Nachbericht: MUSE @ Stadthalle Wien

Veni, vidi, vici – Muse kamen, rockten und siegten. Auch wenn die Ansichten so gespalten wie nie zuvor sind, live versöhnen sich skeptische Querdenker und bedenkenlose Zustimmer und feiern gemeinsam eine immer noch hervorragende Liveband. Die Songs und Hymnen, die Muse in den vergangenen Jahren herausgebracht haben, sind einfach zu grandios, um nicht zu begeistern. Kann es etwas Schöneres geben?

Das Instrumental „The 2nd Law: Unsustainable“ baut zunächst Spannung auf, bevor das im Stakkato-Rhythmus pulsierende „Supremacy“ den Reigen eröffnen darf. Man ahnt es schon: Jetzt schlägt’s gleich dreizehn! Von der ersten Minute zettelt das Trio ein Inferno an, wie es manch andere Band nur zu ihren besten Tagen hinbekommt – wenn überhaupt. Nein, mit Besinnlichkeit haben Muse wenig bis gar nichts am Hut. Die Stärken der Band sind auch nicht die Balladen, sondern die elektrisierenden Rocksongs, mal in pompöser Manier, mal mit elektronischen Elementen auf den Weg gebracht. Und das Material, bis auf wenige Ausnahmen, sitzt. Der Querschnitt reicht von früheren Alben bis zu einem Jetzt-schon-Klassiker wie „Madness“. Mit der aktuellen Tour bieten Muse eine nahezu perfekte Gratwanderung zwischen Technik, Musikalität und Show. Die Songs des aktuellen Sets greifen verblüffenderweise sehr gut ineinander, ohne groß den Ablauf zu stören. Trotzdem werden die eher unauffälligen Albumtracks der jüngsten Platte („Explorers“, „Liquid State“ & das von mir favorisierte „Animals“) wohl früher oder später aus dem Programm fliegen.

Dass das filigran sich steigernde „Animals“ bei den Leuten nicht so gut ankommt wie die Dubstep-Dampfwalze „Follow Me“, überrascht nicht. Und die Stadthalle verwandelt sich kurzerhand in eine Großraumdisse. Die im Halbkreis geformte Bühne und die Lichtanlagen, die sphärischen Glanz projizieren, sind opulent, bestimmt sauteuer und unterstützen diesen Discotheken-Charakter. Zum Glück bleibt es nicht dabei. Inzwischen ist es aber auch so, dass Muse ein ziemlich heterogenes Publikum anziehen. Die Mittdreißiger und Zwanziger, die Endvierziger, die Slacker, Indiepuristen, Normalos und Adabeis.

Das Publikum ist natürlich damit beschäftigt, Matthew Bellamy trotz massivem Einsatz von Leuchtreklamen und Lasern im Auge zu behalten. Dieser ist wiederum damit beschäftigt, die tosenden Zuschauer in den Griff zu kriegen. Er steigt von der Bühne und sucht den Kontakt zu den Fans in den ersten Reihen. So greifbar waren Muse, trotz des überdimensionalen Pomps, selten. Technisch perfekt, aber nie seelenlos oder kalt – meine Befürchtungen verpuffen. Ein Set mit Hingabe, aber auch ohne Gefühlsausbrüche. Hier ist nichts dem Zufall überlassen oder „out of order“. Dieses Breitwandkino, das Muse mit „The 2nd Law“ auf Platte entfachen, funktioniert live dennoch tadellos.

Welche Erinnerungen bleiben werden? Mit über fünfzehntausend Leuten die wunderbaren Refrains von „Plug In Baby“ und „Time Is Runnig Out“ gesungen zu haben. „Supermassive Black Hole“ gehört zu haben. Bei „Bliss“ das lodernde Feuer gespürt und den Ausbruch von „Stockholme Syndrome“ zelebriert zu haben.

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Foto: Christoph Thorwartl

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