Himmlischer Unfrieden

Weihnachten ist das Nonplusultra aller Familienzerstörungsfeiern. Bei keiner anderen Zusammenkunft fallen die Undinge der Verwandschaft so sehr ins Gewicht wie dieser Tage. Und die Mordeslust steigt. Jedes verdammte Jahr.

Zuallererst natürlich: Frohe Weihnachten! Nachträglich und vorträglich. Denn in Wahrheit haben wir es ja noch nicht hinter uns. Das Beste wäre wohl: kurz vor der Bescherung erst anzureisen und noch vor dem Auspacken der Geschenke wieder auf den Weg in Richtung anderswo sein. Dann hat man wahrscheinlich gar nicht die Zeit, sich ausgiebig zu streiten. Diese Back-to-Family-Tradition, alle Jahre wieder, ist zwar während all der anderen Ferien vollkommen in Ordnung … zu Weihnachten verfehlt sie aber eindeutig ihr Ziel.

Womöglich spreche ich auch nur für meine Familie. Sie ist ein ganz besonderes Exemplar des vollends bösartigen Durchschnitts. Zugegeben: der Heilige Abend war okay, besser, als ich es nach all dem Trara erwartet hatte. Doch am Ende des Fünfundzwanzigstens blicke ich ganz grantig und ungemütlich aus der Wäsche. Die Verwandschaft ist weg, im Haus herrscht vorsorgliches Schweigen und die Kekse schmecken auch nicht mehr so toll wie damals.

Weihnachten gehört abgeschafft. Das ist doch bitteschön Folter par excellence. Es ist ja beinahe schon so wie Fasching: Ungesunde Freundlich- und Fröhlichkeit, nur mit viel weniger Alkohol, leider. Weiß man eigentlich, was da von einem verlangt wird, die Adventzeit streitfrei zu verbringen. Überhaupt ist zu Weihnachten doch alles irgendwie nur Fassade.

Aber lassen wir das. Ich will hier keine Weihnachtskrise heraufbeschwören. Es ist schon gut so. Solange man 365 Tage 280 Tage mehr als die Hälfte des Jahres streitfrei verbringen kann, sind Konflikte mit der Familie schon ganz okay. Ich mag Weihnachten. Wirklich. Doch für nächstes Jahr muss sich etwas ändern. Vielleicht beginne ich schon jetzt, es zu planen. Dann würde aber alles anders werden.

Ich würde mir im Wohnzimmer meiner Eltern einen gemütlichen Platz suchen, die Kerzen am Christbaum anzünden, meine Spotify-Weihnachtsplaylist starten, und nach und nach dürften die Leute zu mir kommen, 5-10 Minuten mit mir reden (aber definitig keinen Smalltalk), dann müssen sie mir noch die Geschenke überreichen und wenn sie wollen, lasse ich sie auch die Bratwürstel und das Sauerkraut kosten. Dann wäre die Bescherung nicht zu lange, Weihnachten wär schön (zumindest für mich) und zum Streiten wäre auch keine Zeit. Wer ist dabei?

Nein ernsthaft: Schöne und ruhige Tage, wünsch ich euch! Ruht euch aus, tauscht brav um, und stürzt euch in den nachweihnachtlichen Einkaufstrubel. Und vergesst nicht: in 6 Tagen geht das Jahr zu Ende. Gehabt euch wohl, und freut euch schon auf die Neujahrs-#momentaufnahme!

29 Jahre alt - Literarischer Blogger (Neon|Wilderness), Autor ("Volle Distanz. Näher zu dir"), Medienblogger (dominikleitner.com), Printschreiber (MFG Magazin), freier Journalist (u.a. BZ), CD-Kritiker (subtext.at) und Detektiv (365guteDinge)