deadnote.danse: „Man wünscht sich dann auch, dass das fruchtet.“

Die aus Salzburg stammende Band deadnote.danse! veröffentlicht diese Woche ihr Debüt-Album „Cornucopia“ inklusive Release-Party am 9. Mai im Wiener Fluc. subtext.at traf die Gründer und Zwillinge Giovanna und Mario Fartacek zum Gespräch.

Die Fragen stellte Kevin Mitrega.

subtext.at: Wie ist die Stimmung im Moment? Bis zum Release ist es ja noch ein bisschen hin.
Mario Fartacek: Also ich bin recht aufgeregt.
Giovanna Fartacek: Es stresst schon, auf jeden Fall eine hohe Anspannung.
Mario Fartacek: Weil es jetzt einfach am Ende ist, das hat sich über ein Jahr hingezogen. Da möchte man dann auch, dass das gut abgeschlossen wird. Bis jetzt ist alles ganz gut gewesen. Es ist so: Weil viele Sachen im Studio geschrieben wurden und nicht im Proberaum und weil das dann live auch noch wie auf der Platte klingen soll, ist das wirklich viel Arbeit. Das mit den Synth-Sounds, den Samples, das war echt viel Arbeit. Technisch haben wir im Vergleich zu den vorherigen Shows ein sichereres aber auch komplizierteres Set. Wir probieren das zum ersten Mal aus und das wird, glaube ich, auf jeden Fall spannend. Es wird schon gut gehen.

subtext.at: Da ich die Platte bereits hören durfte: Wie ist das live umsetzbar?
Giovanna Fartacek: Ich bin jetzt mehr einbezogen, was Synth-Teile angeht und auch am Launchpad und so, weil uns sonst einfach der fünfte Mann fehlen würde. Also ein bisschen mehr muss ich jetzt auch machen als Singen (lacht).
Mario Fartacek: Früher lief Einiges aus dem Computer mit. Das zu reduzieren bzw. ganz wegzulassen war jetzt das große Ziel. Wenn nun etwas mitläuft, dann nur mehr ganz dezente Teile, die in Summe nicht wirklich auffallen. Wir haben jetzt die wirklich wesentlichen Dinge live.

subtext.at: Als klassische Band versucht Ihr, elektronische Musik zu machen. Ist das technisch gesehen eher ein Segen oder ein Fluch, wenn man sich zwischen diesen Welten bewegt?
Mario Fartacek: Ich muss sagen: Genau das ist die Herausforderung, die mir gefällt. Einerseits pisst es mich total an, den ganzen Scheiß immer aufbauen zu müssen.
Giovanna Fartacek: Ja, das ist echt arg. Der Proberaum schaut aus, es stehen tausend Sachen drinnen.
Mario Fartacek: Das ist sehr mühsam. Aber ich finde, das Coole daran ist, dass man so in ganz andere Klangwelten kommt. Es ist genau diese Gratwanderung. Diese Frage habe ich mir auch bereits für das nächste Album gestellt: Entweder wieder für zwei Gitarren schreiben und mehr in die Band-Richtung gehen oder noch extremer in die Electro-Richtung.
Giovanna Fartacek: Wie The xx zum Beispiel, dass man sogar überlegt, ob man die Drums sehr reduziert oder gar nicht mehr einsetzt.
Mario Fartacek: Derzeit ist aber die Herausforderung, beides miteinander zu verbinden, um live einen Bandsound zu haben. Ich bin schon davon überzeugt, dass man merkt, es spielt eine Band. Es gibt viele Electro-Bands, die man live auch mal für einen DJ halten kann. Aber so würde ich uns live nicht einschätzen.

subtext.at: In einem Zeitungsinterview hast Du einmal gesagt, man könne nur mehr auf der Soundebene innovativ sein.
Mario Fartacek: Wenn ich rein als Songwriter an meine Stärken denke, würde ich sie eher im Sound sehen, was auch genauso beim Gitarre Spielen ist. Mich hat es immer schon fasziniert, eine Gitarre zu spielen und sie gleichzeitig nicht unbedingt als Gitarre klingen zu lassen. Natürlich steht der Song im Vordergrund aber vom Sound her kann man immer noch am meisten machen. Jede Band, die groß rauskommt, hat einen argen Charakter im Sound, wo ich mir denk’: Fuck it, genau das ist es! Deshalb sind die jetzt da. Das ist halt ein ewiges Spiel und da bin ich nach wie vor noch überhaupt nicht dort, wo ich gerne sein würde. Es ist eine Philosophie, die ich dahinter sehe.

subtext.at: Ich möchte gerne wissen, was “Cornucopia” im Zusammenhang mit dem Album bedeutet.
Giovanna Fartacek: Das ist dieses Füllhorn, das oft gemalt wurde. Das mit den Früchten. Es ist ein Zeichen für Reichtum und Überfluss. Es war eigentlich meine Idee, das so zu benennen, weil ich finde, dass man das ganz gut auf unsere Musik umlegen kann, weil relativ viel passiert und einige Einflüsse vorhanden sind. Ich habe das Gefühl, dass das ganz gut passt.

subtext.at: Hängen damit die Erwartungen an das Album zusammen?
Giovanna Fartacek: Wenn man ehrlich ist, natürlich schon, auch wenn man realistisch bleibt. Dadurch, dass wir schon so lange daran arbeiten und bis jetzt nach unserem Ermessen noch keinen wirklichen Rückschlag erleben mussten, sind die Erwartungen immer irgendwie hoch, oder? Wir haben versucht, alles richtig zu machen und man wünscht sich dann auch, dass das fruchtet.

subtext.at: Man sollte hohe Ansprüche haben, sonst kann man es auch gleich lassen.
Giovanna Fartacek: Ja, sicher. Ohne Ziele kommt man nicht weit. Nur muss man sich auch dessen bewusst sein, dass wir in Österreich sind und dass es auch sehr viele andere gute Bands gibt und dass das, was wir machen, vielleicht auch nicht jedermanns Geschmack ist.

subtext.at: Was meinst Du mit “dass wir in Österreich sind”?
Giovanna Fartacek: Naja, das ist jetzt nicht unbedingt die beste Aussage, aber ich glaube trotzdem, dass man in Österreich auch irgendwann mal ansteht. Die Möglichkeiten nach oben sind da und man sieht sie auch bei vereinzelten Bands. Deutschland geht dann auch noch ganz gut, glaube ich. Aber die richtig internationale Karriere zu machen ist, wenn man aus Österreich kommt, glaube ich, nicht gerade das Einfachste.

subtext.at: Was hat sich mit “Rush” verändert?
Mario Fartacek: Als “Rush” aufgenommen wurde und es dann gemischt war, das war nach der ersten Studiosession, war es ganz klar, dass das die Nummer ist, die mit Abstand am besten ankommen wird, weil sie so poppig ist. Wir wollten vor dem Album eine Single raushauen. Es standen vier Nummern zur Auswahl und ich muss ehrlich sagen, “Rush” war definitiv nicht der Song, den ich unbedingt raushauen wollte. Wir können alle gut dahinter stehen, aber vom künstlerischen Wert her haben Nummern wie “Synced” oder “White Wall” einfach mehr drauf. Felix Sturmberger meinte, wir sollen als erste Nummer “Rush” nehmen, das werde gut ankommen. So war es dann auch.
Giovanna Fartacek: Es hat sich seitdem schon etwas verändert. Ab diesem Zeitpunkt waren wir mit dem Video und der Sache mit Frequency einfach präsenter. Darum war es auch wichtig, dass wir die Nummer als erste rausgeschossen haben, eben weil es die poppigste war und weil es auch den meisten gefallen hat.
Mario Fartacek: Damit war aber auch das Problem verbunden, dass viele danach geglaubt haben, dass wir eine Indie-Disco-Electronic-Band seien. Genau aus diesem Grund haben wir uns für “Synced” als zweite Single entschieden, weil wir einfach beweisen wollten, dass wir vom künstlerischen Wert her mehr drauf haben wie “Rush”.
Giovanna Fartacek: Ja und sonst wäre auch der Kontrast zum Album zu arg gewesen. Es sind ja trotzdem heftige Nummern drauf. “White Wall” zum Beispiel finden wir cool aber es ist sicherlich keine Nummer, die jedem gefällt.

subtext.at: Habt Ihr Angst, auf “Rush” reduziert zu werden?
Mario Fartacek: Die Angst habe ich die ganze Zeit.
Giovanna Fartacek: Das kann gut sein. Mich haben schon Leute darauf angesprochen, die mitbekommen haben, dass das Album ganz anders als “Rush” sein soll. Da kann es sein, dass denen das andere nicht gefällt. Man kann sowieso nichts dagegen tun.
Mario Fartacek: Ich habe eine lustige Erfahrung gemacht: Da habe ich einem deutschen Booker in Landshut geschrieben – da war “Synced” noch gar nicht draußen – ob wir spielen können. Er war begeistert, hat mich angerufen und gemeint, das käme bei ihnen immer gut an. Dann habe ich mich gefragt, ob ich ihm sagen soll, dass wir diese Art von Musik nicht hauptsächlich machen. Zwei Wochen später kam “Synced” raus. Es war schon ein Gig ausgemacht, ich hatte mit ihm telefoniert und dann hat er plötzlich geschrieben, es sei etwas dazwischengekommen, er müsse den Gig absagen (beide lachen). Auf eine Single wird man schnell reduziert. Mit “Synced” wollen wir jetzt von dem weggehen. Ich glaube auch, dass diese Richtung auch die zukünftige Richtung sein wird.

subtext.at: Aber dass “Rush” nicht aufs Album kommen sollte, stand nie zur Debatte, oder?
Mario Fartacek: Doch, schon. Im Nachhinein muss ich ja sagen, dass ich es von der Platzierung her nicht so gut finde. Es ist schon in Ordnung, aber es ist die einzige richtige Offbeat-Nummer und der Kontrast… Da verstehe ich auch jeden Kritiker, der da einen Faden vermisst. Aber andererseits kann man es ja auch so sehen: Warum muss immer alles einen Faden haben? Es kann ja auch sein, dass sich Leute, die tanzbegeistert sind, freuen, wenn in so einem anstrengenden Album auch mal eine Nummer dabei ist, die so aufgeht wie “Rush”.
Giovanna Fartacek: “In so einem anstrengenden Album” (lacht).
Mario Fartacek: So kann man es eben auch sehen. Deswegen haben wir gesagt, es gehört zum Album. Es ist immer das, wo live die Leute abgehen. Das kennen mittlerweile echt viele Leute.
Giovanna Fartacek: Zum live Spielen ist sie super. Das macht dann auch Spaß.

subtext.at: Wie ist die Band aufgestellt? Macht Ihr nach wie vor alles selbst?
Giovanna Fartacek: Wir haben jetzt Stefan Redelsteiner von Problembär Records, der für dieses Album die Promotion macht. Aber Booking und so weiter machen wir alles selbst.
Mario Fartacek: Eigentlich macht Live From Mars Records alles für uns.

subtext.at: Deren Gründer ja Ihr seid (alle lachen).
Mario Fartacek: Stefan hat uns auch, was die Motivation angeht, sicherlich sehr weit gebracht.
Giovanna Fartacek: Danke, Mann! (lacht)
Mario Fartacek: Das ist eben so ein Mann, den man kennenlernt und der mehr Kontakte als man selbst hat. Das ist gut. Aber so gesehen sind wir sicherlich eine Band, die dahingehend viel tut. Ich muss aber ehrlicherweise auch sagen, wenn ich mir den Aufwand dieses Albums so ansehe, dann waren vielleicht 20% das Album Schreiben, 20% das Aufnehmen und die restlichen 60% Scheiße Organisieren, wirklich. Wenn man schon ein Album macht, dann hat es sich das auch verdient, dass das Leute mitbekommen und uns bringt es ja auch nichts, wenn man ein Album aufnimmt und dann hören das vielleicht drei Leute.

subtext.at: Was hält einen unter diesen Umständen bei der Sache?
Giovanna Fartacek: Ich glaube eher das Live-Ding.
Mario Fartacek: Nach jedem Gig einfach wieder.
Giovanna Fartacek: Ja, weil live haben wir immer gute Erfahrungen gemacht. Auch wenn wir über den Abend in Linz im Ann and Pat reden: Da waren ganz wenige Leute da, wir haben sehr früh um Acht als erste Band gespielt und trotzdem war es ein lustiger Abend. Wir haben letztes Jahr sehr viel gespielt und auch sehr viele Gigs, die sehr früh waren und vor wenig Leuten aber es war trotzdem immer cool und die Leute, die da waren, denen hat es gefallen und das motiviert einen dann auf jeden Fall.
Mario Fartacek: Gerade wie wir letztes Jahr in Villach gespielt haben: Da waren glaube ich 20 Leute da und dort haben wir dann 17 EPs verkauft. Da dachte ich mir: “Saugeil”. Das motiviert total. Das Live-Feeling, das kennt eh jeder Musiker… Aber zwischendurch denk’ ich mir schon oft: Fuck, am liebsten würde ich einfach eine Stonerrockband gründen und nur im Proberaum spielen und nichts organisieren. Da geht’s dann um die Musik, rein um die Musik. Ich finde schon, dass, wenn man alles selbst macht, die Musik ein bisschen zu kurz kommt. Wenn ich mir die Zeit anschaue, wenn die nur für Musik verwendet werden würde, dann kann man das auch sehr in Frage stellen. Aber jetzt im Nachhinein bereue ich es nicht, weil ja auch Einiges erreicht wurde.

subtext.at: Wollt Ihr schnell wieder ein Album machen? Zumindest wird darüber gesprochen, stelle ich fest.
Mario Fartacek: Wir werden im Sommer eine Woche auf der Hütte von Basti verbringen und dieses Mal versuchen, wirklich alle ins Songwriting einzubringen. Wir probieren es einfach einmal, weil Basti so ein musikalischer Typ ist und ich glaube, dass da noch viel herauszuholen ist. Jetzt für den Anfang war es gut, dass wir das durchgezogen haben, gerade weil wir beide das Projekt gemeinsam begonnen haben, aber ich will das wieder mehr in Richtung Band bringen.

subtext.at: Wieder in Zusammenarbeit mit Felix Sturmberger?
Mario Fartacek: Auf jeden Fall, er hat uns so sehr damit geholfen. Ich glaube, er hätte es auch nicht besser treffen können von dem her, wie er sich einbringen kann. Aus allem, was ich am Laptop vorproduziert habe, hat er sehr viel herausgeholt. Was das angeht, komme ich mit Felix extrem gut klar. Er hat das von Anfang an gemacht, weil er Lust hatte und ich möchte eigentlich nur noch mit Leuten zusammenarbeiten, die aus Eigenmotivation heraus und nicht wegen Geld oder so etwas tun. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn Leute auf dich zukommen, dann auch das beste Ergebnis dabei rauskommt und nicht umgekehrt.

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