Keane – „Strangeland“

„Oh simple thing, where have you gone?“ – diese Zeile aus Keanes Superhit „Somewhere only we know“ könnte man nahtlos auf ihr neues Album „Strangeland“ umlegen. Konnte man früher simpel sagen, dass man Keane-Alben bedenkenlos weiterempfehlen kann, ist dies nun nicht mehr unbedingt so. 

Keane – so etwas wie der Inbegriff des Britpops. Keane – das ist die Band aus East Sussex, deren Songs schon in Millionen von CD-Playern gelandet sind, und der schon Millionen von Pärchen während trauter Zweisamkeit  lauschten. Tracks wie „Everybody’s Changing“ und „Somewhere only we know“ laufen auch Jahre nach ihrer Veröffentlichung noch immer auf Heavy Rotation und werden bei Konzerten lautstark mitgesungen. 2012 veröffentlichen die vier Jungs ihr neues Album „Strangeland“. Ob sie damit an vergangene Erfolge anschließen können? Ja, wenn es nach den Verkaufszahlen geht, schließlich schoss das Album gleich auf Platz 1 der UK-Charts. Musikalisch muss man allerdings einige Abstriche machen.

Das beginnt bei den ersten drei Tracks des Albums: „You are young“, „Silenced by the night“ und „Disconnected“ sind zwar „nett“, aber auch nicht mehr. Sie sind fast schon zu seicht und klingen genauso, wie man Keane bereits von „Hopes and Fears“ kannte. Weiterentwicklung – die ja bei neuen Alben sehr oft beschworen wird – Fehlanzeige.

Es wird allerdings besser. „Watch How You Go“ trifft den Nerv der Zeit. Angenehm einprägend, fast schon seufzend gibt sich Frontman Tom Chaplin in dieser Nummer. Außerdem ist die Message „No Hard Feelings“ nach einer verflossenen Beziehung immer empfehlenswert. „Sovereign Light Cafe“ präsentiert sich als EasyListening-Nummer für Samstagnachmittage am Balkon. Auch hier gehts wie immer um eines – Zwischenmenschliches. Der Refrain ist der wohl ohrwurmverdächtigste der Platte. Weiter gehts mit „On The Road“ – Britpop, made für Ö3. So könnte man den Song beschreiben. Definitiv radiotauglich – wie auch immer man dazu stehen mag. „The Starting Line“ und „Black Rain“ sind zwei Balladen, die Füllmaterial sind. Man hat schon besseres gehört. Fürs Dahinschmelzen und in Melancholie versinken aber dennoch geeignet.

Gegen Mitte des Albums kommt dann mit „Neon River“ ein langsamer Song, der schon besser klingt als die beiden Vorgänger. Angenehm im Hintergrund gehaltene Arrangemehts tun ihr übriges dazu. „Day will come“, der zehnte Track, ist das heimliche Highlight der Platte. Nicht nur melodisch tritt er in die Fußstapfen von Keanes vergangenen Hits. Live-Tauglichkeit ist hier ebenfalls gegeben.

Track 11 und 12 – „In your own Time“ und „Sea Fog“ beschließen das Album so, wie es angefangen hat. Nicht aufregend, aber auch nicht „richtig schlecht“. Bonustracks gibt es aber auch – wie etwa den Titeltrack „Strangeland“, ruhig, minimalistisch, auf die Stimme von Tom Chaplin fokussiert. Dazu mit einem Instrumental in der Mitte. Warum nicht. Nett. Weiterer Anspieltipp ist hier noch „Run with Me“ – Ausreißer nach oben oder unten gibt es aber nicht mehr.

Keane haben sich mit „Strangeland“ definitiv nicht neu erfunden. Müssen sie auch gar nicht – ihre riesengroße Fangemeinde wird sie auch so lieben. Schade aber, dass die Jungs nicht mehr Experimentierfreude an den Tag gelegt haben – man hat das Gefühl, alles schon mal gehört zu haben. Funktionieren tut die Band aber nach wie vor – und sollte Keane dem Motto „Never change a running system“ folgen, haben sie alles richtig gemacht.

Die Bewertung der subtext.at-Redaktion:

3/5 Punkte

 

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Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.