Casper: „Hinterland“

Was wurde dieses Album erwartet? Nach der überwältigenden Resonanz zu den Single-Auskopplungen „Ascheregen“ und „Hinterland“ ist die Platte endlich veröffentlicht worden. Und dass Casper nicht mehr nur das Alternative-Publikum zu erreichen scheint, zeigen Chartplazierungen wie die #1 in Österreich und Deutschland. Warum das so ist? Schwer zu sagen. Bereuen wird man den Kauf aber sicher nicht.

Casper darf man getrost als Phänomen unserer Zeit sehen. Verschmäht und trotzdem auch im Hip-Hop respektiert, als „der mit der rauen Stimme“ abgetan, und trotzdem einer der Acts, der auf Festivals am öftesten als „bester Live Act“ genannt wird. Jener Casper, der mit „XOXO“ bereits eine große Fangemeinde gewinnen konnte, legt nun mit „Hinterland“ nach. Bereits der erste Vorgeschmack über den Sommer und auf den Festivals ließ den Hype erahnen, der sich nun um den Rapper, der mit bürgerlichem Namen Benjamin Griffey heißt, dreht. Nummer 1 – Platzierungen in Deutschland und Österreich, Shows, auf denen der Run auf Tickets bereits ein halbes Jahr im Vorhinein losgeht, und ein Abfeiern auf denselbigen, als gebe es kein Morgen mehr – so könnte man Casper mit einem Satz beschreiben. Auf „Hinterland“ geht er, nach dem hip-hop-lastigeren Debut, auch musikalisch neue Wege.

 

Böse ausgedrückt könnte man sagen, dass Casper mit der neuen Platte mehr in Richtung „Mainstream“ gerückt ist. Angemessener könnte man auch sagen, dass die Musik Caspers eher dem neuen Mainstream entspricht. Neben den bereits eingangs erwähnten Titelsongs „Ascheregen“ und „Hinterland“ (wo ich, rein subjektiv gesehen, die Zeile „das ist kein Abschied, denn ich war nie willkommen“ aus „Ascheregen“ als charaktarisierend und herausragend bezeichne) gibt es auf dem elf Songs umfassenden Album keinen wirklichen Durchhänger. Ob man jetzt „Alles endet…. (aber nie die Musik)“ nimmt, das genauso gut auf einem durchschnittlichen Indie-Pop-Album gelandet sein könnte, oder „Ganz schön okay“ als Feature mit Kraftklub heranzieht – Casper ist rockiger geworden. Ohne aber auf seine musikalischen Wurzeln zu vergessen. Weitere Anspieltipps sind „20qm“ und „Jambalaya“, das vor allem live zu den besseren Nummern zählen wird.

 

„Hinterland“ ist ein musikalisches Erlebnis, das so ganz anders ist als alles, was 2013 sonst so auf den Releaselisten zu finden war. Oder, um es anders auszudrücken: Casper ist „Endlich angekommen“, wie es im autobiographischen, gleichnamigen letzten Track heißt. Und wird live wieder abgehen. Und klingt so erfrischend anders. Sollte Casper wirklich der „neue Mainstream“ sein, oute ich mich hiermit als Mainstream-Hörer. Weil das Album wirklich Spaß macht. Und wenn es Spaß macht, hat es sein Ziel schon erreicht. Ideal jedenfalls, um die Wartezeit bis zum nächsten Casper-Album zu überbrücken!

Links und Webtipps:

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.