Mikrofon gebeten und herausgefunden, dass opulente Inszenierungen nicht immer positiv enden müssen.
subtext.at: Für all jene, die euch nicht kennen – stellt euch doch bitte mal selbst vor.
Jakob Kubizek: Wir sind zwei Schulfreunde – mehr oder weniger – die nicht miteinander in die Schule gegangen sind.
Stefan Deisenberger: Eigentlich hab ich Jakobs Vater ja schon vor ihm gekannt. Der war mal Lehrer in einer Supplierstunde bei mir gewesen. Dadurch war mir der Name Kubizek ein Begriff – Jakob hab ich dann mal in einem Jugendzentrum kennen gelernt. Im Sinne von „13 Jahre alter Sohn eines Lehrers, den ich in einer Supplierstunde gehabt hab“.
Jakob Kubizek: Ich hab ihn dann gefragt, ob er mit mir Keyboard kaufen geht. Das war der Start unseres gemeinsamen Musikmachens.
subtext.at: Das heißt, dass Love & Fist eher auf Zufall beruht?
Jakob Kubizek: Gesucht haben wir uns nicht, nein. Wir haben uns leider gefunden (lacht).
subtext.at: Beliebt ist ja auch die Frage, was ihr eigentlich an Musik so macht. Wie würdet ihr das jemandem erklären, der in seinem Leben noch nie Musik gehört hat?
Stefan Deisenberger: Wir erzählen eine Geschichte in Liedform. Singer/Songwritertum, teilweise opulent arrangiert, teilweise nicht opulent arrangiert. Auf jeden Fall nicht nur Gitarre und Stimme, sondern inszeniert.
Jakob Kubizek: Unser Labelchef sagt immer „orchestraler Folk mit Italo-Pop-Einflüssen.“.
Stefan Deisenberger: Das stimmt aber auch nicht. Wobei, wenn ichs mir recht überlege (lacht).
subtext.at: „ Orchestraler Folk mit Italo-Pop-Einflüssen“ – wie darf man sich das als unbedarfter Zuhörer vorstellen?
Stefan Deisenberger: Naja, wir haben mit der aktuellen Platte versucht, absichtlich das schwierige Thema „Kitsch“ zu kokettieren. Wir lieben beide italienischen Schlager und haben das zu kokettieren versucht. Das zieht sich zwar nicht komplett durchs Album, ist aber ein wesentlicher Aspekt.
Jakob Kubizek: Wir lieben es zu übertreiben. Das klassische Singer/Songwritertum ist mir oft sehr viel zu fad.
subtext.at: Was ist das „Fade“ daran?
Jakob Kubizek: Die Bescheidenheit. Man stellt sich mit einem Strickpulli und Gitarre hin und spielt seine Lieder. Das kann zwar dann auch richtig gut sein – ich höre ja selber auch sehr viel in diese Richtung – aber es ist mir dann doch immer zu „fad“.
Stefan Deisenberger: Zu fad insofern, als dass man in den letzten zwei Jahren übersättigt worden ist. Das hat einfach jeder gemacht, kommt mir vor. Das ist per se nichts Schlechtes, wenn sich jemand mit Gitarre hinstellt und Lieder singt. Wenns aber jeder tut, wird es mit der Zeit langweilig. Dann muss ich mir überlegen, eine Form zu finden, die das anders transportiert.
subtext.at: Stichwort „es tut jeder“ – ist die Szene schon zu übersättigt?
Stefan Deisenberger: Das traue ich mir nicht zu bewerten. Jeder, der glaubt, es machen zu müssen, soll das auf alle Fälle tun. Ich kann nur für mich als Zuhörer sprechen, dass mich das auf Dauer langweilt. Ich lege auch großen Wert auf die Verpackung und Inszenierung. Ich finde es besser, dass jemand auf die Bühne geht und dann jemand anderes ist als derjenige, der er als Privatperson ohnehin schon ist.
subtext.at: Das heißt, dass das Wohnzimmer-Konzert-Feeling nicht so das deine ist?
Stefan Deisenberger: Nicht in dieser Formation, glaube ich.
Jakob Kubizek: Diese Jungscharlager-Atmosphäre ist etwas, das grundsätzlich schon nett sein kann, aber auf einer anderen Art und Weise total beengt und auch unehrlich ist, weil man ja nicht „Freund“ mit jedem ist. Es geht auf jeden Fall auch darum, in die Inszenierung inverstiert. Man soll nicht abgehoben sein, aber doch eine Abweichung der realen Welt erzeugen. Es soll mehr sein als gemeinsames Am-Lagerfeuer-Sitzen und Händchenhalten.
subtext.at: Eure „worst experience“ bei einem Konzert bislang?
Stefan Deisnberger: Ich kann da jetzt nur für mich sprechen. Wir haben unsere CD-Präsentation im Wiener Konzerthaus gemacht. Das war ursprümglich meine Überlegung – und an der bin ich dann grandios gescheitert. Das war opulent arrangiert, es sind 40 Leute auf der Bühne gestanden, mit Horn und Bläsern. Das war ein kompletter Scheiß. Jetzt sind wir zu dritt und es ist super (lacht).
subtext.at: Ihr seid also doch wieder puristischer geworden?
Jakob Kubizek: Naja, was heißt puristischer…. Der Stefan spielt halt drei bis vier Instrumente gleichzeitig – insofern schaut Purismus anders aus. Beim Versuch im Konzerthaus war uns aber auch von Anfang an klar, dass das scheitern kann. Man hat halt nicht die Zeit gehabt, das ewig zu proben – das Geld natürlich auch nicht. Es hat zwei Proben gegeben und dann das Konzert gespielt. Es war nicht schlecht, aber nicht das, was wir uns gewünscht hätten.
Stefan Deisenberger: Wir haben uns gewünscht, dass das Releasekonzert eine Party nach dem Produzieren des Albums wird. Das ist dann in eine Heidenarbeit ausgeartet, und dann habe ich mich so unwohl gefühlt wie lange nicht.
Jakob Kubizek: Wir fürchten uns aber nicht vor dem Scheitern – das ist uns auch bewusst.
subtext.at: Zum Abschluss: Ein Album, das ihr nicht mehr hören könnt?
Stefan Deisenberger: Ich kann jetzt nur Alben nennen, die man sich von Vornherein nicht anhört.
Jakob Kubizek: Zum Beispiel?
Stefan Deisenberger: Es gibt sicher keinen vernünftigen Grund, sich DJ Bobo anzuhören. Massive Attack geht auch gar nicht mehr.
Jakob Kubizek: Ja, stimmt, das kann ich auch nicht mehr hören.
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Foto: Andreas Kepplinger