AnNa R.: „So lange man am Leben ist, gehen einem die Geschichten nicht aus“ (mit Gewinnspiel!)

Neue Band, neuer Name, alter Sound? Ex-Rosenstolz-Frontfrau AnNa R. startet jedenfalls die Rakete neu. Das dafür benötigte Benzin liefern die restlichen Bandmitglieder Lorenz Allacher, Schlagzeuger Manne Uhlig und Timo Dorsch. Und nach welchen Plänen richtet sich nun das neue Gefährt?

Auch Gleis 8 erfinden mit ihrem Debüt „Bleibt das immer so“ deutsche Popmusik nicht neu, aber sie wissen mit einigen Zutaten nette Geschichten zu erzählen. Ein Interview über Wertschätzung, Bühnenerfahrungen & natürlich Rosenstolz.

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subtext.at: AnNa, war der Entschluss, Gleis 8 zu gründen, eine Bauch- oder eine Vernunftsentscheidung?
AnNa R.: Mit Vernunft hatte die Entscheidung nicht viel zu tun (alle lachen). Es war auch keine wirkliche Entscheidung. Wir haben uns halt getroffen und gesagt „Wir haben ja alle Zeit, lass uns ein bisschen Musik machen“. Wir kennen uns ja auch schon eine Weile und wir sind befreundet. Dass daraus jetzt eine Band geworden ist, hat sich langsam entwickelt. Da sind wir so reingeschlittert. Es gab keine klare Entscheidung, Gleis 8 zu gründen. Es kam nach und nach.

subtext.at: Hattest du Angst, erneut ins Rampenlicht zu treten? Hast du dich daran schon gewöhnt?
AnNa R.: Nein, das tut man ja eh nie. Angst würde ich jetzt nicht sagen, aber zumindest vor den Livesachen gesunden Respekt (lacht). Ich bin schon ein bisschen aufgeregt und nervös, weil man gucken möchte, ob es den Leuten auch gefällt, klar.

subtext.at: Und Befürchtungen, dass dir mal die zwischenmenschlichen Geschichten ausgehen?
AnNa R.: So lange man am Leben ist, gehen einem die Geschichten nicht aus. Und wir sind ja jetzt auch zu viert. Wir schreiben auch alle zusammen. Bei vier Leben findet man genügend Themen. Das Leben geht ja auch weiter und hört nicht einfach auf. Es passieren ja immer noch Dinge, auch im Alter noch (lacht).
Manne Uhlig: Wir haben auf jeden Fall noch genug Ideen. Die stauen sich schon für das zweite Album.
AnNa R.: Geschichtenstau (lacht)!

subtext.at: Ist es leichter, zwei oder vier Köpfe zusammenzuhalten?
Manne Uhlig: Darum geht es gar nicht, weil wir alle gleichberechtigt sind. Deswegen hat AnNa nicht bewusst ein Soloprojekt gestartet, sondern wir haben als Band angefangen und schreiben die Songs zusammen. Wie sie schon meinte, da befruchtet sich das eher gegenseitig und aus vier Köpfen kommt mehr heraus. Am Ende entsteht etwas, was uns hoffentlich gefällt. Uns allen. Für das Album war es uns unglaublich wichtig. Ein paar Lieder sind zwar auf der Strecke geblieben, aber mit den Songs auf dem Album sind wir schon sehr zufrieden.

subtext.at: Funktioniert Gleis 8 nicht eher wie ein kleiner Seitensprung zwischen Freunden, damit die langjährige Beziehung wieder ein wenig Feuer erhält?
AnNa R.: Das kann man nicht wissen, man kann ja nicht in die Zukunft gucken. Schauen wir mal. Wir haben zwar vor, Gleis 8 ein bisschen länger zu machen, aber das eine schlägt ja das andere nicht aus.

subtext.at: Dass jetzt ein Band da ist, hört man Stücken wie „Die Chance“ oder „Teufel“ deutlich an. Trotzdem bist du, AnNa, deinem Stil und deiner Charakteristik treu geblieben.
AnNa R.: Mein Stil, also da bin ich schon viel zu vielseitig und auch interessiert, aber meinem Charakter bin ich schon treu geblieben, ja. Ich bin immer noch die gleiche Person. Die eigene Persönlichkeit kann man ja nicht einfach so weglegen. Zumindest ich nicht.

subtext.at: Es gibt ja Künstler und Gruppen, die bestimmte Projekte dazu nutzen, um eine andere Facette von sich zu zeigen, die sie normalerweise nicht zeigen können.
AnNa R.: Ja, das stimmt. Bei Gleis 8 gibt es aber genügend Möglichkeiten, verschiedene Facetten zu zeigen.

Gleis8

subtext.at: Viele Bands erfahren erst nach einer Trennung die verdiene Wertschätzung. Ist das bei Rosenstolz der Fall?
AnNa R.: Viel mehr Wertschätzung, als wir schon haben, kann man ja kaum noch bekommen. Viel mehr kann da oben nicht mehr draufkommen (lacht).

subtext.at: Das Rosenstolz als Vergleich herhalten müssen – stört dich das?
AnNa R.: Es lässt sich einfach nicht verhindern. Es liegt in der Natur des Menschen und es ist ja nun mal die gleiche Stimme. Kann schon sein, dass man sich da leicht erinnert fühlt (lacht).
Lorenz Allacher: Außerdem gab es Rosenstolz zwanzig Jahre, da wäre es auch komisch, wenn kein Mensch mehr darüber sprechen würde.

subtext.at: Lorenz, du kennst ja beide Seiten, weil du auch für Rosenstolz auf der Bühne gestanden bist. Gibt es Unterschiede zu Gleis 8?
Lorenz Allacher: Oh ja, es gibt auf jeden Fall Unterschiede. Wir haben ein anderes Grundkonzept, wir sind ein Team, es gibt keinen Boss. Wir steuern alle Prozesse gleichberechtigt und demokratisch. Das hat deutlich eine andere Energie.

subtext.at: Ist es deswegen leichter oder schwerer, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen?
Lorenz Allacher: Schöner. Für mich jedenfalls. Ich kann ja auch immer nur für mich selbst sprechen. Es ist angenehmer so zu arbeiten.

subtext.at: Rosenstolz haben sich ja von unten nach oben geschuftet und sich sprichwörtlich den Arsch abgespielt…
AnNa R.: Ja, das kann man so sagen (lacht).

subtext.at: Bei Gleis 8 ist die Situation eine andere. Jeder kann von seinen Bühnenerfahrungen zehren…
Timo Dorsch: Ich nicht (alle lachen).

subtext.at: Du nicht? Bist du der Newbie unter euch?
Timo Dorsch: Ja, kann man schon sagen. Für mich ist das total neu, weil ich eher aus dem Studio komme und produziere. Jetzt stelle ich mich mit denen auf die Bühne und gucke, was passiert. Für uns als Band ist diese Konstellation natürlich auch neu.

subtext.at: AnNa, du hast einmal gesagt: „Wenn jeden Tag der Himmel blau ist, das Wasser meergrün und alle Blumen bonbonrosa, wäre das einfach langweilig. Da fehlen ordentlich Stürme und Regengüsse“.
AnNa R.: Habe ich das gesagt (lacht)?
Manne Uhlig: Könnte man ein Lied draus machen (alle lachen).
AnNa R.: Aber ohne das Wort „bonbonrosa“, das singt sich nicht so schön!

subtext.at: Wie viele Stürme und Regengüsse gibt es denn bei Gleis 8?
AnNa R.: Bis jetzt noch keine größeren. (überlegt kurz) Vielleicht mal ein Feuerchen (lacht). Ein Tröpfchen. Nein, wir sind bis jetzt die Harmonie selbst. Das ist auch ein klein wenig beängstigend, aber noch funktioniert es (lacht).
Lorenz Allacher: In jedem Anfang brennt ein Zauber.
AnNa R.: Soll das auch noch mit in den Text mit dem bonbonrosa (lacht)?

subtext.at: Gleis 8 sind für mich jedenfalls ein Stück weit optimistischer als Rosenstolz es je waren.
Lorenz Allacher: Schön, dass du das raushörst.
AnNa R.: Ja, das mag sein. Ob mehr oder weniger, kann ich nicht beurteilen. Dazu sind ja die Herren Journalisten da.

subtext.at: Das Video zu „Wer ich bin“ ähnelt den Dogville-Filmen. Wer von euch ist der größte Las von Trier-Fan?
Lorenz Allacher: Sind wir alle. Wir können alle vier mit seinen Filmen etwas anfangen. AnNa hatte die Idee dazu.
AnNa R.: Tatsächlich fand ich den Film toll. Um Lars von Trier ging es mir eigentlich gar nicht so sehr.

subtext.at: Eure größte Ambition mit dem Album?
AnNa R.: Ich würde mich am meisten darüber freuen, wenn ganz viele Leute das ganz toll finden. Ihr könnt es auch kaufen vorher (lacht). Es wäre jedenfalls super, wenn alle es schön finden.
Lorenz Allacher: Und zu unseren Konzerten kommen. Ein paar kommen ja schon, wissen wir schon von den Vorverkäufen. Drei von unseren vier Premier-Konzerten sind ausverkauft. Von dem her sind wir nicht mehr ganz so beunruhigt (lacht).

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subtext.at: An was soll man sich später mal erinnern, wenn der Name Gleis 8 fällt?
AnNa R.: (nach langer Pause) Das wir eine lustige Truppe sind?
Timo Dorsch: Wir tasten uns da etappenweise heran.
Lorenz Allacher: Wir sind noch am Anfang, da denkt man nicht an das Ende. Es passt ganz gut zu uns, dass wir immer im Moment leben wollen, in der Gegenwart, sowohl menschlich als auch freundschaftlich als auch künstlerisch.

subtext.at: Wenn jetzt jemand den Namen Gleis 8 erwähnen sollte…
AnNa R.: Sollte sich derjenige hoffentlich an Musik erinnern, die im viel Spaß gemacht hat. Und an ein paar fröhliche, gut gelaunte Menschen (lacht).

Gewinnspiel: Das Gewinnspiel ist beendet, die Gewinner wurden benachrichtigt.

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