Bernhard Eder: Ein Kaffee zum Abschied
Es ist vorbei. Was bleibt sind die Erinnerungen, was bleibt ist die Ungewissheit. Man schwankt zwischen Selbstmitleid und Selbstvorwürfen. Nicht ist mehr wie es war. Und das weiß auch Bernhard Eder.
“Post Breakup Coffee” nennt sich das vierte Album des österreichischen Musikers Bernhard Eder, und es ist, wenn man dem schwülstigen Pressetext Glauben schenken darf, ein “waschechtes Trennungsalbum”. Keines, welches zur Trennung führt, sondern über das Getrennte hinwegführen soll. Und es ist ihm gelungen: Man durchläuft in den acht Stücken des Albums viele Dinge, die man wohl selbst aus eigenen Trennungen kennt. Eders besonderer Hang zur Melancholie wird auf “Post Breakup Coffee” beinahe perfektioniert und vermischt sich wundervoll mit dem Selbstmitleid eines Verstoßenen.
Schon auf “The Livingroom Sessions” und “To Disappear Doesn’t Mean To Runaway” begeisterte Eder durch gelungene Kompositionen und berührende Texte, angenehm ruhig, bewusst melancholisch. Stimmlich ist er dem viel zu früh verstorbenen Singer/Songwriter Elliott Smith so erschreckend und wohltuend ähnlich, aber im Gegensatz zum Debütalbum “The Livingroom Sessions” muss Eders Stimme (leider) etwas Platz machen für so manche Orgel oder E-Gitarre. So erschafft er jedoch eine sehr stimmige, traurige Stimmung, welche die typischen Phasen einer Trennung instrumental unterlegt.
Gehen wir so eine Trennung einmal durch. Alles beginnt mit dem Ende, so überraschend oder erwartet es auch gewesen sein mag, es schmerzt (“Snow Fields”). Dann dauert es meist etwas, bis der Schmerz bzw. die Gewissheit eintritt, was man alles verloren hat (“Sunday Primetime Soap-Opera”). Dann das erste erneute Aufeinandertreffen. Das Wiedersehen, weil sie noch Sachen in der Wohnung habe, das Gefühl, alles rückgängig machen zu wollen, von neu zu beginnen wollen (“Post Breakup Coffee”). Dann erst wieder das Alleinsein, der Schmerz, der Weltschmerz, welcher auf einem zu lasten scheint (“Paralysed”). Die Sprachlosigkeit, das Schweigen, der Gefühlschaos (“Word’s Can’t Tell (What I’m Feeling)”). Der Abschied, der Beginn eines Schlussstrichs, das engültige Ende eines misslungen Neuanfangs (“Leaving Berlin”). Das Aufrichten; erkennen, zurückkehren auf alte Wege (“Long Way to Run”) und das Erkennen, wer einem beim Aufrichten half. Wer nie von der Seite wich, so stark das Selbstmitleid auch geworden ist (“Ode to My Friends”).
Woran viele scheitern, ist Bernhard Eder gelungen. Er hat es geschafft, eine perfekte Trennung auf ein Album zu brennen. Wobei es manchmal nötig ist, manche Tracks erneut anzuhören. “Paralysed” und “Word’s Can’t Tell (What I’m Feeling)” laufen in so manchen Wohnungen wohl auf Dauerrotation, weil 10 Minuten und 14 Sekunden nicht ausreichen, um über diese Phase hinwegzukommen.
So schrecklich eine Trennung auch sein mag, wer auf kluge Texte, melancholische Musik und eine wundervolle Stimme steht, sollte sich schon mal vorsorglich dieses Album zulegen. Nicht, dass ich hier irgendjemand das Ende einer Beziehung wünsche, aber es ist eben doch manchmal ein gutes Gefühl, für den Ernstfall vorgesorgt zu haben. Und wie ich auch bereits aus eigener Erfahrung sagen kann, lohnt es sich eindeutig, Bernhard Eders Ausführungen auch live zu lauschen. Der absolute Gänsehautmusiker (und immer noch mein ganz persönliches Highlight vom Bock Ma’s Festival 2008) ist auch jetzt wieder unterwegs:
20.11 – B72, Wien
24.11 – Astnersaal, Wörgl
07.12 – Freiraum, St. Pölten
24.01 – Rockhouse, Salzburg
25.01 – Spielraum, Gaspoltshofen
26.01. – Stromboli, Hall i. T.