SOLIDTUBE: „Der Spaß soll nicht verloren gehen“

Die Letzten werden die Ersten sein – eine oft verwendete Redewendung, die bei der österreichischen Musikformation SolidTube durchaus ihre Berechtigung hat. Als Teilnehmer der Castingsendung „Die große Chance“ (ja, genau die mit Sido als pöbelndes Jurymitglied) hat sich das herzensgute Trio um Sängerin Mandana unprätentiös in die Herzen der TV-Zuschauer gespielt. SolidTube haben es über kurz oder lang bis ins Finale geschafft – und nicht gewonnen.

Trotzdem konnten sie einen Plattenvertrag an Land ziehen und veröffentlichen am 14. Dezember 2012 ihren ersten Longplayer „The Running Time“. Darauf werden keine hippen Elektrospielereien geboten, sondern in sich stimmige, stilvolle Popsongs im eingängigen Rock/Blues-Gewand mit träumerischen Vocals – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ein mehr als harmonischer Einstand einer Band, die schon sehr lange zusammen Musik macht und jetzt endlich die Möglichkeit bekommt, sich vor breitem Publikum zu beweisen.

subtext.at: Musik ist eine starke emotionale Kraft, sie berührt Menschen auf den verschiedensten Ebenen. Besteht nicht die Gefahr, dass statt Magie nur noch ein Produkt für den Endverbraucher übrig bleibt, wenn man als Musiker in eine Casingshow wie „Die große Chance“ geht?
Mandana Nikou: Ich glaube nicht. Wir sind nicht so esoterisch angehaucht und wir glauben auch nicht, dass Magie oder Energie verloren geht, ganz im Gegenteil. Fernsehen ist ein wahnsinnig wichtiges Medium, um Leute zu erreichen. Wir haben total liebe Gästebucheinträge, Facebookeinträge erhalten, wo die Leute gesagt haben, dass es sie berührt hat und wir ihnen gefallen haben. (überlegt kurz) Wenn man es esoterisch sieht, haben wir bestimmt Energie weitergegeben.

subtext.at: Rennt man als Künstler zwangsläufig einem Traum hinterher?
Gerry Krautinger: Nein, finde ich nicht. Dass man das überhaupt machen kann, vor Publikum, ist ja schon mal ein Traum.
Michael Pobisch: Man lebt den Traum, generell gesagt.
Mandana Nikou: Als Musiker ist das eigentlich leicht, sich diesen Traum zu erfüllen. Im Prinzip brauchst du ja nicht mal ein Instrument. Du kannst auch vor dir her singen.

subtext.at: Wenn man eine Stimme hat, die einem das ermöglicht und mit der man umgehen kann.
Mandana Nikou: Wie auch immer, egal wie, wenn man es gern macht?

subtext.at: Wenn man seinen Traum nun lebt – gibt es eine Steigerung?
Michael Pobisch: Steigerungsform von Traum? Übertraum? (überlegt) So genau kann man das gar nicht bewerten.
Mandana Nikou: Man lebt in diesem Moment.
Gerry Krautinger: Ich definiere das für mich als Musiker so, dass man es schafft, die Emotionen über die Musik und die Stimme dem Publikum zu vermitteln. Man kann jetzt sagen, dass man das auf diese oder jene Weise versucht zu steigern. Wir sind gerne Musiker, wie machen das gerne und insofern leben wir diesen Traum.
Mandana Nikou: Das Schöne am Musikmachen ist, dass man quasi gibt, und das macht man auch gern, und das man dann auch etwas zurückbekommt, ein Feedback. Ob man jetzt die Augen schließt, mitsingt, mitwippt – gan egal. Oder sich ganz gut unterhält bei einem Bier, ist ja auch etwas Positives. Dieses Geben und Nehmen ist sehr befriedigend.

subtext.at: Als Band macht ihr einen erdigen Eindruck, du Mandana wirkst sehr klar und selbstbestimmt, wenn es um dich als Person geht. Die Musik von SolidTube ist wiederum alles andere als konzeptionell und klar. Von der verrauchten Bar bis zum endlosen Highway ist alles dabei. Wo liegen eure Einflüsse und wie kommen sie zustande?
Michael Pobisch: Weil wir gerne unterwegs sind und uns in Bars aufhalten (lacht).
Mandana Nikou: Ich bin die Jüngste und es liegen ja doch einige Jahre zwischen uns, fast ein junges Menschenleben. Zwei Generationen, kann man sagen. Wir sind alle anders geprägt von der Musik. Gerry und Michi haben mit Rock und der Blues-Szene zu tun, in der sie aufgewachsen sind und die sie absolut mit einfließen lassen, was natürlich an Highways und Bars erinnert. Ich bin ein Mittelding. Ich habe meine Texte, meine Erfahrungen, die wiederum andere Einflüsse haben und das gemischt ergibt wahrscheinlich dann SolidTube.

subtext.at: Ihr macht schon länger zusammen Musik. Habt ihr oft den Gedanken gehabt: „Wann platzt endlich der Knoten?“
Michael Pobisch: Nein, eigentlich nicht. Es gab einen Moment, wo wir übers Internet einen Plattenvertrag bekommen haben und gedacht haben „OK, da geht jetzt ein Ruck durch“, aber dieser Ruck war nur ein kurzer Schubs (lächelt). Wir haben die letzten Jahre SolidTube vor allem aus Spaß an der Sache gemacht.
Mandana Nikou: Das soll auch so bleiben. Der Spaß soll nicht verloren gehen.
Gerry Krautinger: Ich habe nie die Ambition gehabt, berühmt zu werden. (überlegt kurz) Schlecht wär’s a ned. (lacht) Nein, wenn man davon leben könnte, das wäre nicht schlecht.
Michael Pobisch: Ich werde berühmt, du bist eh schon berüchtigt (lacht). Nein, es war ja nicht wirklich geplant, dass wir in die Sendung „Die große Chance“ gehen. Nennen wir es einen geplanten Zufall oder einen geplanten Unfall. Ich hätte mir nie gedacht, dass wir so weit kommen. Wenn neben dem Spaß an der Sache auch ein bisschen Geld reinkommt, da sagen wir natürlich auch nicht nein.

subtext.at: Kann Erfolg ein Mittel zur Selbstfindung sein oder behindert er mehr?
Mandana Nikou: Es kommt wohl darauf an, wie man damit umgeht. Was ist Erfolg? (Pause) Wirklich erfolgreich sein oder Erfolg haben kann man nur dann, wenn man mit sich im Reinen ist. Wir sind ein recht stabiles Trio, wir mögen uns, was eine gute Grundlage ist. Wir spielen seit neun Jahren zusammen, was für uns schon ein Erfolg ist. Und das noch immer gern (lacht)! Natürlich ist das schön, wenn den Menschen auf der Straße SolidTube ein Begriff ist.
Michael Pobisch: Gerry, was hast du gerade gesagt? (Pause) Der Gerry ist der große Sprecher der Band (alle lachen).
Gerry Krautinger: Ich muss noch einmal auf das Thema mit der Steigerung zurückkommen, weil ich finde, dass es schon eine Steigerung ist, in ein Fernsehstudio zu gehen. Es ist schon ein schöner Gedanke, wenn wir mit Leuten kommunizieren können, die uns vorher nicht gekannt haben.

subtext.at: Ihr seid jetzt bei einem Majorlabel unter Vertrag und habt von nun an bestimmt gewisse Verpflichtungen, müsst eventuell immer „funktionieren“. Was, wenn die Kreativität auf der Strecke bleibt?
Michael Pobisch: Was funktioniert schon immer? Vielleicht sind wir auch zu blauäugig. Wir sind Sony Music dankbar dafür, dass wir mit ihnen zusammenarbeiten können, aber wegen der Kreativität mache ich mir eigentlich keine Sorgen. Wir haben mehr oder weniger noch genug Titel für ein neues Album. Kreativität war bei uns eigentlich noch nie ein Problem. Kommt vielleicht noch.

subtext.at: Gibt es auf eurem kommenden Album „The Runnig Time“ aus eurer Sicht einen roten Faden? Ich habe keinen entdeckt, als ich es mir vorab anhören durfte.
Mandana Nikou: Der rote Faden? (überlegt) Es ist jetzt kein Buch mit einer Geschichte.

subtext.at: Ich habe das Gefühl, dass die Songs zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden sind, die auf dem Album sind.
Mandana Nikou: Ja, das stimmt.
Michael Pobisch: Allerdings nicht in einer bestimmten Dekade, sondern innerhalb von zwei, drei Jahren sind die entstanden.
Mandana Nikou: Manche Songs sind gemeinsam geschrieben worden, andere stammen nur von Michi, ein paar von mir. Vielleicht kennen wir untereinander den roten Faden.
Michael Pobisch: Es gibt keine Main Message und kein Main Chapter, was das jetzt anbelangt. Wir haben versucht, dieses Erdige, Bluesige herauszubringen, aber auch unsere Stärken zu zeigen, die im Akustikbereich liegen, wie beispielsweise mit dem Song „Naked“.

subtext.at: Songs wie „Sunny Day“ oder die Single „Farewell“ kamen für mich recht unspektakulär und belanglos rüber, „Naked“ oder „Crusade“ ließen mich hingegen an Patti Smith denken, was durchaus als Kompliment zu verstehen ist.
Mandana Nikou: „Farewell“ ist von mir, „Sunny Day“ stammt von Michi, „Naked“ ist wieder von mir und „Crusade“ erneut von Michi.
Michael Pobisch: Unabhängig von wem es geschrieben ist – das dürfte deine Geschmacksrichtung sein. Andere Leute sagen „Farewell“ ist super und „Sunny Day“ ist halt poppig, ein bisschen. Mir gefällt „Some Things Never Change“ sehr gut. Vielleicht ist das ja auch das gute am Album, weil jeder für sich etwas finden kann.

subtext.at: Vor mehr als zehn Jahren gab die „New Acoustic Movement“-Bewegung aus Großbritannien. Zählt ihr auch dazu, kommt diese Welle erneut auf uns zu?
Gerry Krautinger:
Das kommt immer wieder.
Mandana Nikou: Unplugged kommt immer gut an. Es hat eine gewisse Art von Nähe und Intimität.
Gerry Krautinger: Es ist wohl dieses „Wohnzimmer-Ding“, was gut ankommt.

subtext.at: Das Adjektiv „solide“ bedeutet gut fundiert zu sein, ohne Ausschweifungen, Extravaganzen und daher nicht zu Kritik oder Skepsis Anlass gebend, sagt der Duden. Ist diese Beschreibung für euch ein Kompliment?
Michael Pobisch: Im Englischen gibt es mehrere Bedeutungen für das Wort. Solidtube, die solide Röhre – diese Erdigkeit, Festigkeit passt zu uns, weil wir diese erdige, bodenständige Musik machen. So würde ich das eher interpretieren.

subtext.at: Ist ein solides Fundament heutzutage noch wichtig für eine Band?
Mandana Nikou: Für mich ist das extrem wichtig. Sicher sind Sänger oder Gitarristen austauschbar, weil es gibt alles wie Sand am Meer. Die Basis, die wir zu dritt haben, ist uns jedoch sehr viel wert. Oft reicht ein Blick und man weiß, was gemeint ist. Man kennt sich gut. Die Freude, der Spaß und das Fundament sind extrem wichtig, damit man sich wohl fühlt.

subtext.at: Würdet ihr noch andererseits noch ein Bandmitglied dazunehmen?
Mandana Nikou: Darüber lässt sich reden, wobei die Säule bleibt.

Live am 13.02.2013 in der SZENE Wien!

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