MUSE: Powered by emotions

Das schlechteste Album der Bandgeschichte oder ein weiterer Geniestreich? Auch wenn die Vorabsingle „Madness“ recht schlicht wirkt und sich Zeit lässt, bis sie zündet, wird sie mit jedem Mal immer eingängiger. Und besser. So und nicht anders verhält es sich auch mit „The 2nd Law“, dem bisher einladensten Muse-Album ever. Eine große Überraschung.

Der Name Muse stand in den vergangen Jahren für so vieles: Gigantismus, Showbombast, Rock-Oper, musikalische Grandezza, Klangspektakel oder Gitarrenkunst. Mit „The 2nd Law“ kehrt beim Trio aber auch das Gefühl zurück. Bei all der sound-technischen Großkotzigkeit vergangener Alben blieb es immer etwas auf der Strecke. Nebenbei haben Muse alles und jeden hinterfragt: Das System, die Regierung, die weltweiten Mächte, Politiker, dich und mich. Auf Dauer war das ein bisschen anstrengend. Jetzt schwimmen sie sich zu einem großen Teil davon frei, was der Platte außerordentlich gut tut. Man kann sie förmlich in einem Rutsch anhören, um anschließend erneut die Repeat-Taste zu betätigen.

Matthew Bellamy will die Suggestivkräfte ins uns aktivieren. Dabei bleibt aber, und das ist auch eine willkommene Abwechslung, Platz für Persönliches. Für Dinge, die einem wichtig sind und am Herzen liegen, muss man sich einsetzen, damit sie nicht flüchtig bleiben. Was man alles verlieren könnte? Die Liebe. Freunde. Die Zeit für Nützliches, Wichtiges. Die Energie, um weiter zu machen. Davon leitet sich schließlich auch der Titel des Albums ab.

Hier möchte jeder Song nichts anderes sein als er selbst. Muse haben sich Freiräume gebaut und nehmen die Dinge, wie sie kommen, wägen nicht mehr jede klitzekleine Angelegenheit ab. Früher konnten sie das nicht. „Nicht immer alles zer-denken“, dürfte es Bellamy durch den Kopf geschossen sein. Oft steht man sich ja selbst im Weg.

Es war dennoch vorauszuahnen, dass „The 2nd Law“ polarisieren wird. Man hat mittlerweile folgenden Eindruck: Die Meinungen gehen völlig auseinander. Für mich klingt das Album sofort vertraut und ansehnlich, obwohl eigentlich nicht viel Spektakuläres vorzufinden ist. Dass in der Zurückhaltung auch Kraft vorliegen kann, wusste schon Mahatma Gandhi. Eine Anekdote, die für mich sehr gut zu dem passt, was Muse heuer fabriziert haben.

Dass ihre höchst spezielle Herangehensweise, Songs zu schreiben, auch weiterhin eine Geschmacksfrage bleibt, steht auf einem anderen Blatt.

Facts:
Muse – The 2nd Law
Gesamtspielzeit: ca. 54 Minuten
Warner

Links & Webtips:
muse.mu
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Foto: Warner, Gavin Bond

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