Chill-Ill: „Musik ist für mich eine Selbsttherapie“

Auch abseits der Hip-Hop-Hauptstädte Linz und Wien gibt es in Österreich talentierte Rapper. Einer davon ist der St. Pöltner Chill-Ill, der nach seinem Debutalbum „Für Körper und Seele“ vor kurzem seine neue EP „Rhode Trip“ veröffentlicht hat. subtext.at hat ihn zum Interview gebeten.

subtext.at: Nach „für Körper und Seele“ erschien mit „Rhode Trip“ die neue EP. Was sind die größten Änderungen, wenn man sich die zwei Platten ansieht?
Chill-Ill: Wenn man die zwei Platten vergleicht dann ist grundlegend mal der Sound ein anderer, den man denk ich von mir nicht so kennt bzw. erwartet hätte. Und, dass die EP natürlich rein Instrumental ausfällt, bis auf den Bonus-Remix. Aber vergleichen kann man die zwei Tonträger nicht wirklich miteinander. Die RhodeTrip EP ist für mich als kleines Nebenprojekt zu betrachten und ich hab das auch bewusst so produziert und wollte mal aus dem typischen HipHop-Rahmen ausbrechen. Beide Releases stehen also für sich.

subtext.at: Nenne mir bitte einen Grund, warum man diese EP besser NICHT hören sollte.
Chill-Ill: Wenn man kein Fan von Instrumentaler, loop-basierter Musik ist od. diesen warmen Rhodes-Piano-Sound garnicht mag, dann sollte man auch die Finger davon lassen. Prinzipiell ist es aber für viele Zielgruppen und Altersschichten zugänglich, soweit ich das jetzt von den Verkäufen beurteilen kann (lacht).

subtext.at: Nach der EP soll wieder ein Album anstehen – wie weit ist dieses chon fortgeschritten? Wann kann man ungefähr damit rechnen?
Chill-Ill: Yes, eigentlich arbeite ich gerade an 2 Rap-Alben paralell. Wobei das erste Projekt, das erscheint, wird sich „Aus Aundara Aunsicht“ taufen und das hat auch gerade mehr Priorität. Wie man schwer erahnen kann wird von meiner Wenigkeit gänzlich in Dialekt gerappt und das meiste wird auch wieder von mir produziert. Sowohl beat- als auch rapmässig wirds diesesmal aber auch ein paar Features geben, anders als beim Debütalbum. Es wird zwar wieder sehr samplebasiert, diesesmal dafür etwas rauer bzw. auch bisschen jazziger ausfallen als der Vorgänger. Auch von den Themen her wird es sehr vielseitig. Ungefähr die Hälfte ist jetzt fertig, einiges ist aber noch zu tun und gehört noch aufgenommen. Da mich aber die Muse fast täglich küsst bzw. fast schon vergewaltigt und die Motivation sehr hoch ist, hoff ich dass ich das Album heuer noch veröffentlichen kann! Wobei ich nichts versprechen will, denn diesen Fehler machte ich beim ersten Album schon (lacht). Auf jedenfall passiert gerade einiges und man kann gespannt sein. Ein paar bekannte Gesichter die man aus der Szene kennt werden vertreten sein. Und das eine od. andere „Geschenk“ wirds vorm Release auch noch geben! Also dran bleiben!

subtext.at: Wird das Album nach deiner „musikalischen Selbsttherapie“ wieder etwas „straighter“ werden?
Chill-Ill: Straighter würd ich garnicht sagen. Wobei’s natürlich wieder rein HipHop wird und mehr in die BoomPap-Richtung geht. Aber wie oben erwähnt wirds von den Themen her etwas rauer bzw. von der Schreibweise und dem Inhalt auch etwas anders. Man wird ja älter, reifer und entwickelt sich weiter, diverse Einstellungen und Ansichen ändern sich mit der Zeit – eben „Aus Aundara Aunsicht“. Und Musik ist für mich bei jedem Projekt eine Art Selbsttherapie oder Ballastabwurf, wie man so schön sagt. Dass war jetzt nicht nur bei „RhodeTrip“ der Fall, da war es sogar eher mehr der Drang zu neuen Klängen um bisschen Abstand zum eigentlichen Sound den man macht zu gewinnen, sodass man aber trotzdem noch seine eigene Handschrift hinterlässt. Aber jetzt wo ich viel schreib für’s nächste Album, wo auch teilweise sehr persönliches verarbeitet wird, ist das eigentlich noch mehr „Selbsttheraphie“ als es bei der RhodeTrip-Produktion der Fall war.

subtext.at: Siehst du nicht auch Nachteile darin, fast alles selber zu machen (Producer, MC, etc.)? Wie kann man das alles noch unter einen Hut bringen?
Chill-Ill: Ja, dieses Thema beschäftigt mich auch schon länger und bringt mich öfter zum Nachdenken. Einerseits ist es natürlich super, wenn man alles selber macht und unabhängig ist, aber oft wär man auch wieder froh wenn man gewisse Sachen ablegen könnte und sich wer anderer darum kümmert. Und genau da sind wir beim springenden Punkt – ich geb eigene Sachen ungern aus der Hand, denn ich hab vor etlichen Jahren schlechte Erfahrungen gemacht. Das war in der Zeit wo mein erstes Album am Entstehen war und ich dieses Ziel verwirklichen wollte und da haben etliche Zusammenarbeiten nicht funktioniert bzw. war es dann mit der Zeit einfach frustierend zuzusehen dass nichts passiert. Darum hat der Prozess beim ersten Album auch so elendslang gedauert. Und daraus hab ich dann einfach die Konsequenzen gezogen . Das war der Grund warum ich angefangen hab alles selber zumachen und auch zu organisieren. Mittlerweile mach ich einfach alles sehr gern und es ist normal für mich. Vorallem kann man immer je nach Lust und Laune machen was einem mehr taugt, dass sehe ich wieder als Vorteil. Aber wie gesagt, es ist schon so, dass ich mir hin und wieder denke, dass ich mich mehr auf eine Sache konzentrieren sollte um vielleicht gewisse Skills noch mehr auszubauen. Aber ja, wie man so schön sagt ist man dann oft „mit einem Arsch auf 15 Kirtog“ und gewisse Dinge dauern dann dementsprechend länger wenn man das meiste selbst macht. Aber ich hab mich an das gewöhnt und häng da schon so drin. Wobei das neue Video zur EP  z.b. von zwei guten Freunden geschnitten worden ist, da ich im Visuellen-Bereich nicht so bewandert bin. Oder wenns ums Mixing und Mastering geht – da muss ich auch auf andere Leute zurückgreifen. Somit gibts da doch noch ein paar Bereiche die mir nicht so liegen (lacht).  Und in den letzten Jahren haben sich doch etliche, wichtige Connections ergeben mit diversen Artists oder etwa der Basic-Sound-Band und viele viele mehr, dass ich wirklich sehr zu schätzen weiß und die auch wirklich hilfreich waren und sind!

subtext.at: DJ-Show oder Show mit Liveband – was ist dir lieber?
Chill-Ill: Man kann es schwer vergleichen. In letzter Zeit hab ich wieder sehr viele DJ-Shows gespielt, das hat natürlich schon einen gewissen Vibe, wenn man wirklich die eigenen Instrumentals aus den Speakern hört und damit die Leute beschallt. Man kann auch etwas vielseitiger sein bei der Programmauswahl. Bei der Show mit Live-Band herscht wiederrum eine ganz andere, mächtigere Energie, es wird alles viel dynamischer und es tut sich mehr auf der Bühne. Jeder pusht jeden in irgendeiner Form hoch, ist ein ganz eigenes Gefühl und ich liebe auch den Live-Sound. Kanns kaum erwarten dass ich mit den Burschn wieder auf der Bühne stehe und wir ein neues Programm präsentieren können! Im Herbst gibts nach einem Jahr Pause mit Band wieder ein paar Gigs!

subtext.at: Man wird ja oft nach dem besten Konzert ever gefragt. Was aber
war dein bislang beschissenstes?
Chill-Ill: Da ich echt schon einige Konzerte gespielt hab muss ich da jetzt ganz tief wühlen und überlegen….echt schwierig… vielleicht die ganz ersten Auftritte, die schwierigen Hürden damals, dass man sich irgendwie in der Szene etabliert, da waren schon ein paar Einfahrer dabei. Wenn ich aber so recht überleg, würd ich aber sagen dass es kein beschissenes Konzert gibt, da du immer irgendwie Leute erreichst und es für einen selbst immer eine Bereicherung ist. Man lernt immer, auch von schlechten Erfahrungen!

subtext.at: Ein Album, das du auf keinen Fall mehr hören möchtest?
Chill-Ill: Zum Glück hatte ich besagtes Album noch nie in den Fingern. Vielleicht hab ich ein gutes Händchen und bin bisher immer auf gute Musik gestossen und weiß genau wonach ich suche od. mir kaufe. .haha. Nein, keine Ahnung, Sorry, spontan fällt mir jetzt wirklich kein Album-Titel ein, ich denke sowas nennt man dann Verdrängung (lacht).

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Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.