AURA DIONE: „Wir neigen dazu, Dinge ständig miteinander zu vergleichen“

Für ihr aktuelles Album „Before The Dinosaurs“ hat die Dänin Aura Dione tief in die Trickkiste gegriffen. Sie inszeniert sich als selbstbewusste Eva, die geradezu darauf erpicht ist, den verbotenen Apfel zu probieren. Und weil das alles so schön ist, müssen auch die Indianer dran glauben. Warum die Evolutionstheorie nicht mit einflechten? Nichts muss, alles geht. Ein bunter Mix, der da aufeinandertrifft. Ein Album, dass wesentlich zugänglicher ausfällt als all seine Teile.

Dione ist sicher ihrer bewusst, weiß, dass sie im Rampenlicht steht und weiß auch damit umzugehen. Sie feiert Musik, Freundschaft, Individualität und Girl-Power, wie sie im Interview mit subtext.at verrät.

subtext.at: Aura, momentan gibt es eine Handvoll Frauen, die den Pop dominieren. Du stehst ebenfalls an der Spitze dieser Bewegung. Hast du dir mal darüber Gedanken gemacht?
Aura Dione: Vielleicht hat es einfach mit der Zeit zu tun. (überlegt kurz) Es erinnert mich an die Frauenbewegung der 70er Jahre, als sie ihre BHs verbrannt haben. Mir gefällt es, wie die Zeichen stehen. Starke Frauen stehen an der Spitze des Pop. Das finde ich toll.

subtext.at: Gleichzeitig tendiert man dazu, alle in einen Topf zu werfen.
Aura Dione: So läuft es eben im Pop-Biz, so funktioniert das Geschäft. Die Leute bilden sich schnell eine Meinung über dich. Ich habe mich geehrt gefühlt, als ich mit anderen, tollen Künstlerinnen verglichen wurde. Am Ende ist es das, was es ist. Wir neigen nun einmal dazu, Dinge ständig miteinander zu vergleichen. Damit können wir besser umgehen und wir bekommen ein besseres Verständnis dafür.

subtext.at: Bei der diesjährigen ECHO-Verleihung hast du mit anderen starken Sängerinnen wie Dionne Bromfield und Caro Emerald „Valerie“ von Amy Winehouse performt.
Aura Dione: Ich bin immer dankbar dafür, wenn ich etwas zurückgeben kann. Amy Winehouse zählt auch für mich zu den größten Künstlerinnen der letzten Dekade. Ich habe zugestimmt, bei diesem Tribut mitzumachen. Es hat Spaß gemacht, ihren Song zu singen und ihr Respekt zu zollen.

subtext.at: Verfolgst du, was angesagt ist und was nicht?
Aura Dione: (überlegt) Ich muss zugeben, dass ich sehr neugierig bin. Ich verfolge schon, was da draußen passiert. Mode und Kunst interessieren mich ebenfalls sehr stark. Ich bin immer hungrig nach Neuem, ich möchte wissen, was um mich herum in der Welt vor sich geht. (überlegt) Ein Teil von mir will immer wissen, was das nächste große Ding sein wird, weil es so aufregend ist. Meine Inspiration ziehe ich aber nicht von anderen Musikern, sondern von meiner Familie und meinen Freunden. Ich versuche, jeden Moment voll auszukosten.

subtext.at: Ist das, was du tust, feminin?
Aura Dione: Feminin? Ganz sicher nicht (lacht). Wenn ich auf der Bühne bin, in meinen High Heels und in den glitzernden Kleidern, dann ist das natürlich schon sehr weiblich und kommt dem am ehesten nahe. Trotzdem fühle ich mich manchmal wie eine Art Jäger. Ich bin mit Brüdern aufgewachsen, deswegen bin ich nicht typisch weibisch. Sie haben mich immer herausgefordert, sie waren älter als ich, ich musste mich immer beweisen. Ich habe mich nie wie das süße, kleine Mädchen gefühlt. Ich bin lieber auf Bäume geklettert und bin wild rumgesprungen wie meine Brüder. Das ist wohl ein natürliches Element von mir.

subtext.at: Hast du eine Definition, was es heutzutage bedeutet, eine Feministin zu sein?
Aura Dione: Ich würde mich persönlich nicht als Feministin bezeichnen. Ich bin ein menschliches Wesen. Das reicht mir. Das ist auch das Wichtigste – das du deinem Herzen folgst. Finde heraus, welche Grundwerte dir wichtig sind und richte dich danach. Ich denke nicht über Rassen nach, auch nicht darüber, ob man jetzt schwul, lesbisch, ein Mann oder eine Frau ist. Wir sind alle eins, wir alle haben die gleichen Bedürfnisse.

subtext.at: Was inspiriert dich zu deinem Look, der ja doch sehr auffällig und ausgefallen ist? Bunte Kostüme, viel Make-up…
Aura Dione: Ich bin von Natur aus sehr spielerisch und ausgelassen. Ich liebe Farben und ich liebe es, Geschichten mit den Kostümen und mit der Kleidung zu erzählen, die ich trage. Im Alltag funktioniert es im Grunde ja nicht anders. Wenn wir auf Beerdigungen gehen, tragen wir Schwarz, zu Hochzeiten die Farbe Weiß. Ich versuche, jeden Tag bunte Farben zu tragen, weil sie mir Kraft geben. Es geht mir immer darum, eine Geschichte zu entwerfen, sei es in einem Song, auf der Bühne oder in einem Video. Creating a world inside the world.

subtext.at: Wird dir oft vorgeworfen, ein Hippie zu sein?
Aura Dione: Nun, eigentlich nicht. Ich bin, wie ich bin (wirkt etwas müde).

subtext.at: Gab es jemals den Moment, wo du gedacht hast, dass die Leute ein Image von dir haben und du das auch nicht mehr los wirst?
Aura Dione: Nein, weil ich nicht in den Köpfen anderer Leute hineinschauen kann. Ich bin Herr meines eigenen Kopfes, nicht von anderen Leuten. Was andere denken, kann ich selbst nicht beeinflussen. Nur ich kann mich in eine Falle locken. Zum Glück bin ich generell sehr offen und aufgeschlossen. Es ist wichtig, sich selbst nicht zu limitieren und sich nicht einzuschränken. Lerne und wachse innerlich. Es kann sehr schmerzhaft sein, aber das gehört nun mal dazu. (überlegt kurz) Nein, ich habe mich nie so gefühlt. Ich fühle mich frei.

subtext.at: Was ist das übergeordnete Thema deines aktuellen Albums „Before The Dinosaurs“?
Aura Dione: Ich! Das Thema des Albums bin ich (lacht)! Der Apfel symbolisiert für mich Frische. Ein Biss und du bist deine Unschuld los (lächelt)! Girl-Power fließt natürlich auch mit ein. Stolz zu sein, weil du bist, wie du bist. Wer du bist. Stark zu sein, aber sich auch zerbrechlich fühlen zu dürfen im eigenen Körper. Ich wollte zeigen, dass ich nackt sein und trotzdem stark und eine fantastische Künstlerin sein kann. I’m not selling out. Und ich kämpfe dagegen an, dass die Leute sich mit diesem Album allzu schnell eine Meinung bilden. Wenn sie auf das Cover schauen, werden sie schnell eine haben, dessen bin ich mir bewusst. Wenn sie sich mit den Songs beschäftigen und sie erforschen, werden sie hoffentlich sehen, wie viel es noch zu entdecken gibt. Ein Ratschlag, den ich meinem Publikum gerne mitteile. Ich will auch nicht auf Indie tun. Ich möchte mich außerhalb von diesen Schubladen bewegen. Ich möchte für mich einstehen, für meinen Körper, eine echte Frau sein.

subtext.at: Du spielst mit allerhand Symbolen – die verbotene Frucht, der Garten Eden, Adam und Eva. Und dann ist da auch noch der Apache Geronimo und die amerikanischen Mythen, die du aufgreifst.
Aura Dione: Das hat sich einfach so entwickelt. Mein Gehirn spuckt diese Ideen aus und wir kollaborieren dann irgendwie miteinander (lächelt). (überlegt) Ich bin ständig auf der Suche und ich finde auch ständig interessante Dinge. Irgendwie kam da eines zum anderen.

subtext.at: Die amerikanischen Ureinwohner waren der Meinungen, dass jeder Gegenstand, lebendig oder tot, eine Seele besitzt.
Aura Dione: Das ist eigentlich genau die Art, wie ich lebe und die Dinge betrachte. Ich muss zugeben, dass ich am Anfang nicht genau wusste, wer Geronimo überhaupt war. Mir hat einfach der Klang des Wortes gefallen. Der Song dazu ist auf direkte Weise zu mir gekommen. Ich habe das nicht erwartet, er wurde zu einem Teil meines Lebens. (überlegt) Er hat mich in eine andere Richtung gelenkt. Ich denke, dass der Song aus der Notwendigkeit entstanden ist, mir selbst treu zu bleiben. Es ist ein Power-Song! Mach die Fenster im Auto runter und dreh lauf auf (lacht)! Fühle dich frei und sei stark für die Underdogs. Ich bin dem kleinen Mädchen in mir treu geblieben, weil sie immer weiß, was sie will.

subtext.at: Siehst du dich selbst als Künstlerin oder Performerin?
Aura Dione: (überlegt) Ich glaube, dass es nicht an mir liegt, das zu beurteilen. Ich denke, ich bin beides. Das sind halt die Etiketten. Ich bin ein Mädchen, eine Frau, eine Autorin, eine Fotografin, eine Psychologin, eine Philosophin, eine Freundin (lächelt). Ich bin viele Dinge. Das gehört zu meiner Arbeit dazu. Ich bin auch ein Popstar, genau wie eine Musikerin. Ich bin das Mädchen, das angefangen hat, Songs auf ihrer Gitarre zu spielen, weil ich nichts anderes mit mir anzufangen wusste.

subtext.at: Wer nach den Sternen greift, kann sehr schnell den Boden unter den Füßen verlieren. Wer schützt dich, damit das bei dir nicht passiert?
Aura Dione: Zum Glück kann ich sagen, dass fantastische Menschen mit mir unterwegs sind, die auf mich aufpassen. Sie geben mir das Gefühl, sicher zu sein. Sie geben darauf Acht, dass ich am Flughafen nicht verloren gehe (lacht und guckt zu ihrem Manager hinüber). Gegenseitige Unterstützung ist sehr wichtig. Natürlich sind da auch meine Freunde, die mich happy machen, wenn ich traurig bin. Den Song „Friends“ habe ich für sie geschrieben. Das musste ich einfach tun. Ich sage immer, dass meine Füße zwar am Boden sind, doch mein Kopf ganz oben in den Wolken ist und die Sonne auf meinen Rücken scheint. Mein Sprichwort!

Links & Webtips:
auradione.com
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Foto: Universal Music

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