The yellow from the egg

Agent Null-Null-Nix ist nichts dagegen. Selbst Chuck Norris hätte seine Probleme, gegen Ernst zu bestehen. Ernst Strassers Prozess wegen (mutmaßlicher) Bestechlichkeit ist eine Polit-Posse, wie sie selbst Österreich selten gesehen hat. 

Die Geschichte liest sich wie das Drehbuch eines Agententhrillers. Der smarte Ex-Minister entdeckt sofort, dass als Journalisten getarnte Geheimagenten (für welchen Geheimdienst sollen die eigentlich arbeiten?) hochbrisante Lobby-Informationen erschleichen wollen. Um „Informationen zu sammeln“, gibt Strasser vor, gegen Geld Gesetzesentwürfe zugunsten seiner Geldgeber abändern zu können. Dummerweise waren die angeblichen Geheimagenten in Wirklichkeit Journalisten der BBC, und Ernst Strasser flog auf. Und steht jetzt vor Gericht. Der Prozess ist ein Meisterwerk der Politsatire, wie es Maschek nicht könnten. Dummerweise ist der Prozess real. Und keine Satire. Und das ist das traurige.

Aber der Reihe nach. Richter Georg Olschak ist nicht zu beneiden. Der muss sich Ernst Strassers geistige Ergüsse nämlich anhören und dann juristisch beurteilen, ob Strasser tatsächlich schuldig ist. Bei der Vorführung der Videos, die die BBC-Journalisten heimlich während der Treffen mit Strasser anfertigten, kommen zuallererst Strassers Englisch, naja, nennen wir es einmal Kenntnisse, zu Tage. Selbst Hubsi „Austria is a too small country“ Gorbach würde aufgrund der umwerfenden Eloquenz Strassers alt aussehen. Sätze wie „It can go, but it can be difficult“ sind da zu hören, genauso wie „A lobbyist has a special smell. Excuse me to say, I am myself something like that.“ – mein persönlicher, abdominelle Schmerzen vor Lachen verursachender Satz des Jahres. Der geneigte Österreicher fragt sich hier zurecht, ob, und wie Agent Strasser die Matura ablegen konnte, und sogar ein Studium abschloss. Aber egal.

Ebenfalls nicht zu beneiden ist Verteidiger Kralik. Strasser zu verteidigen ist ob seiner obskuren Geschichte sicher kein leichtes Unterfangen. Genauso wie für die Staatsanwälte Maruna und Ruprecht, denen für das Behalten ihrer Contenance ebenfalls Respekt gebührt.

Aber egal, wie der Prozess ausgeht, und ob Secret Agent Strasser jetzt bestechlich war oder nicht – den Schaden hat die Republik Österreich. Nicht nur ob Strassers Eloquenz – die ja nicht „the yellow from the egg“ ist, nicht nur ob der reinen Tatsache an sich, dass ein österreichischer MEP bestechlich ist und nicht nur ob der Tatsache, dass man sich generell fragen muss, wie es um österreichischen Parlamentarismus wirklich bestellt ist. International steht Österreich neben dem Skandal an sich, für den ja die berühmt-berüchtigte Unschuldsvermutung gilt, wieder negativ im Rampenlicht. Diplomatisch bedenklich. Parlamentarisch bedenklich. Menschlich vor allem bedenklich. Im Hinblick auf die nächsten Wahlen und die erwartbaren Ergebnisse: sehr bedenklich.

Auf das Urteil darf man gespannt sein. Aber eigentlich ist das Urteil an sich sekundär – der Schaden ist angerichtet. Und wer weiß – vielleicht ist bei Scotland Yard noch ein „Workplace“ für Ernst „James“ Strasser frei?

P.S.: Ernst Strasser ist bis heute Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens am Bande für Verdienste um die Republik Österreich. Neben Personen wie Willy Brandt und Kofi Annan auf der einen Seite (die Armen!) sowie Karl-Heinz Grasser, Silvio Berlusconi und Herbert Haupt auf der anderen Seite.

Foto: fotoreport.at, Creative Commons Attribution 3.0 Unported

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.